Erstellt am: 20. 6. 2015 - 16:22 Uhr
Ampelpärchen für Eheöffnung
A Front Line For Gay Rights. The Europride 2015 in Riga
Vienna Pride 2015. Zum fünften Mal bietet das Pride Village täglich Musik, Diskussion und Information aus der LGBT-Community.
Das Motto 2015 greift damit das Motto der ersten Parade 1996 auf. Österreich bzw. Wien haben ja in den letzten Woche eine Welle an Sichtbarkeit von vor allem schwulen und lesbischen Lebens gesehen: vom Song Contest und dem Abfeiern von Conchita Wurst, über die Ampelpärchen bis hin zum Pride Village vor dem Wiener Rathaus oder dem queeren Filmfestival Identities, das gerade stattfindet. Aber ist außerhalb dieser kulturellen Aktionen Österreich tatsächlich "Homophobe Bananenrepublik" geblieben, wie das Satiremagazin "Die Tagespresse" nach dem Ende des Song Contests schreibt?
FM4/Irmi Wutscher
Die im Jänner beschlossene Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes erlaubt es mittlerweile immerhin lesbischen Paaren, künstliche Befruchtung in Anspruch zu nehmen und sich so ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Schwule Paare haben - außer in einigen Bundesländern, wo sie Pflegekinder aufnehmen können - weiterhin keine Möglichkeit eine Familie zu gründen.
Und während es heuer ein Referendum im katholische Irland gab, das eine breite Zustimmung für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften zeigte, ist in Österreich in Sachen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften nicht viel weitergegangen. Diese Woche haben die Grünen einen Entschließungsantrag im Nationalrat eingebracht, der die Bundesregierung auffordert, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Die SPÖ, die sich ansonsten gemeinsam mit den Grünen genau dafür einsetzt, musste aber dagegen stimmen, um das Koalitionsabkommen mit der ÖVP nicht zu gefährden. "Eine Frotzelei", ärgert sich ein von mir interviewter Paradenteilnehmer. "Wir sollten diese Party hier auf der Straße direkt hineintragen ins Parlament, damit sich endlich etwas ändert!"
Außerdem müssen sich schwule oder lesbische Verpartnerungswillige in Österreich derzeit herumstreiten, ob sie sich nun auf dem Standesamt oder in einer Kammer auf der Bezirkshauptmannschaft verpartnern dürfen. Der Fall ist laut Rechtskomitee Lambda weltweit einzigartig und liegt jetzt beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof.
FM4 Irmi Wutscher
Dass die Pride nicht nur eine nette und schrill inszenierte Outdoor-Party ist, sondern dass es dabei auch um politische Forderungen und Rechte von LGBT-Personen geht, zeigen Shirts und Transparente der TeilnehmerInnen.
"Marsch für die Familie" mit zweifenlhaften TeilnehmerInnen
Während die Regenbogenparade den Ring entlang zieht, wird innerhalb des Rings dagegen protestiert - und gegen die Gegendemo auch. Die Plattform Familie protestiert beim Stephansdom gegen all das , wofür die Regenbogenparade steht, und noch etliches mehr: Gegen Abtreibung und die Homo-Ehe (und überhaupt alles "Homosexuelle" oder Feministische) einerseits, andererseits aber auch für das "alleinige Erziehungsrecht der Eltern" und "gegen die Verführung durch schulischen Sexualunterricht". Mit beiden Forderungen ist das selbe gemeint: Man möchte die Kinder von allen Informationen zu Sex fernhalten - egal ob es sich dabei um Verhütung oder Selbstbefriedigung, Homo- oder Transsexualität handelt.
Die Angst vor Ehe & Familie führt offenbar zur Forderung nach der #HomoEhe. #antianti pic.twitter.com/KCWuxFsyVI
— michael fiedler (@fmfdlr) 20. Juni 2015
Es treffen sich dort diverse hauptsächlich fundamentalistisch-christliche und extrem rechte Gruppierungen, von militanten AbtreibungsgegnerInnen über dieneuen Gruppe des ehemaligen Pegida-Österreich-Sprechers Georg Nagel bis hin zu einem Wiener Verein polnischer Rechtsextremer. Unterstützung kommt etwa auch von Marcus Franz, jenem ehemaligen Team-Stronach-Abgeordneten, der erst vor Kurzem zur ÖVP gewechselt ist und nicht nur als Verteidiger des Pograpschens aufgefallen ist, sondern auch der Freunderlwirtschaft bezichtigt wird.
Eine Demo der "Autonomen Antifa" gegen den "Marsch für die Familie" wurde bereits polizeilich untersagt, eine zweite, organisiert von der Sozialistischen Linkspartei findet am Michaelerplatz statt - über den der "Marsch für die Familie" ebenfalls ziehen will. Michael Fiedler twittert für Radio FM4 aus der Wiener Innenstadt: