Erstellt am: 31. 7. 2015 - 15:33 Uhr
Verdacht des Landesverrats
Zwei Jahre ist es her, dass der ehemalige NSA-Angestellte Edward Snowden mit hunderten geheimen Dokumenten seines ehemaligen Arbeitgebers an die Öffentlichkeit gegangen ist. In den USA haben sich danach in der Politik und der Bevölkerung zwei Gruppen gebildet, die unterschiedlich über das Gebaren und Überwachen der nationalen Spionageagentur NSA urteilen: Die einen sehen in Edward Snowden einen Helden, der die Willkür von Geheimdiensten bekannt gemacht und eine öffentliche Diskussion angeregt hat, die anderen - vor allem Konservative - empfinden ihn als Hochverräter. In Europa war diese heftige Ablehnung von Whistleblowern bisher nicht so stark bemerkbar.
Doch nun wird in Deutschland von einer hochoffiziellen Stelle ein Paradigmenwechsel angeregt: Denn der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof leitete ein Ermittlungsverfahren gegen Markus Beckedahl und André Meister von Netzpolitik.org (sowie gegen "Unbekannt") ein. Wegen Verdachts auf Landesverrats, wie das Blog selbst berichtet. Netzpolitik.org hat im Februar und April diesen Jahres geheime Dokumente zum "Ausbau der Internetüberwachung" des geheimdienstlich agierenden Bundesamts für Verfassungsschutz publiziert. Nicht nur den Quellen soll es ein halbes Jahr später nun rechtlich an den Kragen gehen, sondern auch den Journalist/innen.
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Netzpolitik.org macht weiter seine Arbeit
Am Samstag, 1.8., findet in Berlin um 14 Uhr eine Demo für Grundrechte und Pressefreiheit statt.
André Meister, Autor der beiden vom Bundesanwalt monierten Artikel, beklagt im FM4 Interview den Angriff auf die Medien und auf die Pressefreiheit. Es sei notwendig, die Bürgerinnen und Bürger über (geheime) Pläne der Behörden zu informieren, wenn diese die Grundrechte und demokratische Werte unterwandern. Netzpolitik.org würde das nun trotz des Ermittlungsverfahrens weiterhin und ohne Einschränkung tun, so Meister.
Netzpolitik.org wird bereits seit Jahren mit Hilfe von freiwilligen Spenden am Laufen gehalten, nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen das Blog sei, so André Meister, eine Welle der Solidarität zu spüren. Das bezieht sich nicht nur auf Spenden sondern auch auf konkrete Bekundungen und Aktionen, wie etwa seitens der Recherchewebsite Correctiv, die die Geheimdokumente ebenfalls publiziert und Selbstanzeige erstattet hat.
Update
Mittlerweile ist bekannt geworden, dass der Generalbundesanwalt Harald Range die Ermittlungen vorerst ruhen lassen will. Markus Beckedahl, Chefredakteur von Netzpolitik.org, bleibt dennoch skeptisch.