Erstellt am: 27. 7. 2015 - 15:14 Uhr
The daily Blumenau. Monday Edition, 27-07-15.
#fußballjournal15
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
AUFFÄLLIG war, dass nach der WM-Gruppenauslosung am Samstag vor allem medial alles Mögliche, Oberflächliche und Unnötige besprochen wurde, und die gar nicht so lang zurückliegende, in ihrer Deutlichkeit nicht am Resultat (1:2) messbare Niederlage gegen Wales im Februar vor zwei Jahren kaum. Dabei wird es die Mannschaft rund um den damals (und seither) überragenden Weltstar Gareth Bale sein, die das ÖFB-Team in erster Linie zu bekämpfen haben wird. Stattdessen freute man sich an der vergleichsweise leichten Gruppe, übersah, dass nur die Gruppen A (und vielleicht I) wirklich schlimm gewesen wären und Platz 2 praktisch überall eine durchaus erfüllbare Mindestanforderung gewesen wäre. Mit Serbien und Irland lauern zwei unangenehme Gegner von einer Qualität, die sich in einigen anderen Gruppen nicht findet. Immerhin wurde Serbien (aktuell in der EM-Quali ja im wahrsten Wortsinn im Minus-Bereich) als aktueller U20-Weltmeister wahrgenommen. Dass man auch im U21-Bereich die Endrunde erreichte und dort eine gute Rolle spielte, dass also alle nachwachsenden Jahrgänge ein hohe Exzellenz aufweisen, ging ein wenig unter.
AUFFÄLLIG war, dass die vielen und ausschließlich unkonkreten Propheten für den Meisterschaftsausgang (die sich praktisch allesamt auf einen gefahrlosen Vierer-Tipp einigten, um nix zu riskieren) bereits nach der ersten Runde der Bundesliga ihre Aussagen selber neu interpretieren. Salzburg, vor dem 25.7. noch Trotzallem-Favorit wird es plötzlich deutlich schwerer haben, das zuvor noch als erster Herausforderer gehandelte Rapid ist inzwischen zum eigentlich-eh-so-gemeinten Favoriten aufgestiegen.
Diese Parodie auf nachträgliche Wetterfühligkeit ist eben nur die sportliche Entsprechung der politischen Untugend der Umfragehörigkeit in all ihrer populistischen Substanzlosigkeit.
AUFFÄLLIG ist nämlich etwa auch, dass bei Rapid nach dem Halbsaison-Ausfall des Linksverteidigers Schrammel hektische Betriebsamkeit einsetzt, weil man ganz offensichtlich über keinen geeigneten Ersatzmann verfügt. Auf der rechten Seite schwelt ein ähnliches Problem und falls doch noch eine Export-Granate zündet, steht man personell vor gleich drei oder vier Baustellen. Alles Fakten, die dem öffentlich gepflegtem Image des ungestört aufbauenden, kontinuierlich arbeitenden Ruhebewahrers zuwiderlaufen.
Alfred Tatar ist Experte beim Host-Broadcaster Sky, einer der wenigen dort, die diese Berufsbezeichnung auch ausfüllen und ihn deshalb ohne Anführungszeichen tragen.
AUFFÄLLIG war allerdings die weitreichende Salzburger Verwirrtheit nach dem wiederholten Umbruch zu Saisonbeginn. Zuerst stolperte die B-Elf aus Liefering in ein ungewohntes Halbzeit-Debakel in Klagenfurt (was, wie Experte Tatar anmerkte, der hohen - und wohl absichtlich eingesetzten - Körperlichkeit des Gegners geschuldet war), was vielleicht auch mit der Umstellung des tradierten Systems (4-3-3) zu tun hatte, dann konnte das A-Team von Red Bull Salzburg das Verlangte (eh wieder im 4-2-2-2) nicht umsetzen und unterlag (mit Pech, aber doch) in Mattersburg. Gegen die sowohl im Zentrum als auch an den Flanken breit aufgestellte Defensive fand die personell sowieso ausgedünnte, aber auch durch einige Ausfälle zusätzlich geschwächte Mannschaft noch keine Mittel.
Das, was im Vorjahr noch problemlos ging - selbstverständliches Rotieren von etwa 20 Akteuren - wird heuer schwer bis unmöglich, weil die Qualitäts-Unterschiede noch zu groß sind.
AUFFÄLLIG war, dass die bereits vorhandenen Kräfte (Stichwort Holzhauser, Zulechner) auf die der neue Austria-Coach Thorsten Fink bei seinem Liga-Debut zurückgriff, unter Interims-Ogris wenig Land sahen, und dessen Erfindungen Bank bzw Tribüne zierten. Weil nach Qualität und nicht nach Emotion aufgestellt wird. Deutlicher kann man seinem Vorgänger nicht widersprechen.
AUFFÄLLIG war, dass derselbe WAC, der gegen die europäischen Gegner aus Weißrussland spielerisch freisinnig, technisch mutig und taktisch recht gewandt agierte, sich gegen die Austria wieder zur der grauen Kontermaus zurückentwickelte, die den größten Teil der Vorjahres-Saison bestritten hatte. Die Hoffnung auf "Wolfsberg neu", auf eine strategische Diversifizierung, war also trügerisch.
