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Erich Möchel

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11. 8. 2015 - 14:50

Klagen auf Investorenschutz eskalieren

Neben dem Verfahren der Eigentümer der Meinl Bank gegen Österreich wurden aktuell über 20 weitere Investorenschutzprozesse bei der Weltbank eingeleitet.

Das Verfahren der Eigentümer der Meinl-Bank gegen die Republik Österreich, das am 30. Juli vor einem Schiedsgericht der Weltbank begonnen hat, ist nur eines von vielen Investorenschutzverfahren (ISDS), die gerade schlagend werden. Am selben Tag, als das Verfahren der in Malta ansässigen holländischen Briefkastenfirma B.V. Belegging-Maatschappij Far East gegen Österreich eröffnet wurde, startete auch der von einem kanadischen Bergbaukonzern angestrengte Schlichtungsprozess gegen Rumänien.

Rumänien hatte ein von Bürgerprotesten begleitetes Goldminenprojekt auf Eis gelegt, nachdem das nationale geologische Institut vor einer Verseuchung des Grundwassers mit Zyanid und Quecksilber gewarnt hatte. Spanien wiederum wird für eine einzige Gesetzesänderung von 2011 gerade mit einer Welle von 20 ISDS-Klagen eingedeckt. Wie andere EU-Staaten hatte Spanien die Subventionen für die Solarindustrie um 30 Prozent senken müssen, deswegen wird von Anlegern wegen des Entgangs künftiger Gewinne geklagt.

Österreich: Streitwert 200 Millionen Euro

Im TTIP-Abkommen ist neben den ISDS-Klauseln eine Art Meldepflicht für handelsrelevante, nationale Gesetzespläne vorgesehen, um diese schon vorab auf ihre TTIP-Kompatibilität prüfen. Kritiker sehen das als Frühwarnsystem für Konzerne, um gegen nationale Gesetze bereits vor ihrer Verabschiedung vorgehen zu können.

Die Klage von Far East gegen die Republik Österreich vor dem Schiedsgericht ICSID der Weltbank, wo die meisten der ISDS-Dispute abgehandelt werden, wurde wegen angeblicher Wertschädigung der Meinl Bank eingebracht. Der österreichischen Justiz wird dabei eine "Hexenjagd" gegen Julius Meinl und ein Rachfeldzug gegen die Bank vorgeworfen, der diese nachhaltig geschädigt habe. Letztlich laufe dies auf eine "Enteignung der maltesischen Eigentümerfirma" hinaus, sagte der Schiedsgerichtsanwalt der Bank, Kenneth Reisenfeld.

Invcestorenschutzvertrag Österreiuch -Malta

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Die Datierung dieses ISDS-Vertrags täuscht, tatsächlich wurde das Abkommen bereits 2002 unterzeichnet und trat 2004 in Kraft.

Die "Hexenjagd" bezieht sich auf die Ermittlungen gegen die Vorstände der Bank wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue bei Immobilienfonds. Die erhobene Schadenssumme von 211 Millionen Euro durch eine "Sonderdividende" für eine Tochterfirma der Bank entspricht ziemlich genau der Summe von "mindestens 200 Millionen Euro", die Meinl nun von der Republik erstattet haben will.

Malta und Österreich

Möglich wurde die Klage der maltesischen Firma, die zuvor in Holland ansässig war, durch das 2002 unterzeichnete und seit 2004 gültige Investorenschutzabkommen Österreichs mit der Republik Malta. Der Vertrag sieht vor, dass der Investor bei Streitigkeiten "wahlweise" ein ordentliches Gericht im Land der Investition bemühen oder sich an das internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten ICSID bei der Weltbank wenden könne. Weiters in Frage kommen die Schlichtungsstelle der Internationalen Handelskammer oder ein "Ad-hoc-Schiedsgericht der Kommission der Vereinten Nationen für Internationales Handelsrecht (UNCITRAL)". In jedem Fall sind die Entscheidungen der Schlichter bindend, endgültig und sofort umzusetzen, Einspruchsmöglichkeiten gibt es nicht.

