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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

29. 7. 2015 - 15:37

Gangsta Shit!

Wir hatten in Bulgarien einmal einen ganz bösen Rapper. Aber der Vater des bulgarischen Gangsterraps ist derzeit Trucker in Amerika.

Liebe Leserinnen und Leser, beneidet mich! Ich komme gerade zurück von einer dalmatischen Insel. Ich habe im Meer gebadet, Calamari und Grillfisch gegessen und den unendlichen Kriegsgeschichten der lokalen Faulenzer mit einem Gläschen Pelinkovac zugehört.

Ich habe mich wie ein echter österreichischer Untertan - Pardon, wie ein mitteleuropäischer urbaner Bürger gefühlt, der gerade ans Meer fährt. Ich kann allen Tschechen, Slowaken, Ungarn, Österreichern, Slowenen, Polen und Bosniern, die FM4 hören und vorhaben, in Kroatien ihren Urlaub zu verbringen, sagen: In Badeanzügen schaut ihr alle gleich aus! Schließlich haben wir fast alle Cellulitis oder Bierbäuche.

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Als ich am Strand lag, näherte sich langsam eine riesige Yacht der Bucht. Auf der Yacht wurde gerade ein Rap-Video gedreht. Ich habe nicht genau gehört, auf welcher Sprache da gerappt wurde. Unter der prallen Sonne der dalmatischen "Fjaka", was so was wie ein ultimatives faules Nirvana bedeutet, haben sich die slawischen Sprachen mit dem Summen der Zikaden vermischt. Sonst waren das Rapper wie alle Rapper. Sie konnten genausogut aus einem Ghetto in Bratislava wie aus Split sein. Sie hatten fette Goldketten und schiefe Basecaps. Sie wedelten mit Pistolen herum, ich hoffe das waren Requisiten. Und um sie herum stand ein Dutzend leicht bekleideter Damen. Sie rappten sicherlich darüber wie sie es mit sämtlichen kriminellen Geschäften (und mit dem Mut, die Pistole zu halten) vom Ghetto zur Yacht geschafft haben.

Wir hatten in Bulgarien auch einen ähnlichen Rapper... Aber der Vater des Gangsterraps in Bulgarien ist derzeit Trucker in Amerika. Er heißt Mischo Schamara (Mischo der Watsche) oder BigSha. Am Anfang des Jahrhunderts war Mischo Schamara das Idol der jungen Generation. Seine Hits wurden in allen Diskos gespielt. Für jeden, der kein Bulgarisch versteht, kann ich in drei Sätzen erläutern, worum es in seinen Texten geht: Er und die Jungs aus seiner Bande stammen aus den Plattenbauvierteln von Varna und haben sich durch Drogenverkauf, Zuhälterei und Banküberfälle ein gewisses Vermögen verdient. Die Polizei kann sie nicht aufhalten, weil sie korrupt ist. Dieses Vermögen erlaubt ihnen ein Leben mit unendlichen Partys, Drogen und Sex.

Das alles mag sich klischeehaft und absurd anhören. Aber eine Zeit lang hatten Mischo Schamara und die Artists seines Labels die bulgarischen Radiosender okkupiert. Außerdem war er Eigentümer einiger Klubs und er hatte ein eigenes Modelabel. Genau wie in L.A.

Die Polizei hat ihn dann aber doch gefangen. Ich weiß nichts von Banküberfällen und Drogen, aber es stellte sich heraus, dass Mischo Schamaras Sidekick, der Rapper Vanko 1, und dessen Familie Frauenhandel betrieben haben. Sie kontrollierten einen der größten Frauenhandelkanäle von Osteuropa nach Holland und Belgien. Sehr viele Frauen sagten vor Gericht gegen ihn aus und er wurde zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Danach aber, genau aber wie in einem Rapsong, wurde das Gesetz so geändert, dass Vanko 1 nur drei Jahre im Gefängnis verbringen musste. Auf jeden Fall ging aber Mischo Schamaras Label pleite und seine Kariere den Bach runter.

Als letztes sang er seine Lieder vor Kongressen der bulgarischen sozialistischen Partei, deren Anhänger durchschnittlich über 70 sind. Da traute er sich nicht mit der Pistole zu posen, da vielleicht einige der Anhänger ehemalige Polizisten sind und eine größere Pistole rausziehen könnten. Hoffentlich geht es ihm als Trucker in den USA jetzt besser. Und manchmal gibt es dann ja immerhin noch einen Auftritt in einem bulgarischen Restaurant.