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Boris Jordan

Maßgebliche Musiken, merkwürdige Bücher und mühevolle Spiele - nutzloses Wissen für ermattete Bildungsbürger.

28. 7. 2015 - 15:23

I’m Straight

Ein Anti-Drogen-Mixtape.

Was alles möglich ist, zeigt dieser anonyme Held des Internets auf:

Ganz so infantil und kunstlos sind auch die meisten Anti-Drogen-Songs nicht - und ganz leicht zu finden auch nicht, immerhin sind gefühlte 95 Prozent des Oeuvres dem Drogenkonsum nicht abgeneigt. Für den Anti-Drogen-Song - dankenswerterweise anders als obiges Beispiel zumeist von Leuten verfasst, die sich mit den Substanzen auskennen - lassen sich verschiedenste Motive festmachen:

John Lennon - "Cold Turkey"

Starkes Motiv für ein Lied gegen Drogen: Aufhören tut weh. Der "kalte Entzug", also die Drogen-Entwöhnung ohne medikamentöse Hilfe wird hier nicht umsonst mit einem frierenden, zitternden Truthahn assoziert. "Das Fieber ist hoch, Füße und Kopf sind schwer, kein Schlaf, 36 Stunden Schmerz, wenn ihr mich aus dieser Hölle holt, verspreche ich alles, lasst mich in Ruhe, ich möchte ein Baby sein und zugleich möchte ich tot sein."



Modern Lovers - "I’m Straight"

Anderes Motiv: Der Geliebte der Angebeteten ist ein dauerbekiffter Hippie. Endlich fasst er sich Mut und ruft sie an, um ihr folgendes mitzuteilen: "Nimm doch mich und nicht den Hippie, der ist dauernd stoned aber ich bin straight und ich möchte seinen Platz einnehmen."

Der als Barde in "Something about Mary" bekannt gewordene Ausnahmekünstler und Punkvorreiter war schon immer eher gegen die würzigen Zigaretten und die eskapistische und mystische Seite der Hippie-Kultur, "straight" eben.



The Verve/ Ben Harper - "Drugs Don’t Work"

Naheliegendes Motiv: Das mit den Drogen funktioniert einfach nicht. Was jetzt genau hier nicht funktioniert ist nicht ganz klar, aber man vermutet, dass eines der Hauptmotive des Drogenkonsums, die Alltagsflucht, nicht hinhaut. Den Mann bedrohen jedenfalls allerlei Alltagssorgen, Älterwerden, Beziehungssorgen, Einsamkeit - und nicht mal die Drogen helfen ihm weiter.



Nine Inch Nails / Johnny Cash - "Hurt"

Motiv Reue : Die Nadel als Rückblick aufs Leben. Die beiden haben sich alles gegeben, Johnny Cash war vor allem alkohol- und tablettenabhängig, Trent Reznor war auf Heroin. In beiden Versionen gestaltet sich die Nummer als eine Art Lebensrückblick, bei dem in Worten bereut und im Ton heroisiert wird.



Neil Young - "The Needle and The Damage Done"

Motiv: Verlust. Anfang der siebziger Jahre hat Neil Young zwei gute Freunde ans Heroin verloren. Aus der Nummer spricht Trauer, aber auch ein wenig Verblüffung und ich würde sagen, dass das die Zeit ist, wo die relative Unschuld der Sechziger Jahre, der Tage von Marihuana und LSD, gegen den Elends-Realismus von Heroin und Koks eingetauscht wurde. Hier haben wir einen Hippie, der das auch nicht fassen kann.



Public Enemy - "Night of the Living Baseheads"

Motiv: Politik. Zu viele Drogen-Opfer in der Community. Anfang der neunziger Jahre gab es an der Ostküste der USA ein echtes Problem mit den beiden Modedrogen Angel Dust und Crack, denen viele Menschen, vor allem arme schwarze Jugendliche, zum Opfer gefallen sind. Kein Wunder, dass Chuck D und das Black CNN gegen diesen Trend angerappt haben. Besonders pikant, weil auch Flavour Flav dem Crack nicht gerade abgeneigt war.



Dr Alban - "No Coke"

Motiv: Propaganda. Drogenwarnung kann auch tanzbar sein, Teil 1: "HipHop Reggae in a dancehall Style" nannte der schwedische Zahnarzt diese Hymne gegen alle Drogen. "Cocaine will blow your brain but Ecstasy will mash …your life!" - und das zu einem der besten Synthbass-Licks des Nineties-Mainstream.



Laid Back - "White Horse"

Drogenwarnung kann auch tanzbar sein, Teil 2: Die B-Seite von "Sunshine Reggae" ist (außer in Österreich) fast überall, aber vor allem in den USA, erfolgreicher als die A-Seite. Das Ergebnis einer Jam Session mit einer einzigen Zeile, die man schon als Anti-Koks-Zeile lesen kann. Wie als Antwort veröffentlichte die Band dreißig Jahre später den Rest dieser Aufnahmesession unter dem Titel "Cocaine Cool".



Minor Threat - "Straight Edge"

Motiv Szene: Diese Band ist eine einzige Drogenwarnung an die eigenen Leute - auch wenn sie nicht ausschließlich vor Drogen warnen - und diese Nummer hat einer ganzen Strömung den Namen gegeben: Straight Edge bedeutete und bedeutet seither, die "guten" Punkwerte (Solidarität, Wachsein, Kritik, Feminismus, Politikbewusstsein, Wehrhaftigkeit) beizubehalten und Rausch, Chaos, Spontaneität und Zudröhnung abzulehnen. Seitdem ist auch diese Szene in zwei unversöhnliche Teile gespalten, die es beide, wenn auch abgeschwächt, noch immer gibt.



Weitere Anti-Drogen-Songs

  • Motorhead - "Dead Man Tell No Tales"
  • Motorhead - "Iron Horse/ Born To Lose"
  • S.E. Rogie - "Dieman noba Smoke Tafee
  • Interzone - "Kinderlied"
  • Buffy Sainte Marie - "Codine"
  • Ministry - "Just One Fix"
  • Black Sabbath - "Snowblind"
  • The Dandy Warhols - "Not If You Were The Last Junkie on Earth"
  • Kastelruther Spatzen - "Das Mädchen mit den Erloschenen Augen"
  • Grandmaster Melle Mel - "White Lines (Don't Don't Do It)"
  • Gil Scott-Heron - "Angel Dust"
  • Red Hot Chili Peppers - "Under The Bridge" und "Knock Me Down" (über Hillel Slovaks Überdosis. Jeder, der Kiedis high sieht, soll ihn "niederschlagen")
  • Biz Markie - "Things Get A Little Easier"
  • Danger Mouse & Jemini - "Don't Do Drugs"
  • Outkast - "Git Up Git Out"
  • Run D.M.C. - "Pause"
  • Clash - "Koka Kola"
  • Bert Jansch - "Needle Of Death"
  • Guns‚N‘ Roses - "Mr. Brownstone"
  • Steppenwolf - "The Pusher"
  • Pantera - "Suicide Note pt. 1 and 2"
  • Metallica - "Master of Puppets"
  • John Prine - "Sam Stone"
  • Nate57 - "Süchte"
  • Helge Schneider - "Möhrchensong"
  • Juliane Werding - "Am Tag als Conny Kramer starb"
  • Fleetwood Mac - "Gold Dust Woman" ("take your silver spoon and dig your grave")
  • Dead Kennedys - "Too Drunk to Fuck"