Erstellt am: 19. 7. 2015 - 17:07 Uhr
Als Flüchtling ankommen
#refugeeswelcome
So könnt ihr Flüchtlingen in Österreich helfen und deren aktuelle Situation verbessern:
Nina Kusturica ist 1992 während des Bosnien-Kriegs nach Österreich gekommen - als Flüchtling. Heute ist sie Filmemacherin und verfolgt das Thema "Flucht" immer noch. In ihrem Film "Little Alien" hat sie etwa die Situation von Kindern und Jugendlichen dokumentiert, die ganz allein, ohne Begleitung, nach Österreich kommen.
1992 als Betroffene, heute als preisgekrönte Dokumentarfilmerin: Wir haben Nina Kusturica gebeten, uns ihre Beobachtungen zu schildern.
Nina Kusturica ...
APA/GEORG HOCHMUTH
... zum Leben als Flüchtling
Flucht hat eine globale Dimension bekommen. Waren es nach dem Zerfall Ex-Jugoslawiens Menschen aus dem Nachbarstaat, sind heute kulturelle und religiöse Barrieren oft größer.
"Was Diskriminerung betrifft, ist mir damals vieles erspart geblieben als weiße Frau. Meine Freunde aus Afghanistan oder Somalia sind heute täglich mit Diskrimierung konfrontiert. Auf der Straße, oder wenn sie in eine Disco gehen wollen."
... zur Individualität als Flüchtling
Nina Kusturica ist im Jahr 1992 mit einem Nachtzug nach Wien gekommen. Das Flüchlingslager in Traiskirchen war damals schon überfüllt. Aber es gab Mittel und Wege, auf eigene Faust ein neues Leben zu beginnen. Heute gibt es strenge Anwesenheitspflicht im "Lager". Die Möglichkeit zu arbeiten ist für Flüchtlinge damals wie heute stark eingeschränkt.
"In unserer Heimat hat der Krieg getobt. Wir haben nicht gewusst, wo wir leben werden und ob wir überleben werden. In Österreich haben wir uns dann irgendwie durchschlagen können. Meine Schwester lebte schon in Wien, in einer Studenten-WG. Das ist heute viel strenger, das politische Konzept ist strenger. Menschen haben weniger Chancen, eigene Wege zu finden. Sie werden in den Einrichtungen zu einer Masse gemacht."
... zu Flüchtlingen als politischen Spielball
1992 gab es das "Österreich zuerst"-Volksbegehren, mit dem die FPÖ striktere Regeln für Ausländerinnen und Ausländer in Österreich durchsetzen wollte. Auch heute polarisiert das Thema "Flucht" in Österreich. Es gibt Demos und Flugzettelaktionen vor Betreuungseinrichtungen für Asylwerber und Flüchtlinge.
"Die Flüchtlinge kommen nicht mehr aus Mitteleuropa, das Klima ist ein anderes. Damit lässt sich besser Politik machen. Unsere Zeit war die Zeit nach dem Eisernen Vorhang. Da waren viele Menschen noch stolz darauf zu helfen. Heute ist die humanitäre Situation schwieriger. Traiskirchen war voll, aber man musste trotzdem nicht auf der Straße schlafen."
... zur Philosophie der "Flucht"
"Als der Krieg ausgebrochen ist, haben wir gesehen, dass es Flüchtlinge aus Kroatien gibt. Wir haben uns gefragt, was für ein Leben die wohl haben? Wie schrecklich muss das sein! Ich habe immer wieder wiederholt 'Ich möchte kein Flüchtling werden'. Dann, als wir in Wien angekommen sind, war ich dann mit anderen Dingen beschäftigt. Wo bekomme ich Essen her? Wo kann ich was zum Anziehen kaufen? Da habe ich dann aufgehört über die Philosophie des Fremdseins nachzudenken."
Für Interessierte
Hier ist das komplette Radiointerview von Esther Csapo mit Nina Kusturica:
Dieses Element ist nicht mehr verfügbar