Erstellt am: 5. 8. 2015 - 16:59 Uhr
Mission: Impossible - Rogue Nation
Wenn Tom Cruise nicht gerade den Scientologen raushängen lässt, verdient er sein Geld bekanntlich als Hollywood A-Lister. Seit mehreren Jahrzehnten hält er sich wacker in den Top 10 der bestverdienenden männlichen Hauptdarsteller. Dabei ist Tom Cruise ein bisschen wie die FPÖ der Box-Office-Zugpferde: Niemand gibt öffentlich zu, ihn zu mögen, und trotzdem haben alleine die mittlerweile fünf Teile der "Mission: Impossible"-Reihe Fantastrilliarden Dollar eingespielt. Irgendwer muss sich das also ansehen. Ich zum Beispiel. Obwohl... Teil Drei hab ich vermutlich ausgelassen, oder aber komplett vergessen.
Paramount
Die Grundidee, die angeblich von Tom Cruise selbst stammt, die gar nicht so wahnsinnig wichtige Sixties-Serie "Mission: Impossible" als Filmfranchise zu etablieren und für jeden Teil einen anderen bedeutsamen Action-Regisseur zu verpflichten, hat mir immer schon gefallen. Immerhin haben schon Brian De Palma, John Woo oder Brad "Ratatouille" Bird den Abenteuern von Superagent Ethan Hunt ihren visuellen Stempel aufgedrückt. Die filmischen Ergebnisse waren bis jetzt immer über dem Durchschnitt des Action-Blockbusters angesiedelt. Für die fünfte Version hat Tom Cruise einen engsten filmischen Vertrauten engagiert: Christopher McQuarrie hat für fast alle Cruise-Vehikel der letzten Jahre die Drehbücher verfasst: Von Jack Reacher bis Edge of Tomorrow war das im besten Fall solides Handwerk, von den Doppelbödigkeiten eines Brian De Palma war das allerdings meilenweit entfernt.
Über den Inhalt von M:I 5 muss man jetzt nicht allzu viel wissen: Agenten, Doppelagenten, Superschurken und eine mysteriöse Frau - ihr Name "Ilsa Faust" ist das Beste am ganzen Film - jagen USB-Sticks quer über den Erdball. Wie im Genre üblich gibt es drei bis vier spektakuläre Schauplätze. Es beginnt in irgendeiner "alten" europäischen Stadt, die diesmal Wien heißt. Dann übersiedelt der Film in ein "Schwellenland", wo Menschen fremde Sprachen (heißt: nicht Englisch) sprechen und gelegentlich Untertitel und verwinkelte Gassen zum Einsatz kommen, in diesem Fall ist es Casablanca. Enden wird es in einer High-Tech-Bösewichtzentrale, bei M:I 5 ist es London.
Paramount
Das Problem von "Mission: Impossible Rogue Nation" ist die Flachheit des Universums, in dem sich das alles abspielt. Im Gegensatz zu verwandten Serien wie James Bond oder Matt Damons Bourne-Filmen ist das Personal von "Mission: Impossible" so eindimensional, dass es weh tut. Tom Cruise, wacker gegen sein biologisches Alter anspielend, zeigt zwar nach wie vor gerne seinen Waschbrettbauch und seine immer mehr an Jogi Löw erinnernde Haarpracht, ein bisschen Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Stuntarbeit, der Spionage, den Gadgets sucht man allerdings vergebens in seiner Star-Visage.
Die wohl humoristisch gemeinten One-Liner, die er mit einem schwer unterbeschäftigten Simon Pegg meistens via Headset austauscht, wären keiner modernen amerikanischen Sitcom würdig. Da ist viel Dienst nach Vorschrift im Film. Selbst die großen Action-Sequenzen enttäuschen, da war die vorige "Mission: Impossible" mehr "Shock and Awe". Dafür wird wieder mehr mit Fäusten gekämpft. Das kann man natürlich zur Rückkehr der analogen Action ("macht seine Stunts alle selbst…") hochjazzen. Dem/der geeichten Sommerblockbuster-ZuschauerIn wird dagegen wohl öfter ein Gähnen auskommen. Jetzt könnte man das alles als Sommerkino-Business as usual abhaken wäre da nicht…
Wien
Da hat’s ja ordentlich was zum Schauen gegeben. Zuerst die Dreharbeiten an und auf der Wiener Staatsoper und dann noch diese Filmpremiere, die fast so groß inszeniert war wie der Lifeball oder die Eröffnung der Mariahilferstraße. Abseits von dieser schon verblassenden Erinnerung bleibt "Mission:Impossible - Rogue Nation" vor allem eines der wenigen Beispiele amerikanischen Filmschaffens, in dem der Schauplatz Wien eine tragende Rolle spielt. Es sind ca. zwanzig Minuten Film, die eine an Hitchcock gemahnende "Anschlag in der Oper"-Geschichte erzählen. Das zur Waffe umzubauende Sopransaxophon ist auch eine der besseren Ideen von M:I 5. Der Rest bleibt natürlich im Klischee von Oper/Wien/Klassizismus und fracktragenden Bundeskanzlern. Immerhin die U-Bahn, insbesondere die neuen U2-Stationen, bringen einen Hauch von Modernität in die Opernidylle.
APA/PHOTONEWS.AT/GEORGES SCHNEID
Als Update zum romantisierenden "Before Sunrise", dem letzten großen amerikanischen Wienfilm, ist M:I 5 nicht zu gebrauchen. An den dritten Mann will man gar nicht erst anfangen zu denken. Aber ein bisschen besser als beim Achtziger Jahre James Bond "Hauch des Todes/The Living Daylights" (1987) mit Timothy Dalton ist die Wien-Vision hier schon gelungen. Falls man allerdings Agenten, Verfolgungsjagden und Wiener U-Bahntunnel in einem Film sehen möchte bleibt nach wie vor "Scorpio" aus dem Jahr 1973 der Maßstab. Dort jagen sich Burt Lancaster und Alain Delon durch die damalige U-Bahn-Baustelle Karlsplatz. Das versprüht auch heute noch deutlich mehr Flavour als dieser Autopilot von Film.