Erstellt am: 7. 7. 2015 - 15:11 Uhr
Ein Klassiker: From Hell
Cross Cult Verlag
Jeder kennt Jack the Ripper, den Serienkiller, der 1888 in London fünf Prostituierte grausam ermordet und dahingemetzelt hat. Der Täter wurde nie gefasst und bis heute wissen wir nicht, wer sich hinter Jack the Ripper verborgen hat. Es gibt zahlreiche Theorien und viele haben sich schon im Lauf der Zeit daran versucht, das Rätsel zu knacken. Bisher ohne Erfolg. Auch Alan Moore und Eddie Campbell können nicht die Wahrheit ans Licht bringen, sondern sie arbeiten sich an einer der Theorien ab.
Diese besagt, dass Jack the Ripper ein gewisser William Gull war: ein Chirurg, der im Dienst von Queen Victoria ihren Sohn ärztlich behandelt hat, der angeblich bei den Freimaurern war. Gull soll die Frauen der Theorie nach auf Befehl der Queen umgebracht haben, weil sie über eine heimliche Ehe des Prinzen mit einer Frau aus niederem Stand Bescheid wussten.
Auf über 600 Seiten beschreibt From Hell die Herkunft und die steile Karriere des Arztes, seine Initiation bei den Freimaurern, seine Unterredungen mit Queen Victoria und seine Ritualmorde an den 5 Frauen. In einem über 80 Seiten starken Appendix erläutert Moore akribisch, mit welchen Quellen er gearbeitet hat, warum er diese und jene Szene so dargestellt hat, welche Begebenheiten er erfunden hat und welche belegt sind. Fast keine Seite des Comics bleibt ohne Vermerk. Viele Details entsprechen dabei den Fakten - etwa wie die Leichen vorgefunden wurden, Dialogfetzen die damals von Zeugen und Passanten aufgeschnappt worden sind, Begegnungen zwischen Personen, die sich tatsächlich zugetragen haben und Verweise auf Ereignisse im London 1888.
Man kann von diesem Comic viel über das Leben im viktorianischen London lernen, über die Freimaurer, über Architektur.
Cross Cult Comic
Eine wissenschaftliche Arbeit in Comic-Form, könnte man dazu sagen. From Hell ist auch alles andere als ein Schnellschuss, sondern die Kapitel sind ganz im Gegenteil in der Zeitspanne von 1989 bis 1998 erschienen.
Public Domain
Was dieses Comic aber so beeindruckend macht ist nicht der Umfang oder die Fülle an sorgfältig zusammengetragenen Informationen, sondern die Art und Weise wie Alan Moore die Geschichte Jack the Rippers erzählt. Von Anfang an ist klar, wer der Mörder ist. Es ist nie ein Rätsel, wer Jack the Ripper wohl sein könnte, und auch warum er tut was er tut, wird ausgiebig erläutert, noch bevor er damit beginnt. Und trotzdem ist From Hell durchgehend spannend. Man weiß, dass die Frauen sterben, und fiebert trotzdem mit ihnen mit. Man weiß, dass Jack the Ripper nicht erwischt wird, und hofft trotzdem, dass der Inspektor Fred Abberline ihn zu fassen bekommt.
From Hell ist ein Klassiker, den jeder Comic-Fan gelesen haben sollte (wie eigentlich alles von Alan Moore). Aber obwohl ich normalerweise die englische Originalfassung bevorzuge, war ich in diesem Fall, bei all dem viktorianisch-freimaurerisch-architektonischen Fachjargon doch sehr dankbar, das Comic auf deutsch lesen zu dürfen.