Erstellt am: 17. 6. 2015 - 15:51 Uhr
Flüchtlingsverteilung
Das Team vom Report hat in harter Recherchearbeit für die Sendung vom vergangenen Dienstag von den neun Landesregierungen aktuelle Zahlen zur Verteilung von AsylwerberInnen innerhalb Österreichs bekommen und in einer fantastischen Infografik aufgearbeitet.
Das Ergebnis ist eine Fleckerllandschaft von einigen Gemeinden, in denen viele AsylwerberInnen leben, etlichen, in denen einige untergebracht sind und 68 Prozent, in denen gar keine wohnen.
Besonders schlecht ist das Verhältnis von AsylwerberInnen pro 100 EinwohnerInnen in ruralen Gebieten an der österreichsichen Grenze bzw. in den Alpen: In Schwarzenberg am Böhmerwald, in Puchenstuben oder Tobaj.
Bekommen wir nicht gerade überall erzählt, es wäre eine Flut an Flüchtlingen, die Österreich geradezu überschwemmt? Müssen die Österreicherinnen und Österreicher nicht befürchten, in Kürze die Minderheit zu sein? Dabei kommen alleine in jenen Gemeinden, die Flüchtlinge aufgenommen haben auf 170 Einwohnerinnen gerade ein Asylberber oder eine Asylwerberin.
Nicht inkludiert sind alle AsylwerberInnen, die sich in Bundesversorgung befinden, etwa jene im völlig überfüllte Erstaufnahmezentrum Traiskirchen oder das ebenfalls überfüllte westösterreichische Gegenstück in Thalham. Aber woran scheitert es denn, diese Menschen auf jene 2100 Gemeinden aufzuteilen, in denen momentan keine AsylwerberInnen leben?
"Warum nehmen Sie keine Flüchtlinge auf?"
Wir haben genau diese Frage verschiedenen Gemeinden in ganz Österreich gestellt.
"Bei uns scheitert es an geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten", sagt Gerald Schimböck, Bürgermeister von Puchenau, ganz in der Nähe von Linz. "Ein privater Hausbesitzer hat einmal ein privates Haus angeboten, aber das ist vom Land zurückgewiesen worden, weil es zu klein ist. da waren nur zwei Wohneinheiten drinnen." Denn das Land Oberösterreich hat laut Schimböck noch vor einem halben Jahr mindestens Platz für 15 Personen verlangt.
Ähnliches berichtet Michael Laimgruber, der Amtsleiter von Absam, einer Tiroler Gemeinde nord-östlich von Innsbruck. Bereits im November 2014 hätte Absam eine leerstehende Dienstwohnung an das Land gemeldet, aber "bis heute ist auf die Wohnung kein Bedarf angemeldet worden. Vermutlich, weil die Bedingung des Gemeinderates war, einen Familienverband von bis zu sieben, acht Personen dort aufnehmen zu können."
Größere Wohneinheiten
Die Bundesländer drängen auf größere Wohneinheiten - und die gäbe es weder im Tiroler Absam noch im oberösterreichischen Puchenau, heißt es aus den Gemeinden. Auch im niederösterreichischen Sieghartskirchen gibt es einen Gemeinderatsbeschluss für die Aufnahme einer Familie. Ein Gasthaus hätte Platz gehabt, sagt die Bürgermeisterin Josefa Geiger: "Ich habe damals mit der Inhaberin gesprochen und die hat gesagt, es hat sich niemand bei ihr gemeldet." Trotzdem kommt jetzt eine Familie nach Sieghartskirchen - in einen privaten Haushalt, der sich das über eine Flüchtlings-Betreuungs-NGO selbst organisiert.
Irgendwie scheint jede Ortschaft ihren Beitrag zur Unterbringung von Flüchtlingen leisten zu wollen. Und logisch: Sie wollen kein Massenquartier wie in Traiskirchen, sondern lieber erstmal eine Familie, die man leichter unterbringen und auch leichter integrieren kann. Und mancherorts scheint das auch zu funktionieren: In vielen Orten, gerade rund um Wien, sind nur kleinere Gruppen untergebracht, mal drei Personen wie in Sommerein, mal sechs wie in Tulln oder Nussdorf ob der Traisen, mal zehn wie in Parndorf.
Aktive Integration
Fände man in den nächsten Tagen in nur zehn Prozent der verbliebenen Gemeinden ohne Flüchtlinge Platz für je fünf Personen, wären über 1000 Flüchtlinge untergebracht.
Den Ortschefs und -chefinnen wird ja gerne unterstellt, sich mit Händen und Füßen gegen die Unterbringung von AsylwerberInnen zu wehren - und manche, wie der Bad Gasteiner Bürgermeister, tun das ja auch. "Es wäre sicher eine gemischte Stimmung", sagt Gerald Schimböck aus Puchenau. "Es gibt sehr viele sozial engagierte Personen, vor allem aus dem Kreis der Pfarre, die sich auch schon an früheren Aktionen beteiligt haben - und es wird sicher welche geben, die sich total dagegen wehren. Ich glaube, das ist wie in anderen Gemeinden." Große Sorgen um den Verlust des Rückhalts in der Bevölkerung scheint er sich aber kaum zu machen.
In Absam verweist Amtsleiter Laimgruber auf die jahrelange gute Erfahrung mit AsylwerberInnen, die im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bei der Gemeinde arbeiten: "Wir beschäftigen derzeit acht Asylwerber im Bereich Altersheim, im Bauhof Außendienst oder dem Veranstaltungssaal und versuchen auch, die Asylwerber, mit denen wir wirklich zufrieden sind, ins Berufsleben zu integrieren."
In Sieghartskirchen ist der Gemeinderatsbeschluss für die Aufnahme von Flüchtlingen kurz vor der Gemeinderatswahl gefasst worden. "Eine von den Oppositionsparteien, die massiv dagegen war, hat zwei Mandate dazu gewinnen können. Es wäre aber vielleicht zu einfach zu sagen, dass das aufgrund des Asylthemas so ausgegangen ist", sagt die Bürgermeisterin Josefa Geiger von der ÖVP. Ihre Partei hat nicht ganz drei Prozentpunkte verloren. Beschweren kann sie sich aber trozdem nicht: Die ÖVP hat nicht nur die absolute Mehrheit gehalten, sie hat sogar ein Mandat dazu gewonnen, weil es jetzt 33 statt 29 GemeinderätInnen gibt. So schlecht kommt die Entscheidung zur Hilfe bei den ÖsterreicherInnen dann offenbar doch nicht an.