Erstellt am: 23. 7. 2015 - 15:02 Uhr
So Dodgy Dogg
Die Herren von Zugezogen Maskulin brachten es im Interview vorab auf den Punkt. Sie meinten, für sie wäre Snoop Dogg aufgrund seiner überzeichneten Charakteristika immer schon eine Cartoonfigur gewesen. Jemand, den man in höchsten Maße respektiert, von dem man aber kein Fan ist.
Ich schließe mich dem an. Ein ewiger Kniefall vor dem ersten Snoop Dogg Album Doggystyle.
Patrick Münnich / Radio FM4
Bei Snoop Dogg Alben und Featurings die dannach kamen, oszillieren meine Gefühle zwischen Begeisterung (wenn Produzenten wie Dam Funk mit Snoopzilla am Werke sind) und Fremdschämen (wie im Fall der Snoop Lion, der Zusammenarbeit mit Diplo). Ich traue mich zu behaupten, das eine gut mit Geld und Weed gefüllte Tasche bei Snoop ein schwerwiegenderer Entscheidungsfaktor ist als künstlerische Integrität.
Mit glücklichen Zucken im Gesichtlein erzählt mir ein Freund gestern vor Snoop Doggs Konzert am Beat The Fish in der Wiener Arena von einem Snoop Dogg Auftritt vor ein paar Jahren in Kalifornien. Er hat damals sein ganzes erstes Album gespielt, die Show war ein 80 minütiger G-Funk Posse Track inklusive Warren G, Lady of Rage und Kurupt. Die Vorfreude steigt, wird es G-Funk für meine verstaubten Ohren geben? Snoop Doggs aktuelles, von Pharrell produziertes Album geht in die Richtung. Aber nix da, wir kriegen ein Greatest Hits Programm. Manche Nummern werden im Rahmen der knappen 50 Minuten Show nur 30 Sekunden angespielt, so dass man sich auch an sie erinnert. Wenn man die Auftritte von Zugezogen Maskulin und Motrip anzieht, kostet das Konzert einen Euro die Minute. Der Hund soll mich beißen, aber wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht war es die selbe Show wie beim FM4 Frequency letztes Jahr, abzüglich der Snoop Lion Nummern. Vom aktuellen Album Bush spielt Snoop Dogg nicht einen einzigen Track. Er steht mit DJ, Schlagzeuger, Bassist und Kurupt als Back-up MC auf der Bühne.
Unspektakulär gewandet in ein Shirt, das das Antlitz des Notorious BIG mit Marihuana Blättern kombiniert und die Pfote um das Mikrophon - Äquivalent eines Pimp Cup - geschlungen.
Nach dem ersten Retrospektiv-Block, fährt Snoops DJ mit einem Idioten-EDM-Stampf-Beat auf, den ich mich weigere zu kennen. Und auch Tänzerinnen, denen man im Mangel von ein Euro-Scheinen Münzen auf die Bühne werfen, wutzeln sich am Boden. Der Biggie- und 2-Pac-Tribute-Block ist genau wie letztes Jahr Pflicht, das Anspielen von Joan Jett's "I love Rockn Roll" verbuche ich unter Kür.
Dass man dem Bierzelt nirgendwo entkommen kann wird klar, als Snoop die Stampf-Hymne "Jump around" anspielt und die Horde zu springen beginnt.
Ich wäre frustriert nach Hause gegangen wäre da nicht Snoop selbst, der Überlebensgroße MC Superheld. Er rappt mit einer Präzision, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan, was ja auch so ist. Er wippt souverän durch das gesamte Set als wäre er aus Gummi und genauso elastisch kommen die Worte aus ihm heraus.
Eine weitere wüste Spekulation von meiner Seite: Wenn Snoop Dogg das tun würde, worauf er Lust hat, anstatt zu versuchen, mit Sure Shoots das Publikum zu erfreuen, dann würde das genauso funktionieren und er wäre ein Pimp-Gott in Menschengestalt, dem ich Pfauenfedern opfern würde. Aber so pendelt die Veranstaltung für meinen Geschmack zu sehr in Richtung anbiedernde Volksbelustigung, die von der Souveränität der Darbietung eines ebenfalls aus den 90er Jahren kommenden Helden wie Nas nur träumen kann.
Snoop verlässt uns - wie auch schon letztes Jahr - mit "Jammin" von Bob Marley und ein kugelförmiger Mensch tritt in Aktion. Die Kugel zeigt auf weibliche Wesen in der ersten Reihe, die vom Security herausgehoben werden, um hinter der Bühne für Spiel und Spass zu Verfügung zu stehen. Ich trolle mich nach Hause, in der Hoffnung, dass die Kugel für ihr mit einem Fingerzeig „barely legal Fleisch“-Aussuchen ein Soda über den Kopf geschüttet kriegt und das die jungen Damen backstage Snoop und Entourage einen Vortrag halten, dass sich dieses Verhalten nicht geziemt für einen Mann der den Rauch Jahs inhaliert hat. Und dass sie wie Cori B Daddy's Girls sind, und wahre Pimps sich, wenn schon, mit High Class Strippern paid in full, so wie es die Gs für sich immer einfordern, amüsieren. Und dass es etwas armselig ist, Mädchen aus dem Publikum Backstage zu tragen.