Erstellt am: 17. 6. 2015 - 14:41 Uhr
The daily Blumenau. Wednesday Edition, 17-06-15.
The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.
Hier eine treffliche Zusammenfassung der Vorgänge.
Anna Fenninger hat in der abgelaufenen Weltcup-Saison für sechs von neun Siegen und - im Alleingang - für fast 50% (15:17) der Stockerlplätze gesorgt. Bei den Weltmeisterschaften errang sie alle zwei Titel und 3 von 5 Medaillen.
--- siehe auch Extra Edition, 18-06-15. Heldin für einen Tag: Anna Fenninger gibt klein bei. Was die angedeutete Mini-Rebellion trotzdem bewirken wird ---
#sportpolitik #machtpolitik
Sofern sich bis morgen Vormittag nicht noch Grundlegendes ändert, was die verhärteten Fronten, die die beiden Streitparteien errichtet haben, aufweicht, wird der mächtigste Sportverband Österreichs, der ÖSV, den Rausschmiss seines größten weiblichen Stars Anna Fenninger bekanntgeben.
Die regierende Olympiasiegerin, Weltmeisterin und Weltcupsiegerin wird dann zwar weiterhin (auch als Österreicherin) an den Start ihrer Skirennen gehen können, wird dies aber außerhalb jeglicher Verbands-Struktur tun müssen: ein teures Unterfangen, dessen Planung aber bereits begonnen hat.
Die Geschichte der Eskalation des Konflikt zwischen Fenninger (und ihrem Management) und dem ÖSV ist eine komplexe, auf viel Hörensagen beruhende; die Auswirkungen können weitreichend sein. Die Härte, mit der der vom Tiroler Unternehmer Peter Schröcksnadel herrschaftlich geführte Verband, vorgeht, hat mit der Wahrung der weitreichenden, tief in Tourismus und alpine Geschäftswelt hineinreichenden und mittlerweile global vermarktbaren Geschäftsinteressen zu tun. Die aktuell angezogene Moral-Diskussion dient zur populistischen Camouflage - und sollte nach abends bekannt gewordenen Erkenntnissen ohnehin in sich zusammenfallen.
Fenninger beeinsprucht mit ihren Forderungen nach dem Recht sich als Person selber zu vermarkten ein Prinzip, auf dem der ÖSV seit Jahrzehnten aufsetzt: der vollständigen Kontrolle der Athleten, die als gut inszenierte Sprechpuppen und marktgerechte Testimonials (sowie als Identitätsträger österreichischen Nationalgefühls, weshalb der ÖSV auch mit dem politischen Sanktus agieren kann).
Dennoch ist der Konflikt überflüssig. Es wurde nämlich in einem Vorgängerfall ein für alle Seiten gangbarer Weg gefunden, den der Verband, vulgo Schröcksnadel, im Fall Fenninger aber nicht zu wiederholen bereit war.
Fenningers männliches Pendant, der Weltmeister und Weltcupsieger Marcel Hirscher nämlich, der ähnliche Forderungen stellt, erhielt vom Verband das Pouvoir sich eigenständig zu organisieren und in punkto Vermarktung Ausnahmen zugestanden zu bekommen. Für die um einen Olympiasieg erfolgreichere Fenninger ließ man derlei dann nicht zu. Der Grund dafür ist hier in Fenningers Erklärung auf Facebook herauszulesen: die männerbündlerische Verfasstheit des ÖSV lässt es nicht zu, Frauen gleiche Rechte zuzugestehen. Schröcksnadel und Co, die - ganz offensiv - ein Frauenbild der Marke Gabalier vertreten, betrachten die von ihnen hervorgebrachten Athletinnen als Sportler zweiter Klasse.
Wenn Fenninger nun gegen dieses System aufsteht - und dafür auch Kopf und Kragen riskiert, endlosen Ärger in Kauf nimmt, der sich finanziell niemals rechnen wird, ist ihr Akt des Widerstands nicht nur einer gegen reaktionäre, verkrustete Strukturen modernen Gladiatorentums, nicht nur ein politischer, sondern auch ein klassisch feministischer Akt.
Da ist jemand mutig genug den bequemen Weg, das weiche, gut bereitgestellte Bett zu verlassen, sich unendlichen Mühsamkeiten, Anfeindungen und Propaganda zu stellen um - in diesem Fall gleich zwei - unzureichend geführte zentrale Debatten-Themen in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen: zum einen die (sich hinter politischen und sozialen Floskeln verschanzende) verlogene Kumpanei von gier- und gewinnorientierten Klüngeln, zum anderen die groteske Ungleichbehandlung von gleiches leistendes Frauen in einer altbackenen Patriarchen-Welt.