Erstellt am: 27. 7. 2015 - 14:00 Uhr
Kein Blog ist auch keine Lösung
Ein österreichischer Modeblog der anderen Art: Nunu Kaller hat ein Jahr lang darauf verzichtet, Kleidung zu kaufen, und darüber gebloggt. Außerdem schreibt sie über nachhaltige Mode und kritischen Konsum: ichkaufnix.wordpress.com
In einer Zeit in der Unternehmen wie H&M und Zara Mode spottbillig gemacht haben, ist es für jeden ein Leichtes, sich für wenig Geld (relativ) gut anzuziehen. Günstig kann man Kleidung kaufen, die so aussieht, wie das, was vor einer Season auf den Laufstegen in Paris zu sehen war. Dabei wird der Makt so geflutet, dass eindeutige Trends gar nicht mehr aufkommen oder nach kurzer Zeit im Stoffmeer untergehen. „The next big thing“ ist vorbei, höchstens „The next medium thing“ gibt es noch.
Deshalb blicken viele junge Leute, auf der Suche nach Inspiration und Anleitung zu den Personal Style Blogs und Instagram Feeds der gleichaltrigen Stars des World Wide Web Firmaments. Das Geschäft der Modeblogger ist der Lifestyle. Sie kleiden sich „gut“, reisen viel und haben ein Auge (und die Kameralinse) fürs Schöne. Sie geben vor was das Outfit des Tages ist und üben damit einen Einfluss aus, den sie mit etwas Geschick in Cold Hard Cash verwandeln können.
I’m not a Business Man. I’m a Business, Man.
Was teils als Hobby, teils aus Kalkulation beginnt, kann, wenn man es richtig tut, zu einer lukrativen Einnahmequelle werden, bei der man sich und sein Image verkaufen muss. Richtig tun sie es, indem sie ihre gesamte On- und Offline Präsenz professionalisieren. Alles was man trägt, isst, erlebt und dann postet muss der „Brand“ entsprechen. Aber stets sein eigenes Produkt in einer Branche zu sein, die sich über Oberflächlichkeit definiert, halten viele auf Dauer nicht aus.
Bestes Beispiel, einstiges Fashionblogger Wunderkind, Tavi Gevinson. Mit 11 begann sie über ihre Liebe zu Comme des Garçon und ihre schrullig coolen Looks zu bloggen. Schnell wurde die Modewelt auf den Teenie aufmerksam und es folgten Einladungen zu den ersten Reihen der Fashionweeks dieser Welt.
„I was at a fashion show and I was seated next to Anna Wintour and 'The End' by The Doors came on. And I looked around and thought, 'These models look miserable. These people look miserable and they're on their phones.“ - Tavi Gevinson
Nach 4 Jahren hatte Tavi von der Modewelt genug und wandte sich von ihr ab, um stattdessen auf Broadway- und in Hollywood-Produktionen mitzuspielen und ihr eigenes Onlinemagazine Rookie zu gründen.
Das Like fordert seinen Tribut
Wessen Tagesgeschäft das Selfie ist, muss früher oder später ab- oder umsatteln, sonst riskiert man als Narziss 2.0 ins eigene iPad zu fallen. Blogger wie die Wienerin Madeleine Alizadeh (Dariadaria), widmen sich beispielsweise der nachhaltigen Mode oder hören ganz auf, so wie Mirjam Herms oder Tommy Ton (Jak & Jil), der über seinen Street Style Blog zu GQ und Style.com Aufträgen kam.
Der Alltag eines Lifestylebloggers verlangt den Fashionistas tatsächliche Arbeit ab. Immer müssen sie am neuesten Stand der Dinge sein, den nächsten viralen Hashtag kennen, ihren Followern täglich das zeigen, was sie sehen wollen und dabei immer den Eindruck der Authentizität und Individualität vermitteln. Aber wenn es mal läuft, dann belohnt einen das System der Lifestylepropaganda mit Geschenken, Einladungen und Likes (aka Crack fürs Ego). Dass das auf dem Rücken ausgebeuteter Arbeiter/innen und von fragwürdigen Marketingstrategien umklammert, passiert, scheint viele nicht zu stören…bis es das dann doch tut.