Erstellt am: 24. 6. 2015 - 14:03 Uhr
Von Minecraft, Monstern und Moddern
Die Mod, also die meist kostenlose Erweiterung eines vorhandenen Videospiels, ist in jüngster Zeit zu einem fixen Bestandteil der Popkultur geworden. Videos, in denen die Gangsterwelt von GTA plötzlich von Superhelden bevölkert oder das radioaktive Wasteland von Fallout von Jugendbanden heimgesucht wird, gehören zu den Rennern auf Youtube. Die Grenze zwischen dem als Hobby betriebenen Modding vorhandener Spiele und dem professionellen Game-Design war schon immer eine fließende. Seit der Jahrtausendwende haben Mods einen beträchtlichen Einfluss auf die Spielkultur - denn ab dem Jahr 2000 wurde erstmals die Fan-Modifikation eines Spiels (Counter-Strike) weltweit populärer als das Spiel, aus dem sie hervorgegangen war (Half-Life aus dem Jahr 1998).
Eines der populärsten Videospiele aller Zeiten - und mit Sicherheit das erfolgreichste Indie-Game der Geschichte - ist Minecraft. Für das mittlerweile an Microsoft verkaufte Spiel gibt es buchstäblich Tausende verschiedene Mods, und der milliardenschwere Konzern hat zum Glück (noch) nicht in die jahrelang gewachsene Moddingkultur eingegriffen.
Christoph Weiss
Nun ist Minecraft ohnehin ein Spiel, das die Kreativität der User in den Vordergrund stellt. Das Spiel zieht damit vor allem gestaltungswillige und experimentierfreudige Köpfe in seinen Bann - und wahrscheinlich deshalb ist auch die Modding-Szene von Minecraft eine der umtriebigsten, die es in der Welt der Videospiele jemals gegeben hat, und es ist so gut wie unmöglich, da einen Überblick zu behalten.
Ein wenig Ordnung in das Chaos der Minecraft-Mods bringen modifizierte Launcher, die man neben der bereits bestehenden, regulären Minecraft-Software installieren kann. Ein guter Launcher wirkt sich nicht negativ auf das bestehende Spiel aus, er fasst die wichtigsten und besten Mods zusammen und bietet auch praktische Info- und Update-Funktionen. In den letzten Monaten habe ich mich viel mit "Feed The Beast" beschäftigt, einem Launcher, der eine Reihe von Minecraft-Mods zusammenfasst, die durch ein kleines Team von kreativen Moddern und Fans handverlesen ausgewählt werden.
Feed the Beast
Als ich Feed The Beast das erste Mal installiert habe, wusste ich nicht recht, was mich erwartet. Ohne eines der umfangreichen Wikis zu lesen, stieg ich einfach in eine der beliebtesten FTB-Welten ein, nämlich "Mindcrack". Gleich war da wieder dieses Gefühl, das ich vor Jahren bei meinen ersten Sessions im Original-Minecraft hatte. Neugierde, was man wohl alles anstellen kann in dieser seltsamen Würfel-Welt voller Zombies und Riesenspinnen. Man muss wieder einmal die erste Nacht überleben, irgendwie. Die nötigsten Ressourcen sammeln, ein Gebäude errichten - das kennt man ja. Aber: In Feed The Beast gibt so viele neue Rohstoffe, Werkzeuge, Waffen und Konstruktionsmöglichkeiten, dass man anfangs nicht nur neugierig, sondern auch ziemlich ahnungslos dasteht. Prompt geschah es dann auch nach wenigen Minuten, dass ich bei einem vermeintlich harmlosen Spaziergang bei Tageslicht im Boden versank, ohne zu wissen warum - im regulären Minecraft geschieht das schließlich nie. Einen Tod später erklärt mir ein anderer Spieler, dass es in Feed The Beast eben Treibsand gibt. Oops.
Christoph Weiss
Von solchen kleinen Überraschungen abgesehen, gibt es aber auch Änderungen im ganz großen Rahmen: Landschafts-Erweiterungen wie "ExtraBiomes XL" gehören seit Beginn von Feed The Beast zu den inkludierten Mods. Dank ihnen werden Dutzende zusätzliche Landschaftstypen prozedural generiert, zum Beispiel japanische Herbstwälder, alpine Berglandschaften, Eiswüsten oder unheimliches Biomes namens "Wasteland". Sie laden dazu ein, wieder einmal neugierig auf Entdeckungsreisen in Minecraft zu gehen.
Zu "Feed The Beast" gehören aber auch Technik-Erweiterungen wie "Industrial Craft". Sie bringen Elektrizität ins Spiel, Solarzellen und alle möglichen Werkzeuge von der Kettensäge bis zum Laser. Ein Freund, der wohl hauptveranwortlich dafür ist, dass ich zum "Feed The Beast"-Spieler geworden bin, hat mich unter anderem mit dem Screenshot seines Atomkraftwerks nach einem Reaktorunfall gelockt. Das Bild zeigte einen Krater, der bis zum Grundgestein hinunterreichte - wo vorher einmal die Stadt mehrerer Spieler gestanden hatte. Oops indeed.
Zu den stark an Technik orientierten Erweiterungen von "Feed The Beast" gehört auch auch die Mod "Computer Craft". Dank ihr können tatsächlich funktionierende Rechner in Minecraft gebaut werden, die weit über die logischen Redstone-Schaltungen im Original-Minecraft hinausgehen. Die PCs in "Computer Craft" heißen "Turtles" und man kann sie sogar richtig programmieren - mittels der bekannten Programmiersprache Lua.
Mit Augenzwinkern werden auch Anspielungen auf andere Videospiele gemacht. Die "Portal Gun" etwa ist tatsächlich das, was ihr Name sagt: Jene Kanone aus dem Videospiel Portal, mit der man Löcher in zwei Wände schießen und sich somit durch die Gegend teleportieren kann.
Christoph Weiss
Mehr Spieletipps auf fm4.orf.at/games
Feed the Beast ist heute schon um ein Vielfaches komplexer als das unmodifizierte Minecraft - und es wächst weiter. Die Community hinter dem Projekt diskutiert und kooperiert auf Entwicklerwebsites wie Github, sie dreht Youtube-Tutorials, schreibt informative Wikis und hat offenbar großen Spaß. Weil Mods nur nach reiflicher Überlegung und nur mit Erlaubnis der Autoren in den FTB-Launcher eingebunden werden, sind sie gut aufeinander abgestimmt. Die Minecraft-Modding-Community ist für mich eine der spannendsten Bewegungen in der Gameskultur dieses Jahrzehnts - und natürlich ist Feed the Beast ein nichtkommerzielles Projekt, denn der Launcher kann einfach gratis von der Website feed-the-beast.com heruntergeladen werden.