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Riem Higazi

Cultural mash-ups, political slip-ups, and other things that make me go hmmm.

15. 6. 2015 - 18:32

Fake-Schwarz oder Witzbold-Weiß?

Der Fall einer amerikanischen Bürgerrechtsaktivistin sorgt für heftige Diskussionen. Jahrelang hat sie sich als Afro-Amerikanerin ausgegeben, obwohl sie eigentlich just-plain eine weiße Amerikanerin ist.

Rachel Dolezal und 'Race Identity'

Rachel Dolezals Eltern hatten scheinbar ihre Lüge satt. Und ihr afro-amerikanischer Adoptivbruder (den Rachel als ihren eigenen Sohn ausgegeben hatte) wollte auch nicht mehr so tun, als wäre sie schwarz.

Also haben Rachel Dolezals Eltern und einer der vier adoptierten Söhne (drei afro-amerikanische Buben und ein Junge aus Haiti) das Geheimnis der 37-jährigen Bürgerrechtsaktivistin gelüftet: Sie ist weiß.

Über die Gründe, wieso Rachels Hautfarbe gerade jetzt öffentlich worden ist, wird heftig debattiert. Die wichtigere und größere Diskussion ist aber: Darf und kann man sich seine Identität aussuchen? Wer darf entscheiden, wie man sich selbst definiert?

Rachels Einsatz

Was die Haare betrifft, hat Rachel Dolezal jedenfalls einen Volltreffer gelandet. Ich meine, wisst ihr wie viele Stunden man benötigt und wie viele Schmerzen man ertragen muss, um diese Zöpfe so hinzubekommen?

Unabhängig von ihrer Hingabe, die Haare echt schön und "echt" afro-amerikanisch zu tragen, hat Rachel in Spokane im Bundesstaat Washington ihr Engagement als lokale Präsidentin der Bürgerrechtsorganisation NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) gezeigt. Außerdem war sie bei der Polizei als Vermittlerin in Fällen tätig, in denen es Hinweise auf Diskriminierung gab. Ihre Tätigkeit bei der Polizei endete, nachdem aufgedeckt wurde, dass sie bei ihrer Bewerbung gelogen hatte: Sie hatte angegeben, weiß, schwarz und Native American zu sein.

Rachel Dolezal arbeitet auch als Professorin für Afrikanistik an der Eastern Washington University. Sie war mit einem Afro-Amerikaner verheiratet und hat einen leiblichen Sohn.

Bin mir nicht sicher

Als Rachel vor ein paar Tagen auf ihre Lügen angesprochen wurde, wirkte sie überrascht. So wie: Wie kann jemand anderer in Frage stellen, wie ich mich identifiziere? Ein Reporter hatte sie gefragt, ob der Mann, der von ihr als "Vater" beschrieben wurde (u.a. in Fotos auf Facebook usw.), wirklich ihr Vater sei. Ihre Reaktion (ab circa 7:50, davor spricht sie von Hate Crimes, die gegen sie und ihre Söhne gerichtet gewesen wären) macht mich zugleich wütend - wie kann sie es wagen, Menschen so zu verarschen - und traurig - ich kann sehen, wie ihre Welt zusammenbricht. Eine Person, die jemandem mit Absicht etwas Schlimmes antun würde, scheint sie nicht zu sein.

In den Sozialen Medien wird Rachel öfters mit Caitlyn Jenner verglichen. Mein Instinkt sagt: Nein, das kann man nicht machen. Gibt es sowas wie 'Race Identity,' so wie es etwa eine 'Gender Identity' gibt?

Als Halb-Ägypterin und Halb-Österreicherin kann ich es nachvollziehen. Aber was kann ich eigentlich nachvollziehen? Ich muss das gut und lange überlegen. In Ägypten werde ich nicht als "echte Ägypterin" gesehen und eine "echte Österreicherin" hat mich noch nie jemand genannt. Ich kenne das mit der kulturellen Identität und wie verzweifelt es einen machen kann, in der Identität, die man sich selber erschaffen hat, einfach nicht wahrgenommen zu werden.

Aber Rachel hat gelogen und zehn Jahre als schwarze Frau gelebt und so getan, als hätte sie eine andere Familie, als wäre sie jemand anderer.

Ich bin mir nicht sicher, was ich von Rachel Dolezal und ihrer Geschichte halten soll. Ich schließe mich einstweilen dem US Comedian Dave Chapelle an.

Diese Geschichte liefert weitaus mehrere Fragen als Antworten zum Thema auf. Was denkt ihr?