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Burstup

Physische Welt, virtuelle Realität. Politik und Kultur.

19. 6. 2015 - 17:28

Gimme Shelter

Siebzig junge Flüchtlinge erzählen ihre Geschichten mit Theater, Musik und Tanz. Den Rahmen dafür bildet das heute beginnende Junge Burg Festival.

"Gimme Shelter" wird im Rahmen des Junge Burg Festivals am heute abend das erste mal aufgeführt, danach an weiteren drei Terminen.

Seit dem Jahr 2001 wird jeden 20. Juni der Weltflüchtlingstag begangen. Dieses Jahr unterstützt die UNO in Österreich ein Projekt von Junge Burg, in dessen Rahmen mehrere Theaterstücke von Flüchtlingen aufgeführt werden. Den Anfang macht das Theaterstück "Gimme Shelter".

Für Ruth Schöffl vom UNHCR steht das Theaterstück unter dem Motto "Flüchtlinge sind Menschen wie du und ich", sagt sie: "Wir wollen Menschen ihre eigene Geschichte erzählen lassen. Aber nicht nur ihre Fluchtgeschichte, sondern ihre ganze Geschichte. Denn Menschen sind ja nicht nur Flüchtlinge - das ist ein Teil, der ihnen passiert."

Stück "Gimme Shelter"

Reinhard Werner

Siebzig junge Flüchtlinge aus zwölf Ländern erzählen ihre Geschichten mit musikalischen und tänzerischen Einlagen. Das ganze ist eine Mischung aus persönlichen Erlebnissen und literarischen Vorlagen, aus Wahrheit und Fiktion.

Javid Hakem, 23, ist in Afghanistan aufgewachsen. Er ist profesioneller Kung-Fu-Sportler, hat Tanz und Schauspiel studiert und sich stets sozial engagiert. Doch in Afghanistan, das von den Taliban und zunehmend Mitgliedern des IS terorrisiert wird, ist er in Schwierigkeiten geraten und geflohen. Flüchtlinge wie er, sagt Javid, wünschen sich zweierlei. Zum einen, dass ihre Geschichte gehört wird. Zum anderen, dass sie hier etwas zur Gesellschaft beitragen können: "Wir sind Menschen und wir wollen ein nützlicher Teil der Gesellschaft sein.", sagt Javid "In Afghanistan wollte ich Drogenabhängigen helfen, Armen helfen, Menschen mit allen möglichen Problemen. Einige verrückte Menschen haben uns das nicht erlaubt und wir bekamen Schwierigkeiten." Er wolle gar nicht erzählen, was ihm und seiner Familie alles passiert sei. "Wir sind geflohen und ich bin sehr froh und dankbar, dass ich nun in Österreich bin. Aber auch hier werden mir Steine in den Weg gelegt, wenn ich helfen und der Gesellschaft nützen will."

Javid Hakem, Regisseur Peter Raffalt und Maryna Sychova

Reinhard Werner

Javid Hakem, Regisseur Peter Raffalt und Maryna Sychova

Maryna Sychova, 26, stammt aus der Ukraine. Sie stand dort bereits auf der Bühne und war Schwimmerin im ukrainischen Nationalteam. Außerdem hat Maryna als freie Journalistin gearbeitet. Nachdem sie im Jahr 2010 mit versteckter Kamera Unregelmäßigkeiten und Fälschungen bei Wahlen in der Ostukraine gefilmt und ins Internet gestellt hate, erhielten sie und ihre Freunde Drohanrufe - und nicht nur das: "Eines Tages habe ich einen Anruf bekommen, dass meine Bekannte einen Unfall hatte und ich zum Krankenhaus kommen soll. Als ich zum Krankenhaus kam, packten mich vor dem Eingang zwei Männer, verdrehten mir die Arme und setzten mich in ein Auto. Sie haben mich in ein Waldstück entführt." An dieser Stelle fällt es ihr sichtlich schwer, weiterzusprechen. Es ist ihr aber ein Anliegen, mittels Theater von ihren Erlebnissen, vom Bürgerkrieg und von ihrer Flucht zu berichten. "Es ist nicht leicht, in ein anderes Land zu fliehen. Ich hoffe, dass die Menschen in Österreich das verstehen."

Stück "Gimme Shelter"

Reinhard Werner

Dem Regisseur von "Gimme Shelter", Peter Raffalt, ist es ein Anliegen, den Graben zwischen Flüchtlingen und Einheimischen durch Theater zu verkleinern:

Junge Burg Festival

Weitere ausgewählte Höhepunkte: "Nimm mich mit", der Liederabend "In der Fremde" oder das Theaterstück "Der Kick". Alle Aufführungen finden im Burg Kasino am Schwarzenbergplatz 1, 1010 Wien statt.

"Am Beginn dieser Arbeit sind wir mit Menschen aus fünfzehn oder sechzehn Nationen in einem Raum gewesen. Insgesamt haben wir acht Sprachen gesprochen. Es gab unendliche Sprachbarrieren, die zu sehr viel Komik und Humor geführt haben. Und irgendwann war der magische Moment da, wo ich nicht mehr hineinging und das Gefühl hatte, ich treffe mich mit Menschen aus den verschiedensten Nationen. Sondern es war einfach eine Selbstverständlichkeit, dass eine Gruppe von Menschen im Raum ist, die gemeinsam ein Ziel vor Augen hat."

Ob und wie diese Menschen ihr Ziel mit Hilfe des Theaters erreichen, kann man an mehreren Terminen im Burg Kasino sehen.