Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Die Crux mit der Vergütung"

Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

1. 7. 2015 - 14:50

Die Crux mit der Vergütung

Im Oktober tritt nach langem Zögern des Gesetzgebers eine Urheberrechtsnovelle in Kraft. Der Beschluss im Ministerrat Anfang Juni hat öffentlich viel Staub aufgewirbelt.

Bisher zu Urheberrecht auf FM4

  • Bereits im Herbst 2012 haben wir bei FM4 zum Gespräch geladen und im Studio ausführlich über ein modernes Urheberrecht diskutiert.
  • Knapp zwei Jahre davor waren PC-Händler unter Druck, weil die Festplattenabgabe (damals noch Teil der Leerkassettenvergütung) die Preise für Festplatten nicht mehr konkurrenzfähig machte und sich der Konzern Amazon der Abgabe verweigerte.
  • 2014 haben wir schließlich versucht, die Irren und Wirren der letzten Jahre zusammenzufassen.

Bei komplizierten Regelungen gibt es nach vielen Überarbeitungen und Reparaturen immer den Punkt, wo sich fragt: Warum nicht von vorne anfangen und alles komplett neu denken?

Im Fall des vertrackten Urheberrechts wurde das schon oft angeregt. Es heißt, in der jetzigen Form sei es nicht mehr zeitgemäß und müsste in unsere digital geprägte Gegenwart geholt werden. Die Vorgabe: Konsument/innen sollen fair behandelt werden, der Handel soll keine organisatorischen Bürden haben. Außerdem soll eine angemessene Einkommenssituation für Musiker/innen, Autor/innen, Filmemacher/innen geschaffen und etabliert werden. Nichts leichter als das?

FM4 Schwerpunkt Urheberrechts-Novelle

    Langjährige Diskussion

    Tatsächlich ist die Debatte um eine Erneuerung des Urheberrechts seit einigen Jahren festgefahren. Die lange von Verbänden wie "Kunst hat Recht" geforderte Festplattenabgabe ist mittlerweile zum Reizwort geworden. Viele sehen nicht ein, warum sie eine Pauschalabgabe für etwas zahlen sollen, das sie eventuell kaum oder gar nicht zum Speichern von Musik oder Filmen nutzen. Netzaktivist/innen plädieren für einen lockeren Umgang mit kreativen Werken und schlagen eine Art Kultursteuer vor. Kreative befürchten damit eine Abwertung ihrer Werke. Geben mitunter aber auch zähneknirschend zu, dass ihnen nichts Besseres als die Festplattenabgabe einfällt, halten sie jedoch für alles andere als eine Ideallösung.

    Festplatte

    CC BY-SA 2.0, flickr.com, User: Scoobay

    Urheberrecht Neu:

    Der gesamte Gesetzestext, in der Fassung vom 1.7.2015

    Urheberrechtsnovelle 2015

    Anfang/Mitte Juni 2015 hat der Gesetzgeber endlich eine Überarbeitung des Urheberrechtsgesetzes vorgelegt. Die Novelle schreibt jetzt die Festplattenabgabe als zeitgemäße Form der Speichermedienvergütung offiziell fest. Darüber hinaus sind noch einige weitere Punkte enthalten. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Fakten:

    • Die Festplattenabgabe als Prinzip ist ein alter Hut

    1980 ist die Leerkassettenvergütung beschlossen worden, weil damals viele Menschen mit MC- und VHS-Kassetten aus Radio und Fernsehen aufgenommen haben. Dadurch sind den Künstlerinnen und Künstlern Einkünfte entgangen, die durch die Vergütung kompensiert wurden. Die Festplattenabgabe, die offiziell Speichermedienvergütung heißt, ist laut Gesetzgeber die zeitgemäße Variante davon. Der Elektronikhandel schlägt sie angeblich schon seit einigen Jahren auf die Preise drauf und bildet Rücklagen - sicherheitshalber.

    • Die Festplattenabgabe vergütet die Privatkopie

    Nur, weil USB-Sticks und Festplatten künftig einige Euro teurer werden, heißt das nicht, dass Konsument/innen einen Freibrief haben, illegale Kopien aus dem Netz zu ziehen. Im Gegenteil, denn die ehemalige Grauzone des halblegalen Downloads in Österreich gibt es nun nicht mehr.
    Die Speichermedienvergütung bezieht sich auf die sogenannte Privatkopie. Wenn man zum Beispiel ein gekauftes MP3 auf mehrere Geräte überspielt. Kritiker/innen monieren, dass die Privatkopie ein aussterbendes Modell ist, weil immer mehr Konsument/innen Streaming-Dienste nutzen, wo keine rechtlich relevanten Kopien stattfinden. Darüber hinaus können sich Rechteinhaber/innen immer durch Kopierschutzmechanismen dazu entscheiden, die Privatkopie technisch zu verunmöglichen.

    • Die Festplattenabgabe übernimmt auch die Aufgabe einer Kultursteuer

    Schon wie bei der alten Leerkassettenvergütung fließt auch bei der neuen Speichermedienvergütung die Hälfte der Einnahmen in einen umfangreichen Fördertopf namens SKE-Fonds. Dort können Bands zum Beispiel um Förderung für eine CD-Produktion ansuchen. Das heißt, Musiker/innen bekommen von den Verwertungsgesellschaften nur einen geringen Anteil der Speichermedienverfügung mit Tantiemen refundiert. Der Rest ging früher und geht künftig in den Fonds. Kritisiert wird, dass es nach Außen so wirkt, als würden Künstler/innen mit der gesamten Vergütung direkt unterstützt, was jedoch nicht der Fall ist. Man müsste die Beiträge in den Fonds als das ausweisen, was sie ist - eine Kultursteuer.

    Geld

    CC-BY-2.0 / flickr.com/scoobay

    Speichermedienvergütung: Wer bekommt wann wieviel und warum? - CC-BY-2.0
    • Regisseurinnen und Regisseure fühlen sich schlecht behandelt

    Die Urheberrechtsnovelle lässt auch Filmregisseur/innen aufschreien. Denn diese würden sich künftig schwerer tun, faire Verträge mit Filmproduzent/innen auszuhandeln. Laut neuer gesetzlicher Vorgabe hätten sie standardmäßig keinen Anteil an Bearbeitungs- und Verwertungsrechten mehr. Das wäre ein "Schlag ins Gesicht", wie die Regisseur/innen sagen.

    • Das Leistungsschutzrecht gibt es wieder nicht

    Mit der Einführung eines Leistungsschutzrecht hätten Medienverlage Geld bekommen, wenn Google und andere Internetsuchmaschinen in den Suchanzeigen die Titel und Inhalte von digitalen Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln anzeigen - so, wie es schon seit Jahren üblich ist. Google hat daraufhin gedroht, dieses Angebot komplett einzustellen, was ein massiver PR-Verlust für die Verlage wäre. So ist das Leistungsschutzrecht schon nach wenigen Tagen, die es in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, wieder aus der Urheberrechtsnovelle hinausgestrichen worden. Was nicht heißt, dass das Leistungsschutzrecht damit vom Tisch ist.

    Die Urheberrechtsnovelle auf FM4 und fm4.ORF.at

    FM4 und fm4.ORF.at berichten heute (Mittwoch, 1. Juli) ausführlich zum Thema Urheberrechtsnovelle. In einer Spezialstunde der FM4 Homebase ab 21 Uhr beschäftigen sich Sarah Kriesche und Robert Glashüttner mit den Inhalten der Novelle sowie rechtlichen Aspekten und beleuchten die Standpunkte von Kreativen, Konsument/innen, Handel und Industrie.