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Rainer Sigl

Spiel, Kultur, Pop im Assoziationsblaster.

18. 7. 2015 - 11:58

Mini-Ninja im Puppenhaus

Im Action-Puzzler "Ronin" führen wir als namenlose Ninja-Kämpferin einen stylischen Rachefeldzug.

Devolver Digital/Tomas Waclawek

Der Tod kommt schnell und leise. Wie eine Raubkatze springt die Gestalt im hautengen Lederanzug und mit dem Motorradhelm den Wachmann an. Ein Schwert blitzt auf, Pixelblut spritzt, und schon ist sie wieder verschwunden. Die Schüsse, die die restlichen Wachen in Panik abfeuern, gehen ins Leere, denn die flinke Attentäterin ist längst woanders, mit einem akrobatischen Sprung zurück ins Dunkel geflüchtet. Ihr Ziel: Rache.

Wer sich nach dieser Beschreibung allerdings quasi "Kill Bill" und ein Actionspiel für schnelle Reflexe erwartet, wird sich wundern, denn im "Turn-based Action Platformer" "Ronin" sind vielmehr Taktieren und Vorsicht gefragt.

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Bei diesen Spielen bekommt ihr blutige Daumen

In "Ronin" steuern wir eine namenlose Ninja-Attentäterin, die sich mit Schwert und übernatürlicher Akrobatik durch Hochhäuser voller Gangster und Killer kämpfen muss. Aus der zweidimensionalen Seitenansicht wirken die Schlachtfelder auf den ersten Blick wie Puppenhäuser, doch das täuscht: Während wir uns in Echtzeit unbemerkt an den Wachen vorbeischleichen und sie aus dem Hinterhalt ausschalten können, wechselt "Ronin" im direkten Kampf zu einem rundenbasierten System, in dem wir Sekunde für Sekunde die Aktionen unserer Kämpferin steuern können.

Minimalistische Blutoper

Zeit zum Verschnaufen bleibt uns trotzdem wenig, denn wegen der feindlichen Übermacht müssen wir ständig in Bewegung bleiben und geschickt eine Wache nach der anderen ausschalten. So wirken die Kämpfe weniger wie hektische Geschicklichkeitsproben, sondern vielmehr wie blutige Puzzles.

Für das fehlerlose Absolvieren der einzelnen Missionen erhalten wir neue Fähigkeiten, die uns das Ninja-Leben leichter machen. So können wir etwa unser Schwert werfen, Ablenkungsmanöver starten oder uns zu Gegnern teleportieren. Diese Zusatzfähigkeiten sind auch bitter notwendig, denn im Spielverlauf werden die Aufgaben immer schwieriger, und auch die fünf Oberbösewichte, denen unser Rachefeldzug gilt, können nur mit Geduld und Taktik bezwungen werden. Viel Raum für Fehler ist dabei nicht, denn unsere Kämpferin ist schon beim ersten Treffer außer Gefecht gesetzt und wir müssen vom letzten Speicherpunkt neu starten - besonders bei den späteren Herausforderungen gibt es deshalb hin und wieder Grund zur Frustration.

Devolver Digital/Tomas Waclawek

Style und Pixelblut

Während das ausgesprochene stilistische Vorbild des polnischen Entwicklers Tomas Waclawek, das großartige High-Tech-Einbruchsspektakel "Gunpoint", vor zwei Jahren auf großteils gewaltfreies Schleichen setzte, ist "Ronin" ein geradlinigeres, aber ebenso fesselndes Spiel geworden. Wenn der tödliche Tanz mit Wachleuten, Söldnern und Samurais gelingt, fügt sich alles zu einem trickreichen Actionballett, das man zu gern später, im Rewind, in Realgeschwindigkeit wiederholt sehen würde - das Fehlen dieses Feautures ist einer der weiteren kleinen Kritikpunkte an einem ansonsten überaus originellen und stylischen Spiel.

"Ronin" ist für Windows erschienen.

Auch wenn "Ronin" mit seinen kleinen Figuren und seinen stilisierten Umgebungen niedlich aussieht, so ist es doch ein minimalistischer, knallharter Actionpuzzler mit einer großen Portion Style und Pixelblut, an dessen Schwierigkeitsgrad man sich später hin und wieder fast die Zähne ausbeißt. Wahrscheinlich hätte auch Quentin Tarantino seine Freude daran.