Erstellt am: 7. 7. 2015 - 18:00 Uhr
The Left Is Right
Franz Reiterer / FM4
Conor Oberst ist ein Wunderwuzzi. Berühmt geworden ist er mit den Bright Eyes, die er im zarten Alter von 15 gegründet hat (da hatte er allerdings schon drei Jahre Bühnenerfahrung) und mit seinem Debüt-Album, das er auf dem eigenen Label herausgebracht hat: Saddle Creek Records, inzwischen einer der wohlklingendsten Labelnamen im Indie-Universum.
Conor Oberst ist also gern beschäftigt. Derzeit ist er solo unterwegs oder mit seiner Mystic Valley Band, vor ein paar Jahren hat er die Indie-Folk-Supergroup Monsters of Folk mit Jim James von My Morning Jacket und M. Ward ins Leben gerufen, die derzeit aber nicht aktiv ist. Das klingt alles mehr oder weniger nach dem Bright Eyes-typischen Indie Folk, doch es gibt da schon seit längerer Zeit eine Conor Oberst-Band, die eher im Verborgenen blüht: Desaparecidos heißen die, auf Spanisch soviel wie die Vermissten, und die klingen zwar auch durchaus nach Conor Oberst, aber trotzdem nicht nach Indie-Folk, sondern nach schnellen und harten Punk-Gitarren. Gemischt mit Obersts Vorliebe für Breaks und seiner emotional gebrochenen Stimme ergibt das astreinen Emocore.
Desaparecidos
Anfang der Zweitausender erschien das Album "Read Music / Speak Spanish" - gerade zu der Zeit, als die Bright Eyes so richtig durchgestartet sind - das ist wohl der Grund, warum die Desaparecidos nie so richtig in Erscheinung getreten sind: kurz nach Erscheinen ihres Debütalbums wurden sie auch auf Eis gelegt.
Zehn Jahre auf Eis
Zehn Jahre später, im Frühjahr 2012 hat Conor Oberst die Desaparecidos wieder reaktiviert und eine Single aufgenommen - und die hatte es schon in sich: "MariKKKopa" ist ein Lied über den rassistischen Sheriff Joe Arpaio aus Maricopa County in Arizona, der es in seinem harten Kampf gegen papierlose Einwanderer selbst mit dem Gesetz nicht so genau nimmt - und der nebenbei steif und fest behauptet, Barack Obamas Geburtsurkunde sei gefälscht.
Ein Jahr später erschien mit Ti Amo Camila Vallejo, ein Liebeslied an die kommunistische Anführerin der chilenischen Studentenproteste vor zwei Jahren.
Das politische Bekenntnis des Indie Folkers
Desaparecidos
Man ahnt es schon: die Desaparecidos erkunden nicht nur, wie sich Conor Oberst-Songs im Punkrock Kleid machen, sie sind ein explizit politisches Projekt. Die Desaparecidos, die Vermissten aus dem Bandnamen sind nicht irgendwelche, die abgehaut sind; mit dem Wort bezeichnet man in Lateinamerika diejenigen, die in Zeiten von Militärdiktaturen verschwunden sind, gefoltert, irgendwo erschossen und verscharrt wurden oder lebendig aus dem Flugzeug geworfen. Zehntausende Desaparecidos gibt es, fast alle von ihnen Linke.
Der Opener auf dem gerade beim Punklabel Epitaph erschienenen zweiten Desaparecidos-Album Payola trägt den Titel The Left is Right - so ein klares politisches Statement hört man selten von einem Indie-Folker wie Conor Oberst. Für Payola hat er sich die Themen der Zeit von der Seele geschrieben: Krieg, Islamismus, Überwachung, Ausbeutung und die Zocker, die immer auf der Gewinnerseite sind.
Zottellook und "Eat the Rich" am T-Shirt: Conor Oberst mal anderst in der Late Night Show von Seth Meyers.
Conor Oberst gibt keine Interviews, dafür stellen die Desaparecidos ihre Lyrics online, und die stehen für sich selbst. Payola ist ein Statement, gefasst in Conor Oberst-typische Hymnen mit einem erfrischenden Anteil Punkrock und Aggression. Ein Soundtrack zur Zeit.