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Alexandra Augustin

West Coast, wahnwitzige Künste und berauschende Erlebnisse. Steht mit der FM4 Morningshow auf.

12. 8. 2015 - 08:57

Fuck off! Die grantigsten Musiker der Geschichte

Wir haben euch was mitgebracht, Hass Hass Hass! Anlässlich des neuen Sleaford Mods Albums haben wir ein Mixtape mit den grantigsten MusikerInnen und Songs der Geschichte gebastelt.

Man nehme die zerfurchten Gesichter zweier desillusionierter, englischer Mittvierziger, einen billigen Laptop vom Max Money Shop ums Eck und ein paar Dosen Bier. Ein billiger Beat, dazu derber Sprechgesang auf Tourette über den Geruch von Pisse, billige Vollkornkekse, scheiß Hipsterbands und das korrupte System. Dazu in mindestens jedem zweiten Satz die Phrase „Fuck Off“: Das sind die Sleaford Mods aus Nottingham.

www.sleafordmods.com

Das neue Album "Key Markets" ist bei Harbinger Sound erschienen und bei Trost Records erhältlich.

Sleaford Mods, 2015

Simon Parfrement

Not Not Fun: Die Sleaford Mods, 2015

Fuck Off!

Jason Williamson ist im Schimpf-Rausch. Sein Kollege Andrew Fearn tut nichts, außer die Leertaste seines billigen Laptops zu drücken, um einen Beat zu starten, über den Jason drüber rappt. Dazu säuft er Bier und wippt lustig im billigen Simpsons T-Shirt. Die Sleaford Mods sind grantig. Sie hassen den Staat, den Beamten im Jobcenter, deine Mutter, "Poserbands" wie Oasis und The Kills. Wahrscheinlich hassen sie auch deine Katze und natürlich sich selber.

England ist kein Dreamland. Kein Job, Sparpolitiksdepression. Nach der Doppelschicht im muffigen Callcenter knallen wir uns bei einem Dosenbier das Hirn vor der Glotze weg und klopfen Sprüche, die wir auf Klopapier schreiben.

“Can of Strongbow, I'm a mess - Desperately clutching onto a leaflet on Depression”, heißt es im Song “Jobseeker” der Sleaford Mods von 2013, in der Jason Williamson mit der Zunge des hassenswerten Arbeitsamt-Beamten spricht und in eigener Stimme einen Arschtritt hinterher schickt.

„So Mr. Williamson, what have you done to find gainful employment?"
"Nah, I've been sat around the house wanking!”

Wir sind immer oben ...

Die wütende Stimme des englischen Prekariats? Im vergangenen Jahr wurden die zwei Aggro-Punk-Poeten aus Nottingham mit ihren cheesy Laptop-Schimpftiraden als die neuen Stars des Undergrounds gefeiert. Die Platte "Divide and Exit“ wurde im Guardian und in der Hipstergazette Pitchfork als eines der 10 besten Alben des Jahres gehandelt. Hippe Tour durch die Clubs bis ins Wiener Chelsea inklusive.

Jason Williams hat mittlerweile seinen Minimum Wage Job bei der Gemeindeverwaltung für das Rockstarleben an den Nagel gehängt und rappt am neuen Album "Key Markets" von einem sharp contrast from my newly adopted organic nice mate, (“In Quiet Streets”). Alles völlig absurd. Und dann auch wieder nicht. Die Rapper mit der größten Schnauze haben bekanntlich die dicksten Karren. Die subversive Puste ist den Mods aber zum Glück (noch) nicht ausgegangen. Neues Album, noch üblere Laune. Immer noch scheiß Staat. Scheiß Polizei. Und nun auch: Scheiß Fans in scheiß hippen Hosen. Herrlich.

Fuck you all, we don’t want radio play
We’re not fucking Cannon and Ball
Smashed houses, super farts
Ta, ra, ta, ra, la, la, la, shit trousers!

...und wenn wir unten sind, ist unten oben

Der Grant im Pop hat natürlich Tradition. Im britischen, als auch in Übersee. Die Obergrantler und die Grantlerhits im erweiterten Sinne, vereint auf einem Mixtape: Die Top drei und der elende Rest.

3. Johnny Lydon aka Johnny Rotten/ Public Image, Ltd

Wer? Johnny Lydon, besser bekannt als Johnny Rotten. Grantige Musik made in the UK, für den Muttertag from Hell.

Wieso so zwider: Es ist Johnny Rotten von den Sex Pistols. Nachdem Sid Vicious vermutlich seine Freundin Nancy Spungen und dann sich selber erfolgreich ins Jenseits befördert hat und es mit den Sex Pistols vorbei war, hat Johnny Rotten seine neue Band gegründet.

Hasst: Die Kirche, Pink Floyd, das Establishment, die Fans, Mate-Tee.

Grantigster Bühnenmoment: Als Johnny Rotten noch bei den Sex Pistols war, wurde er von einem wütenden Mob attackiert und mit dem Messer in die Hand und ins Bein gestochen, außerdem wurde ihm mit einer Glasscherbe fast ein Auge ausgestochen.

Grantigstes Album: Happy? (1987).

Grantigste Songzeile: "This Is Not A Love Song", 46x hintereinander gesungen.

2. GG Allin (& The Murder Junkies)

Wer? "GG" Allin, geboren als Jesus Christ Allin. Lebensbejahende Musik für Höllenhunde. "Lieder" wie „I Wanna Piss On You“ oder „You Hate Me and I Hate You“ erfreuen das bipolare Gemüt. Die Texte handeln von Gewalt, Menschenhass und brutalen sexuelle Praktiken, verbunden mit Gewalt, Menschenhass und brutalen sexuellen Praktiken. Außerdem geht es um Blut, Urin und andere Körperflüssigkeiten, verbunden mit viel Gewalt und Menschenhass…yeah, you name it.

