Erstellt am: 11. 7. 2015 - 13:59 Uhr
Schieß auf die Stars
Vor 15 bis 20 Jahren war es ziemlich schwierig, ein eigenes Computerspiel zu entwickeln. Es gab kaum digitalen Vertrieb im Netz und so gut wie keine bequemen Werkzeuge, mit denen man schnell zu brauchbaren Ergebnissen gekommen wäre. In den letzten zehn Jahren hat sich dieser Zustand aber komplett gewandelt: Das Indie-Game, also das unabhängig von großen Verlagen entwickelte Computerspiel, hat die Welt erobert. Indie-Games sind schnell entworfen und zügig umgesetzt – vorausgesetzt man hat gute Ideen und ist technisch einigermaßen versiert.
Blood Irony, ein junges Spielestudio aus Österreich hat sich erst vergangenen Jänner gegründet und schon jetzt ihr erstes Spiel fertig: "Shooting Stars!", ein buntes Abschießspiel, das an die Spielhalle der 80er Jahre erinnert, sich aber inhaltlich an der zeitgenössischen, mit Memes und vielen Witzchen gespicketen Webkultur orientiert. Der Protagonist: ein bärtiger Hipster, der auf einem Hoverboard schwebt und eine Katze trägt, die Laser schießt. Die Gegner sind als Popstars verkleidete Aliens. Sie heißen Daft Phunk, Lady Gogo, Alk Hogan oder Pie Der Pie.
Mit 36 durchgestartet
Das klingt jetzt so, also ob das Spiel von einem Team aus übermotivierten Frühzwanzigern entwickelt worden wäre, die statt dem Studium lieber erst mal kuriose Smartphone-Spiele entwickeln wollen. Quasi das Gegenteil ist der Fall: Mastermind von Blood Irony ist Michael Hartinger, geborener Kärntner und seit Anfang der 2000er Jahre in Wien. Hartinger hat zehn Jahre lang als Programmierer bei einer Bank gearbeitet, war dann eine Weile in Karenz und hat sich - trotz Familie mit zwei kleinen Kindern - mit 36 Jahren dazu entschlossen, sich selbstständig zu machen.
Natürlich lief das nicht ohne Vorbereitung: Vor der Firmengründung im Jänner 2015 wurde ein Schlachtplan entworfen. Was das erste Spiel sein wird, wann es fertig gestellt sein soll, wie sich die Finanzierung gestaltet. Zwei Drittel wurden privat investiert, der Rest kam aus einem Fördertopf. Weil alles alleine machen im Games-Business meist unklug oder zumindest sehr schwierig ist, wurde Blood Irony als Trio gegründet. Neben Michael Hartinger sind Alexander Haider und Stefan Malzner im Team. Der eine wurde als ehemaliger Bankkollege abgeworben, der andere hat seinen Agenturjob für das Indie-Games-Leben an den Nagel gehängt.
Robert Glashüttner
So laut wie möglich
Die drei Herren von Blood Irony wissen, dass ein Mobile Game, das in nur einem halben Jahr fertig gestellt sein soll, kein großer Wurf sein kann, bei dem sich die Spieler/innen stundenlang in das komplexe Gameplay vertiefen werden. Deshalb wurde ein möglichst einfaches Spielprinzip gewählt, das aber mit vielen kuriosen "Waffen" und Gegenständen - Hasenohren, Motorradhelme, Kirschen, Hamburger usw. - bei jeder Runde für Abwechslung und Amusement sorgt. Gleich nach dem Spiel kommt für Blood Irony immer die Öffentlichkeitsarbeit: Das Start-up will laut sein und das ist es auch: Innerhalb weniger Monate mausern sich Blood Irony vom unbeschriebenen Blatt mitten ins Zentrum der heimischen Games-Entwicklerszene – ganz ohne aufdringlich zu wirken. Und nicht nur das: Das Trio veranstaltet in dem Coworking Space, in dem es arbeitet, gleich auch ein monatliches Community-Treffen: das Vienna Game Dev Meetup.
Bei der ersten Veranstaltung rechnet Michael Hartinger mit circa zehn Leuten – doch dann werden es gleich an die 50 Besucher/innen. Gemeinsam mit der langjährigen Community-Arbeit der Computerspielinitiative Subotron im Wiener Museumsquartier bieten Blood Irony in ihrer Homebase im 15. Bezirk zur richtigen Zeit die richtige Plattform. Denn die heimische Entwicklerszene explodiert seit zwei Jahren förmlich. Es ist verblüffend zu sehen, wie viele Einzelpersonen und kleine Teams derzeit an eigenen Computerspielen arbeiten – sei es als Hobby, im Rahmen einer Firma oder eines Angestelltenverhältnisses (etwa, indem für eine Agentur ein Werbespiel oder Serious Game kreiert wird). Das Team von Blood Irony schafft so nicht nur Aufmerksamkeit für sich und sein Spiel, sondern die gesamte lokale Games-Gemeinschaft. Es ist der Spirit of Indie Games: wechselseitiges Unterstützen statt Konkurrenzverhältnis.
Robert Glashüttner
"Shooting Stars!" ist für Android und mobile Apple Geräte erschienen. Aktuelle Geräte werden empfohlen!
Am Donnerstag (9. Juli) ist "Shooting Stars!", das Debüt-Game von Blood Irony erschienen. Derzeit will das Team weitermachen wie vor der Veröffentlichung: allen vom eigenen Game erzählen, mit Gleichgesinnten, der Presse, den Spieler/innen kommunizieren und versuchen, neue Ideen umzusetzen - für "Shooting Stars!" und für ein eventuelles neues Projekt.
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