Erstellt am: 1. 7. 2015 - 18:48 Uhr
FAQ zum neuen Urheberrecht
von Sarah Kriesche
Wir gehen den häufig gestellten Frage zur Novelle des Urheberrechts nach. Es antworten IT-Anwalt Markus Dörfler, Markus Stoff von der Initiative für Netzfreiheit und Gerhard Ruis, Geschäftsführer IG Autorinnen und Autoren.
Schwerpunkt Urheberrecht:
Die Crux mit der Vergütung. Im Oktober tritt nach langem Zögern des Gesetzgebers eine Urheberrechtsnovelle in Kraft.
Ich brauche meine SD-Karte nur für Urlaubsfotos? Muss ich die Festplattenabgabe zahlen? Kann ich sie später zurückfordern?
Anwalt Markus Dörfler: Der Gesetzgeber sieht vor, dass ich für Datenträger, die ich erworben habe und bei denen ich erkläre, dass ich sie nicht für die Vervielfältigung von urheberrechtlich geschützten Werken verwende, sondern die ich nur für eigene Werke verwende - dort habe ich das Recht, dass ich die Vergütung, die abgeführt wurde, zurückerhalte. Das geht jetzt schon.
Mit dieser Festplattenabgabe habe ich auch das Recht auf Privatkopien. Wieso haben dann vor allem DVDs noch immer einen Kopierschutz? Den darf man nämlich nicht umgehen.
Anwalt Markus Dörfler: Mit der Vergütung habe ich nur jenen Vervielfältigungsvorgang bezahlt, der mir vom Rechteinhaber eingeräumt wurde. Damit bekomme ich nicht das Recht, dass ich etwas, was ich gekauft habe, vervielfältige, sondern damit wird nur das Recht abgegolten, falls ich etwas vervielfältigt habe. Es ist nicht der Weg von "ich bezahle mit der Geräteabgabe, dass ich kopieren darf", sondern das, was ich kopiert habe, wird damit abgegolten.
CC BY-SA 3.0 Christian Jansky
Das heißt ich habe ein Recht auf Privatkopie, von dem ich aber nicht Gebrauch machen kann, wenn der Urheber trotzdem einen Kopierschutz will?
Anwalt Markus Dörfler: Die Festplatte benötige ich ja nur, um eine Privatkopie anzufertigen. Wenn ich keine Privatkopie anfertigen will, brauche ich auch keine Festplatte. Das ist der Gedanke hinter dieser Novelle.
Darf ich die Festplattenabgabe umgehen, indem ich zum Beispiel im Urlaub anderswo eine Festplatte günstiger kaufe?
Anwalt Markus Dörfler: Wenn man das nicht gewerbsmäßig betreibt, muss man für den Eigenbedarf nichts nachzahlen. Hier wird es notwendig sein, das Gesetz nachzuschärfen, um eine Verzerrung möglichst gering zu halten. Das Problem ist, dass Datenträger im Ausland momentan wesentlich billiger sind als in Österreich. Und die Frage ist, ob in Zukunft die Bemühungen des Gesetzgebers dazu führen, dass sich dieser Preisunterschied in irgendeiner Art und Weise anpasst.
Die sogenannte "Festplattenabgabe" (Speichermedienabgabe) soll Künstlern und Kreativen den Geschäftsentgang z.B. im CD-Verkauf abgelten. Was geschieht mit dem Geld?
Gerhard Ruis, Geschäftsführer IG Autorinnen und Autoren: Das ist einsehbar. Man kann zum Beispiel auf der Site literar.at nachschlagen, wenn man wissen möchte, was mit dem Geld in der Literatur geschieht. Wir haben z.B. 50 Prozent dieser Einnahmen sozial gebunden. Damit wird junge Kunst gefördert und Leute unterstützt, die in soziale Not geraten sind.
Mit einem Nebensatz gibt es auch Auflagen für Nutzer. Nämlich, dass die Nutzung von Angeboten aus "offensichtlich rechtswidrigen Quellen" nicht erlaubt ist. Was bedeutet das?
Anwalt Markus Dörfler: Das ist eine der wesentlichen Fragen, die der Entwurf offen lässt. Offensichtlich rechtswidrig ist ein Begriff, der wohl im Einzelfall zu prüfen ist. Spannend wird es, wenn raubkopierende Unternehmen - ich nenne es bewusst Unternehmen, weil damit viel Geld verdient wird, rechtsgültige Quellen im Layout kopieren, um dem Konsumenten zu suggerieren "Wir sind eh offiziell". Wenn der Konsument auf ein derartiges Angebot hereinfällt, kann der Urheber ihn derzeit nicht als den Anschlussinhaber der jeweiligen IP-Adresse ausfindig machen. Weswegen diese Änderung, unter welchen Voraussetzungen eine Vervielfältigung zum eigenen oder privaten Gebrauch erlaubt ist oder nicht, ein rein theoretisches Problem löst. Also theoretisch ist es verboten, herausfinden kann die IP-Adresse weiterhin niemand.
Woran kann man eine illegale Quelle erkennen?
Anwalt Markus Dörfler: Diese Frage stellt sich natürlich. Auch eine Facebook-Site kann den Eindruck erwecken, dass es sich um den offiziellen Auftritt z.B. von einem Fotografen handelt. Das werden letztendlich wohl immer die Gerichte entscheiden müssen.
Darf ich Videos und Bilder aus offensichtlich illegalen Quellen auf Social Networks wie z.B. Facebook oder Twitter teilen?
Anwalt Markus Dörfler: Jetzt ist die Vervielfältigung erlaubt, sofern sie nicht kommerzielle Zwecke verfolgt. Es handelt sich dabei um eine Ausnahme, die „Vervielfältigung zum privaten oder eigenen Gebrauch“ genannt wird. In neuen Entwurf zur Urheberrechtsnovelle könnte sich dieser Fall ändern, juristisch gesehen, denn sollte es sich um eine offensichtlich rechtswidrige Quelle handeln, wäre auch diese Vervielfältigung unzulässig.
CC BY-SA 2.5 Ocrho
Alleine bei YouTube-Videos ist die Quelle nicht so ohne weiteres überprüfbar…
Anwalt Markus Dörfler: Youtube-Videos, die auf Facebook geteilt werden, werden lediglich über den Link geteilt. Das Einbetten des Videos erfolgt durch Facebook selbst. Und zwar vollautomatisch. Für österreichische Nutzer ist aus meiner Sicht diese Art des Sharings unproblematisch, zumal die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, wenn auch juristisch nicht belegt, dass Facebook und Youtube hier eine Vereinbarung getroffen haben.
Wie sieht es eigentlich mit Streaming aus? Für den flüssigen Ablauf landen kleine Kopien im Zwischenspeicher. Kann das von Urhebern schon als Download oder Privatkopie beanstandet werden?
Markus Stoff, Initiative für Netzfreiheit: Nein, das ist keine Privatkopie. Das ist eine andere gesonderte Ausnahme, die nicht vergütet wird, für flüchtige Zwischenspeicherung auf dem Wiedergabegerät.