Erstellt am: 8. 7. 2015 - 16:43 Uhr
Gruff Rhys live in einer kleinen Kapelle in Wales
Die Super Furry Animals waren in den 90er Jahren eine der interessantesten Bands, die das britische Plattenlabel Creation Records veröffentlichte. Sänger Gruff Rhys - sprich Griff, das "u" ist die walisische Variante - und seine Mitmusiker klangen wie niemand sonst, damals in Großbritannien: Spannender Indierock mit elektronischen Elementen - am einen Ende des Spektrums Britpop im weitesten Sinn, am anderen Ende Dub, Electro, aber auch psychedelischer Westcoast-Pop und Folk.
Creation-Mastermind Alan McGee war, als er Mitte der 90er Jahre die Super Furry Animals unter Vertrag nahm, ein gemachter Mann - Oasis, die McGee bei einem Konzert in Schottland entdeckt hatte - hatte aus dem bisher oft exzentrisch-wunderlichen Londoner Plattenlabel einen großen Namen gemacht. Alan McGee hatte zwar zuvor Erfolge mit The Jesus & Mary Chain oder Primal Scream, aber mit Oasis wurde McGee zu dem, was man im Englischen gerne einen Musik-Mogul nennt. Mehr oder weniger noch im Taumel mit Oasis liefen McGee dann also Gruff Rhys und seine Super Furry Animals über den Weg. Ein Glücksgriff. Keine neuen Oasis, aber das sollte es auch gar nicht sein.

Radio FM4 / Eva Umbauer
Super Furry Animals spielten damals erst ihr zweites Konzert außerhalb von Wales, als Alan McGee sie vom Fleck weg unter seine Fittiche nahm. Einen Vorschlag machte er bzw. eine Bedingung hatte er: Ihr müsst Englisch singen, nicht Walisisch! Dabei hatten die Super Furries - wie man sie fortan liebevoll nennen würde - bei diesem Auftritt in London gar nicht in ihrer walisischen Muttersprache gesungen , Alan McGee hatte ihren Akzent bloß nicht verstanden.
Die Super Furry Animals veröffentlichten im Laufe der Zeit neun Studioalben, darunter das vor 15 Jahren erschienene "Mwng", auf dem Gruff Rhys und Co nun wirklich ausschließlich auf Walisisch sangen. "Mwng" wurde zum meistverkauften SFA-Album und kürzlich von Domino Records in London wieder veröffentlicht. Creation Records gibt es ja nicht mehr, nachdem Alan McGee irgendwann genug vom Musikbusiness hatte und sich zurückzog, nämlich ins ländliche Wales, woher seine Frau - die Electropop-Musikerin Kate Holmes - ursprünglich herkommt. Und hier schließt sich nun ein Kreis: Gruff Rhys, der in Cardiff, im walisischen Süden lebt, spielte letzte Woche im Tabernacle, der kleinen Venue von Alan McGee, in Talgarth, Wales.
The Tabernacle ist ein besonderer Ort: eine ehemalige kleine Kirche, eine Kapelle, die zum Verkauf stand. Ein Kung-Fu-Club wollte sie erstehen, da griff Alan McGee zu, restaurierte die Kirche, baute eine kleine Bühne ein - für Lesungen oder vor allem eben Acoustic Gigs. Das Herz von Alan McGee schlägt eben nach wie vor für Musik.
Wer will schon eine Jacht vor Saint Tropez oder so etwas, wenn er eine eigene (Musik-)Kirche - samt (aufgelassenem) Friedhof - haben kann. Do the right thing, so einfach ist das. Rock im Dorf und niemand regt sich auf. Lärm machen die Besucher selbstverständlich auch keinen, aus Respekt vor den NachbarInnen, die in direkter Nähe zum Tabernacle wohnen.
Also kam und sah Gruff Rhys. Er spielte heuer auch seit sechs Jahren erstmals wieder mit den Super Furry Animals Konzerte in Großbritannien, und die Magie dieser Band soll dem Vernehmen nach weiterhin intakt sein. Gruff veröffentlicht in den letzten Jahren aber auch Solo-Platten wie "Hotel Shampoo" oder "American Interior".
Gruff Rhys zieht die Menschen an. Hundert BesucherInen fasst The Tabernacle in etwa. Diese ließen sich nicht lange bitten, Gruff Rhys hier live zu erleben - um gerade mal 3 Pfund Sterling, was keine 5 Euro sind. Do the right thing eben.

Radio FM4 / Eva Umbauer
Alan McGee wird später an diesem Abend im Chorgestühl seiner Kapelle sitzen, dezent mit dem Kopf nicken und Freude in den Augen haben, große Freude, wie er dasitzt und jede Sekunde der Musik zu fühlen scheint. Ein kleiner Bub in seinem eigenen Musik-Zuckerl-Laden. Wer McGee seit dem gigantischen Erfolg mit Oasis Ausverkauf vorwirft, der/die sollte ihn hier erleben, aber McGee ist in Großbritannien und darüber hinaus ohnehin mehr hochverehrte Figur als angefeindeter Mogul, zu Recht. Um ein Vorprogramm hat er sich auch gekümmert an diesem Abend: Mark Crozer, Bassist der wiederauferstandenen britischen Alternativerock-Legenden The Jesus & Mary Chain, die einige Tage später in London spielten, eröffnete den Abend für Gruff Rhys.
Einen kleinen alten Plattenspieler hatte Gruff mit, Dubplates, ein Buch, allerlei zum An-die-Wand-Projizieren etc. Gruff Rhys stellte im Tabernacle live sein aktuelles Solo-Album "American Interior" vor, ein Konzeptalbum über das Leben des walisischen Forschers John Evans und seine Zeit in Amerika.
Gruff Rhys live im Tabernacle im Dorf Talgarth, Wales - die Melodien des Gruff Rhys sind schmerzlich schön, seine Stimme noch immer einnehmend. Gruff Rhys ist ein sympathisch charismatischer Performer, wie gemacht für diesen ganz besonderen Ort. Ein wirklich schönes Musik-Erlebnis.