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Astrid Schwarz

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Astrid Schwarz

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24. 7. 2015 - 12:12

Das Buch der Toten Dinge

In "Noch so eine Tatsache über die Welt" von Brooke Davis geht die 7-jährige Millie der Frage nach: Wie kann man leben, wenn man weiß, dass jeder Mensch, den man liebt, jederzeit sterben kann?

Alle wissen alles darüber, wie man geboren wird, aber niemand weiß irgendetwas darüber, wie es ist, tot zu sein.

Zuerst ihr Hund, dann ein alter Mann, und viel später, auf Platz Nr. 28 ihr Vater. Millie führt Buch über alle toten Dinge. Sie stellt Fragen über das Sterben und den Tod, die ihr niemand so wirklich beantworten kann. An einem besseren Ort seien die Menschen nach dem Tod, lernt sie. Im Himmel, hört sie von ihrer Mutter.

Cover "Noch so eine Tatsache über die Welt"

Verlag Antje Kunstmann

"Noch so eine Tatsache über die Welt" von Brooke Davis ist im Antje Kunstmann Verlag erschienen. Die weißen Ecken sind so auf dem Buchcover drauf!

Als sie eine Spinne beerdigen will, die ihr Vater erschlagen hat, erfährt sie von ihren Eltern, dass Beerdigungen nur für Menschen sind. Millie führt von da an ihre eigenen Beerdigungen durch. Sie hat immer ihr Beerdigungstäschchen dabei mit Teelicht, Glas und Stift und allem, was dazugehört.

Millies Mutter ist vom dem Tod des Vaters aus der Bahn geworfen worden. Sie nimmt ab und lässt schließlich ihr Kind in einem Kaufhaus stehen. Millie wartet, dass ihre goldenen Schuhe wieder vorbeikommen und sie mit nach Hause nehmen. Stattdessen bekommt sie Unterstützung von einer Schaufensterpuppe im Hawaiihemd, die sie Manny tauft, und trifft auf Karl den Tast-Tipper, einen 87- jährigen Witwer, der aus dem Altersheim abgehauen ist.

Gemeinsam machen sie sich quer durch Australien auf die Suche nach Millies Mutter. Die dritte oder eigentlich vierte im Bunde auf der Suche - die Schaufensterpuppe Manny kommt auch mit - ist Agatha Pantha, 82. Seit dem Tod ihres Mannes vor sieben Jahren hat sie ihr Haus nicht mehr verlassen. Nach den für sie unerträglichen Trauerfeierlichkeiten - weinen konnte sie nicht - hat sie die Leute hinausgeschmissen und saß auf Unmengen von Essen und gut gemeinten Ratschlägen.

"Ich bringe meine Traurigkeit zum Ausdruck, Kim Lim!" schrie sie in die Nacht hinaus...
Dann ging sie hinein, knallte die Türe zu und schloß ab. Sie zog alle Vorhänge zu. "Ich mache jetzt den Fernseher an!" schrie sie, und tat es. Sie drehte die Lautstärke auf so weit auf, wie es ging. Weißes Rauschen erfüllte das Zimmer.
Ksssschh, machte der Fernseher im Hintergrund. Die Sonne ging gerade auf. "Ich kann es kaum erwarten ihre Gesichter zu sehen!" schrie sie. Schreien schien zu helfen.

Agatha Pantha führt Buch über ihren Alterungsprozess, misst täglich ihre Armschwabbelstärke, nimmt Platz im Stuhl der Fassungslosigkeit und schreit "Abwechslung ist wichtig, wenn man bei Trost bleiben will", wenn sie ihr Sandwich mal in Streifen statt Vierecke schneidet. Erst um 21:23 gestattet sie sich, einsam zu sein.

Mehr Lesestoff!

fm4.orf.at/buch

Die Australierin Brooke Davis hat in "Noch so eine Tatsache über die Welt" viele kleine Weisheiten über das Leben verpackt und aus dem Mund von Millie klingen sie charmant und witzig. Die beiden Alten geben der Geschichte mit ihren Eigenheiten die Würze.

Brooke Davis war gerade am Anfang einer Weltreise, als sie von ihrem Vater erfuhr, dass ihre Mutter bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Die Frage, wie man mit dem Wissen um Möglichkeit des Todes von geliebten Menschen lebt, hat sie dieses Buch schreiben lassen. Ein Buch in bezaubernder Sprache, zum Lachen und fast zum Weinen. Aber auf jeden Fall sehr berührend ohne dabei kitschig zu sein - dazu sind die Charaktere viel zu schrullig.