Auffällig ist schon auch, dass dieser Text problemlos ohne das Wort "akribisch" auskommen konnte.
AUFFÄLLIG ist, dass Mattersburg spielerisch in die Überraschungsrolle der Aufsteiger schlüpfen kann. Auch weil Vastic den Canadi gab und einen unerwarteten Matchplan (Stichwort: 5-3-2) ausrief, wohl wissend, dass er mit Zeidler auf einen der nur wenigen Coaches trifft, die sich wirklich gezielt auf den Newcomer vorbereiten. Weniger auffällig war, dass der Aufsteiger im Jahr 2, also Altach, eine deutliche Steigerung brauchen wird, um nur 50% des zuvor Erreichten möglich zu machen. Wenig auffällig auch, dass sich zum Start von Ried nichts Substanzielles sagen lässt, weil man die Punkte bei Rapid seit Jahren automatisch abgibt.
AUFFÄLLIG ist, wie stark bei Sturm Graz Schein (total unauffälliger Co-Favorit) und Sein (mauer Durchschnitt, wie halt 2014/15 auch) auseinanderfallen. Auffällig auch, dass die beiden klaren Abstiegskandidaten zusammen genau so viele Punkte einfuhren wie alle 5 Europacup-Starter zusammen.
AUFFÄLLIG war aber auch, dass es eine Extra-Energieleistung der Grödiger Mannschaft brauchte, um das Vorsichtl-Konzept von Trainer Schöttel auszuspielen, also quasi gegen dessen eingebaute Bremse kämpfen zu müssen. Dieser Gegensatz kann auf Dauer nicht gutgehen.
Auffällig ist schon, dass dieser Text problemlos ohne das Wort "akribisch" auskommen kann.
AUFFÄLLIG war, dass dem LASK (unter Glasner im klaren Salzburg-Kopie-Modus) eine deutlich überlegene Halbzeit nicht genügt. Auch der Top-Favorit der Ersten Liga wird trotz überlegenen Personals alle Matches ganz durchspielen müssen. Dazu ist das Level zu hoch, was unter anderem auch mit der Qualität der Newcomer aus Klagenfurt und Salzburg sowie dem knotenlösenden Comeback der Lustenauer zu tun hat.
AUFFÄLLIG war auch, dass der SC Wiener Neustadt trotz eines Fehlstarts nicht den Eindruck seiner Vorgänger machte - der des die Liga unterschätzenden und deshalb fast durchgereichten Bundesliga-Absteigers. Auffällig war, trotz "nur" Heimremis, die gestiegene spielerische Klasse von St.Pölten.
AUFFÄLLIG war die Prolongation der Krise in Innsbruck. Selbst der Ruck, der wegen der Installierung der "Erscheinung" des Ali Hörtnagl als Sportdirektor durch die Mannschaft gegangen sein soll, bewirkte nichts. Noch auffälliger war nur die Reservierung, die der Kapfenberger SV auf einen der beiden Abstiegsplätze vornahm.
Die Bandbreite äußert sich so: das bundesliga-dominierende 4-2-3-1 wird von vier Teams als eine der möglichen Varianten genutzt, beherrscht aber kein Denken. Selbst Pacults FAC changiert. Interessant sind die Fächer-Formationen von Salzburg und Kapfenberg mit jeweils nur einem Sechser, besonders fluid spielt Benders Klagenfurt. Neben dem LASK (und neuerdings eben Liefering) vertraut Lustenau auf ein 4-4-2 im Salzburg-Style.
AUFFÄLLIG war, dass sich das letztlich von Marcel Koller eingeführte (und von ihm längst fluid wandelbar dekonstruierte) 4-2-3-1 als häufigste taktische Spielart durchgesetzt hat - auch Fink reiht sich in die Hardcore-Gruppe Barisic/Foda/Schöttel/Kühbauer ein. Bei der Admira gibts ein Hybrid aus offensivem 4-1-4-1 und zwei defensiven Viererketten. Altach hielt es diesmal mit dem Salzburger System. Auffällig war vor allem, dass die taktisch-systemische Bandbreite in Liga 2 breiter gestreut ist als in der diesbezüglich eher einfach gestrickten Bundesliga. Und ebenso auffällig war, das sich die SV Ried strategisch überhaupt noch nicht gefunden hat - das war schon in der Vorbereitung absehbar.
AUFFÄLLIG ist, dass im Gegensatz zu vergangenen Jahren, praktisch alle Personal-Programme abgeschlossen sind und nur noch vereinzelt nachgebessert werden soll. Und das nicht nur aus Geldmangel, sondern auch weil sich die Einsicht, dass superkurzfristiges Handeln außer Außenwirkung und Medien-Geheule wenig bringt, durchgesetzt hat.
AUFFÄLLIG war, dass das burgenländische Publikum es scheinbar nicht ertragen kann die Töchter/Söhne-Version der Hymne zu hören, weil damit womöglich religiöse Gefühle (der 'Mountain Man'-Sekte oder der FP-Regierungsbeteiligungs-Gemeinschaft) verletzt werden. Noch auffälliger war allerdings, dass die (ja nur für die Männer zuständige) Fußball-Liga in diesem Punkt mehr Mumm und gesellschaftliche Verantwortung beweist als der für Frauen und Männer gleichermaßen verantwortliche diesbezüglich saumselige ÖFB.