Erstellt am: 17. 6. 2015 - 14:43 Uhr
Dieser Typ verkauft als Einziger Banksy-Werke
Martin Brokko
Chris Moukarbel, Regisseur der HBO-Dokumentation "Banksy Does New York", trifft Keszler zum ersten Mal. Fragt, ob er mitspielen würde. Im Film über diesen Banksy. Stephan Keszler, willigt ein – natürlich. Hat den guten Spruch drauf: "Every movie needs a villain. I will be that villain for you."
Selbstironie ist Stärke
Stephan Keszler ist wie Menschen in Helmut Dietl-Filmen. Ein bisschen Schikeria, ein bisschen Schelm. Früher in der Textil-, dann Immo-Branche. Einer, der lässige Überlegenheitsposen sehr gut drauf hat. Er weiß natürlich um die Lächerlichkeit seines Gehabe und spielt damit.
"Bitte zweimal", ordert er im Restarant, bevor ich überhaupt bestellt habe. Die Kellnerin: verdutzt, hilft sich ganz amerikanisch "Oh Herr Keszler, you‘re always soo funny!" Der gute Style, mit der Kellnerin zu flachsen.
Keszler sportet den Hamptons-Look (Bootsschuhe, Leinenhose, aufgekrempeltes Hemd) und passt damit so wunderbar nicht ganz zu den anderen Ausstellern auf der Art Miami New York. Aber er macht einfach. Und: mit was für einer Zuversicht!
Verkabeln, an die Wand hängen, Eintritt verlangen
Ein kurzer Abriss der Debatte, an dessen Auspuff Stephan Keszler als Galerist steht: Es gibt die Einen. Die meinen, was Keszler verkaufe sei gestohlene Kunst. Ginge es Banksy um lange Halbwertszeit und Konservierung seiner Street Art (verkabeln, an Wand hängen, Eintritt verlangen) er würden mit Museen & Sammlern kooperieren. Tut er aber nicht.
Als dem Brooklyn Museum ein New Yorker Banksy angeboten wird, reagiert die Museumsleitung nicht einmal.
Dann gibt es die Anderen. Es sind die, von denen Keszler gerne spricht. Sie kontern: 80% Prozent von Banksys Street Art werde innerhalb einer Woche zerstört, übermalt. Vielleicht will Banksy das. Andererseits besprüht Banksy private Wände ("Öffentliche Wände würden sofort gereinigt.")
Keszler nennt seinen Banksy, der ihn immer ignoriert, deswegen "widersprüchlich in seiner Cleverness."
Keszler "rettet" diese Werke auf Beton (Geschäfts-, Wohnhausfassaden) mit schwerem Gerät, stellt aus, verkauft. ("Ich mache diese Werke zugänglich für tausende Menschen – auf den größten Kunstmessen der Welt!")
Der Unverstandene
Martin Brokko
Bei all dem fehlenden Skrupel, den man Keszler vorwerfen muss – und den er auch offen herumträgt, (fettes Anwesen in den Hamptons, teure Autos) macht er auch Sachen die nicht in dieses Schema passen.
Er ist – ohne dessen Zustimmung – Banksys Pressesprecher – tut sich alles an. Der Kotflügel der ewigen Debatte, ob man Street Art denn an weißen Wänden verticken darf. Sitzt am Messestand. Erklärt sich jedem Besucher – auch denen, die ihn auf der Messe blöd anmachen.
Diskutiert mit jedem Journalisten, der anfragt. FM4? Stephan Keszler kennt Ö3. Vom Skiurlaub in – eh klar – Kitzbühel. Sagt: "Ich würde auch FM2 ein Interview geben!"
Ist ehrlich interessiert, als ich ihm Street Art-Film "Stylewars 2" erzähle. In dieser Mockumentary wird vorgegeben, Banksy zu finden. Keszler kommt indirekt als Käufer einer Bethlehemer Banksy-Wand vor.
Alles Dinge, die er nicht tun müsste. Und die wohl kaum ein anderer in seiner Position tun würde. Keszler, der Unverstandene.
Dass Banksy ihm aber nicht für all die Arbeit dankt, das kränkt ihn. Dass er ihn sogar konstant ignoriert: noch schlimmer. Darum will er bald etwas Anderes machen. Eine Foto-sharing Plattform. "Besser als Dropbox und anders als Instagram". Er betont es immer wieder. Man kann erahnen, mit welchem Elan sich Keszler vor einigen Jahren ins Kunstbusiness wirft.
Ein Mensch, bis aufs Äußerste öffentlich. So weit, dass ihm sogar extreme öffentliche Abneigung, Internet-Hate, total egal ist. Richtigstellen, darum geht es ihm. Sonderlich viel Geld mache er damit nicht; Abholung, Transport der fragilen Mauerwerke sei teuer und kompliziert, Der Stand auf der Art Miami New York kostet 80 000 Dollar.
Stephan Keszler redet über Geld.
Und es stimmt: die manipulative Rhetorik wirkt. Und wenn man nicht aufpasst, nickt man ihm schon mal die absurdesten Sachen durch. Nicht vergessen, so eine Banksy-Sphinx bringt schon mal ordentlich Cash am Kunstmarkt.
Zum Abschied wünscht er mir, dem Österreicher, "Baba" und zwinkert mit beiden Augen beim Handschlag. Wie das nur reiche Onkels können. Da sind schon wieder ein paar asiatische Touristen die Selfies mit ihm schießen wollen. Mit ihm, dem deutschen 1.95 Meter Bösewicht aus der HBO-Doku über diesen Banksy.