Inverstorenschutztribunale im Vertrag mit Malta zur Auswahl

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Der Vertrag zwischen Malta und Österreich.

Die überwiegende Mehrzahl der 62 ISDS-Verträge Österreichs wurde mit Schwellen- und Entwicklungsländern abgeschlossen. Bereits 1985 war ein Abkommen mit China unterzeichnet worden.

Klauseln zum Investorenschutz samt der Delegierung eines Verfahrens an ein Schiedstribunal anstelle eines ordentlichen Gerichts sind seit dem Einsetzen der Globalisierung in so gut wie jedem Freihandelsvertrag enthalten. Die ersten Investorenschutzabkommen wurden fast ausschließlich von industrialisierten Staaten mit Entwicklungs- und Schwellenländern abgeschlossen. Bereits 1965 wurde das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) gegründet, 150 Staaten unterzeichneten in Folge die ICSID-Konvention. Während der ersten 25 Jahre dieser Konvention der Weltbank hielt sich die Zahl der Verfahren absolut in Grenzen, die Datenbank verzeichnet gerade einmal zwei Dutzend Einträge bis 1990.

Verfahrensexplosion ab 1995

Ab dann begann die Zahl der Verfahren regelrecht zu explodieren, die ursprünglich dafür gedacht waren, westliche Investoren in despotisch regierten Staaten mit dubiosen Rechtssystemen vor willkürlichen Enteignungen zu schützen. Seit Mitte der 90er Jahre bekamen die ISDS-Klauseln jedoch eine andere Funktion als den Schutz von Investorengeldern vor unberechenbaren Machthabern in Schwellen- und Entwicklungsländern. Immer öfter werden Industriestaaten von anderen entwickelten Ländern verklagt, auffallend oft betreffen die Verfahren nationale Umweltgesetze. Beides hat mit den in Freihandelsabkommen enthaltenen ISDS-Klauseln zu tun.

Kanada ist mit 35 Verfahren derzeit das meistverklagte Land der Welt, fast alle dieser Klagen wurden unter dem NAFTA-Freihandelsabkommen mit den USA und Mexiko eingereicht. Erst im April war das Land zu einer Schadensersatzzahlung von 300 Millionen Dollar verurteilt worden, weil ein Bergbauprojekt des US-Konzerns Bilcon bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung in einem kanadischen Naturschutzgebiet durchgefallen war.

ISDS Verfahren aus Österreich gegen Drittstaaten

ICSID

Aktuell sind fünf Verfahren von Klägern aus Österreich beim ICSID anhängig. "Respondents" sind Libyen, die Türkei, Argentinien, Bulgarien und Kroatien.

Kanada muss wegen seiner Umweltgesetze 300 Millionen zahlen. Argentinien wird zu 405 Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt, weil eine völlig missglückte Wasserprivatisierung 2006 rückgängig gemacht worden war.

Rumänien: Cyanide, Grundwasser, ISDS

Die Klage der kanadischen Firma Gabriel Ressources wurde ebenfalls zusammen mit einer gleichnamigen Offshore-Firma eingereicht, die auf der britischen Kanalinsel Jersey registriert ist. Klagegrund sind entgangene künftige Gewinne der Rosia Montana Gold Corporation, einem Joint Venture mit dem rumänischen Staat, der mit 20 Prozent daran beteiligt ist. Die Ausbeutung dieses angeblich größten Goldvorkommens Europas stieß schon bald auf Schwierigkeiten, denn neben den geschätzten 500 Tonnen Gold fallen auch ebensoviele Tonnen hochgiftiger Chemikalien, vor allem Cyanid- und Quecksilberverbindungen an.