Starb 1993 nach einem Auftritt an einer Überdosis Heroin. Begraben wurde der blutverschmierte Körper von GG Allin mit einer Flasche Jim Beam in der Hand und nur in Unterhose und Lederjacke. Das Begräbnis wurde zur bizarren Party, dokumentiert auf VHS: Freunde posierten lachend neben der Leiche, am Ende setzte ihm sein Bruder noch Kopfhörer auf und legte in den Kassettenplayer GG Allins Album "Suicide Sessions“ ein.

Wieso so zwider: GG Allins Vater war ein religiöser Fanatiker. Todesdrohungen und Schläge standen an der Tagesordnung. Bei der Geburt phantasierte der Vater, Jesus hätte ihn besucht und der neugeborene Sohn wäre der Erlöser. Daher auch der Name „Jesus“. GG Allins Bruder Merle konnte als Kind „Jesus“ allerdings nicht richtig aussprechen und nannte ihn nur „Jeje“, daher das Kürzel GG.

Hasst: Mama. Papa. Alle Lebewesen. Dich.

Grantigstes Album: Suicide Sessions (1988/1991)

Grantigster Song: „You Hate Me And I Hate You“ & alle anderen Songs.

Grantigste Songzeile: Alle.

Grantigster Bühnenmoment: Attackierte während seinen Shows das Publikum, verstümmelte sich selbst auf der Bühne, aß seine eigenen Exkremente. Bizarr.

FILM: "Hated - G.G. Allin & The Murder Junkies", Todd Phillips, 1993

1. Mark E. Smith/ The Fall

Wer? The Fall, gegründet 1976 von Mark E. Smith in Prestwich, Manchester. Der mieselsüchtigste Musiker, den eine je Bühne gesehen hat. Britischer Avantgarde-Punk der ersten Stunde, genuschelter Sprechgesang, verbitterte Lyrics. Mark E. Smith gilt als Säulenheiliger aller musikalischen Grantschädel. Sieht aus wie der kaputte Typ, mit dem du letzte Nacht sieben Schnäpse im Beisl ums Eck gesoffen hast.

Wieso so zwider: Das Leben in der Industriestadt Manchester war hart für das Arbeiterkind Mark E. Smith. Plattenbauten, Tristesse deluxe, schlechtes Wetter, schlechtes Essen, keine Liebe.

Grantigstes Album: 30 Studioalben und ein paar hundert Lieder sind bisher entstanden. Mit dem Debüt Live at the Witch Trials (1979) kann man nichts falsch machen. Die Urbesetzung wurde nach der Aufnahme gleich gefeuert. Danach wurden unzählige Musiker im Monatstakt verschlissen – darunter diverse Freundinnen und (Ex-) Ehefrauen wie Brix Smith.

Auch grantig: The Complete Peel Sessions 1978-2004. John Peel war der berühmteste Unterstützer der Band und lud sie regelmäßig zu Sessions ein. Das Resultat: 24 Sessions, sieben Stunden Material, sechs CDs, 97 Songs, 25 Jahre Wahnsinn.

Grantigster Bühnenmoment: Mark E. Smith war auf der Bühne immer schlecht gelaunt. Wandelte oft zwischen den Musikern umher, die alle in der Sorge lebten, eine aufs Maul zu kriegen. Schlägereien auf der Bühne gehörten dazu. Mittlerweile aber altersmilde.

Hasst: Andere Musiker. Außerdem diverse (Ex-) Freundinnen und –Frauen. Der Star bin ich, kapische?

Die Lieblings-Hass Songs von Claudia, Carina, Klara, Sebastian, Elise, Susann, Simon, Manu, Paul, Hannes, Ole, den Christians, Mr. Road Tripper, Max, Robert, Axel, Bruce und Martin.

Fuck off! Das Mixtape:

FM4 Mixtapes

Sleaford Mods - Tied Up in Nottz

Morrissey - Margaret On The Guillotine

The Specials - Ghost Town

Rage Against The Machine - Killing In the Name

Surrogat - Hell in Hell

Death Grips - No Love

Anal Cunt - Everyone Should Be Killed

Another Sunny Day - You Should All Be Murdered

The Beasts of Bourbon - The Hate Inside

Xiu Xiu – Dear God I Hate Myself

Go Die Big City - We Hate You

Type O Negative – We Hate Everyone

Throbbing Gristle - We Hate You

Chimaira - Pure Hatred

Puddle of Mudd - She Hates Me

Archive - Fuck U

Slayer - I Hate You

Ringworm - Justice Replaced By Revenge

Descendents – Everything Sux

Alice in Chains - Love, Hate, Love

Felt - All The People I Like Are Those That Are Dead

Nirvana - Lithium

Lou Reed - Vicious

Georg Danzer - Geh in Oarsch

Der Scheitel - Da Hoß in mia

Heller & Qualtinger - Bei mir sads alle im Orsch daham

Kurt Sowinetz - Alle Menschen san ma zwider

DJ DSL & Dirk von Lowtzow - Alle Menschen san ma zwider

Sigi Maron - Leckts mi am Oasch

Die Böslinge - Geht's ma net am Oasch

Der Nino aus Wien - Du Oasch

Georg Kreisler - Schlagt sie tot

Tocotronic - Gehen die Leute auf der Straße

Codo - DÖF

Bob Dylan - Idiot Wind

Chilly Gonzales - The Grudge

Kidcat Lo-fi - Hate Summer

Kreisky - Die Menschen sind schlecht

Mord - Oral B

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