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Felix Knoke Berlin

Verwirrungen zwischen Langeweile und Nerdstuff

17. 6. 2015 - 20:30

Die Sache mit der Terminator-Theorie

Bei einer Fanfic-Theorie zur "Terminator"-Serie ist mir aufgefallen, was mich so ganz grundsätzlich am Technik-Optimismus nervt. Und dass ich damit offenbar nicht alleine bin.

Kennt Ihr diese "Terminator"-Theorie? Ich finde, man kann daraus einen ganz lustigen Singularity-Witz draus machen. Also, um einen Reddit-Post zu übersetzen:

Die Idee ist, dass es vor der Zeitebene des "Terminator"-Films noch eine oder mehrere andere gibt. Oder dass die Maschinen absichtlich Zeitschleifen erstellen, um sich so mit Zukunftstechnik aufzurüsten. Sie schicken Technik in die Vergangenheit, um dort ihren Fortschritt voranzutreiben - und das ist der Grund, warum unsere Technik und Technologie sich derzeit so schnell fortentwickelt. Und weil die Roboter quasi unsterblich sind (Ausnahmen ausgenommen), können sie dieses Spiel unendlich oft betreiben - und sich so immer schneller entwickeln.

Erstens fand ich die Idee ziemlich gut, und auf sie wird auch in den Filmen und Serien angespielt. Aber mein Freund Moritz hatte einen guten Einwand. Und zwar schrieb er mir:

Es kommt zur Explosion. Und zwar davon, dass die Zeitschleife enger wird, damit die zukünftige Technik und die Möglichkeit zum Technologietransfer jeweils früher erreicht und im Moment der Explosion unendlich viel Technologie von jetzt nach jetzt transferiert wird und damit die Zeit stehenbleibt!

Netzwerk-Terminator

Public Domain

Technik-Propfen mit Badewannenstöpsel-Kugelkette.

Mir fehlen jetzt die wissenschaftlichen Mittel, um das genauer zu beschreiben. Aber ein leichter Angriffspunkt bei den Ideologen der Singularität ist ja, dass sie technologischen Fortschritt und technischen Fortschritt gleich setzen. Also, dass allein der geistige Prozess zählt. Aber der praktische Wissenstransfer zwischen Menschen und Maschinen, die Herstellung von Technik und Technologie ist eben ein ganz erheblich limitierender Faktor, siehe Terminator-Theorie. Man kann sich einfach nicht immer schneller fortentwickeln, weil nicht alle Prozesse geistige, und damit von Maschinen in Simulationen beschleunigt verarbeitbare Prozesse sind. Und Fortschritt ist auch nicht eine durchgehende Linie von Nicht-Wissen bis Alles-Können, sondern kennt Sackgassen, pfadbedingt unmögliche Alternativen und ist letztlich auch ein ökonomisches Problem. Na, um jetzt den Bogen zu schließen: Der Wissenstransfer am Limit ist ja letztlich auch eine Sache von Photonen und Bandbreiten.

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Man muss die Singularianer ja gar nicht so ernst nehmen; so eine Kritik wird ihnen ja auch nicht neu sein. Sie werden sagen: Singularität ist der Punkt, an dem sich der Wissenserwerb von der Menschheit abkoppelt und es eine andere Instanz - die künstlichen Intelligenzen - geben wird, die mehr verstehen werden als wir. Singularität ist nicht absolutes Wissen, sondern ein Punkt, an dem der Mensch nicht mehr versteht, welches Wissen in der Welt existiert (als ob er das jemals getan hätte). Und natürlich geht es mir auch gar nicht um die Singularianer.

Grafik zu "Moore's Law"

Public Domain

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"The Speculative Turn" (Re-Press)

Über alles, was mit der neuen Spekulation, Realismus und Materialismus zu tun hat.

Aber ihr Technik-Optimismus macht den Kern der ganzen Sache so deutlich: Der Umgang der Singularianer mit technischem und technologischem Fortschritt geht davon aus, dass die Welt in Gänze verständlich sei. Dass "Geist", und sei er in einer Maschine, immer über die Materie oder Naturgesetze siegen könne. Sie gehen im Prinzip davon aus, dass Fortschritt = Wissensgewinn = Handlungsmöglichkeiten ist. Und damit sind sie leider nicht allein. Denn sie mögen Recht haben, dass Fortschritt auch ohne Menschen möglich ist - das ist ja derzeit eh ein großes Thema (siehe auch Speculative Turn, Welt ohne Mensch). Aber Menschen sind eben auch ohne Fortschritt möglich. Und eine Ideologie des Stillstandes, finde ich, klingt erstmal zumindest viel spannender als eine der Beschleunigung. Denn dass, wenn es schneller auch gleichzeitig besser wird, dafür schuldet mir irgendwer noch immer einen Beweis.