Diese Schadstoffe würden sich auf 200 Millionen Tonnen Schlamm verteilen, für die ein 45 Hektar großes Klärbecken nötig ist. Dazu müsste ein 180 Meter hoher Damm gebaut und ein naher Fluss umgeleitet werden. Das geologische Institut Rumäniens hatte zuvor vergeblich gewarnt, dass dieses Areal von hochporösen Sandsteinschichten durchzogen sei und die Giftstoffe in das Grundwasser gelangen könnten. Die Folge waren 2013 landesweite Bürgerproteste in Rumänien gegen das Goldminenprojekt, die schließlich dazu führten, dass die rumänische Regierung die Enteignung der Anrainer stoppte. Deswegen läuft nun ein ICSID-Schiedsgerichtsverfahren gegen Rumänien.

ISDS-Klagen gegen Spanien

ICSID

Spanien: Subventionskürzungen als entgangene Gewinne

Eine so hohe Zahl von ICSID-Klagen wie gegen Spanien ist bisher einzigartig in der Geschichte dieser Verfahren. 18 von 20 Klägern tun dies bei der Weltbank, zwei sind den Weg über die Handeskammer bzw. die in Wien ansässige UNO-Teilorganisation UNCITRAL gegangen. Unter den klagenden Investoren sind Fonds aus Luxemburg aber auch die Stadtwerke München oder der Tochterfirmen des Energiekonzerns RWE, bezeichnenderweise verlangten auch die spanischen Energieerzeuger Abengoa und Isolux ebenfalls Kompensation. Die seit der Subventionskürzung 2011 weniger profitablen Photovoltaik - und Windanlagen in Spanien seien nämlich im Besitz von Tochterfirmen, die in den Niederlanden bzw. Luxemburg niedergelassen seien, lautet die Begründung der spanischen Konzerne für ihre Klage.

Erst am 10. August war auch der deutsche Energiekonzern Eon als zwanzigster Kläger gegen Spanien dazugestoßen. Davor hatte Spanien vergeblich versucht, diese Verfahren vor den EuGH zu bringen. Grund für die außergewöhnliche Klagewelle sind mögliche Kompensationen in Milliardenhöhe, laut der NGO Bilaterals zahlten die spanischen Konsumenten alleine 2014 6,5 Milliarden an Förderung für erneuerbare Energien mit ihrer Stromrechnung ein.

Die NGO Bilaterals.org, die sich mit Freihandelsabkommen und deren Auswirkungen befasst, ist gerade dabei eine Beobachtungsstelle für ISDS-Verfahren einzurichten

Da immer mehr Konsumenten wegen der Wirtschaftkrise mit der Bezahlung ihrer Stromrechungen in Verzug kamen, fuhr erst eine sozialdemokratische, dann eine konservative Regierung die Subventionen für erneuerbare Energien zurück. Dass nun so viele Verfahren dagegen angestrengt werden, zeigt, wie sich Freihandelsabkommen und Klauseln zum Investorenschutz auf den Entscheidungsspielraum demokratisch gewählter Regierungen auswirken.

Gemeinsamkeiten

In der Causa Meinl sind nach wie vor tausende Zivilverfahren geschädigter Anleger anhängig

Die drei oben in ihren Grundzügen geschilderten ISDS-Verfahren gegen Österreich, Rumänien und Spanien zeigen zahlreiche Parallelen. In allen Fällen sind auffällig viele Offshore-Firmen und Niederlassungen von Konzernen in EU-Staaten wie Luxemburg oder den Niederlanden beteiligt, die Möglichkeiten zur "Steuerschonung" bieten. Im Fall der Meinl Bank kommt der Offshore Firma Far East sogar eine Schlüsselrolle zu, da sie fast hundert Prozent der Bankanteile hält. Wäre die B.V. Belegging-Maatschappij Far East nicht zwischendurch nach Malta "übersiedelt", hätte es dieses ISDS-Verfahren nicht gegeben. Anders als bei Malta besteht zwischen Österreich und den Niederlanden kein Investorenschutzvertrtag.