Erstellt am: 8. 6. 2015 - 15:30 Uhr
Wenn die Hoffnung stirbt
Die Musikindustrie-Plattitüde vom sophomore jinx, dem verflucht schweren zweiten Album, trifft auf A$AP Rockys neues Album eigentlich nur bedingt zu. Seinen Durchbruch feierte der heute 26-jährige Rapper aus Harlem, New York, nämlich schon mit dem Mixtape Live.Love.A$AP, dementsprechend war ja schon das 2013er Major-Debütalbum sein zweiter Tonträger. Trotzdem war der Prozess, der jetzt zu At.Long.Last.A$AP führte, alles andere als leicht.
A$AP Rocky ist beim HipHop Open Austria am 17. Juli live zu sehen!
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A$AP Rocky
Obwohl er den Namen einer New Yorker HipHop-Legende trägt, hat sich Rakim Mayers in seiner Musik immer eher am Südstaaten Rap-Sound aus Metropolen wie Memphis oder Houston orientiert. Ein wichtiger tastemaker, der ihn auf UGK oder die Three 6 Mafia aufmerksam machte, war sein langjähriger Freund und Kollege A$AP Yams. Anfang des Jahres wurde diesem seine Vorliebe für codeinhältigen Hustensaft, Schlafmittel und andere Munter- bzw. Müdemacher zum Verhängnis: Er starb an einer Überdosis. Ein Teil der Songs auf dem neuen A$AP Rocky Album dürfte damals schon aufgenommen gewesen sein, trotzdem hat die Tragödie in seiner unmittelbaren Umgebung die Platte eindeutig geprägt. Es gibt sie zwar schon noch, die von aggressiven 808 Kicks durchzogenen Clubtracks, mit denen Rocky anfangs für Furore gesorgt hatte - aber sie sind in der Unterzahl.
Dominiert wird At.Long.Last.A$AP von psychedelischen, melancholischen und oft rock-beeinflussten Klangfarben. Auf gleich fünf der 18 Tracks ist der britische Sänger Joe Fox zu hören, den Rocky nachts in London als Straßenmusiker kennenlernte - zudem gibt es Rod Stewart oder Cayucas in Sampleform. Oft driften die Songs in der Mitte ab oder wechseln das Tempo, nicht nur A$AP Rockys Stimme, auch alles andere ist oft runtergepitcht und die 80 BPM Grenze wird auch selten überschritten. Wenn man den Hauptprotagonisten so zugedröhnt rappen hört, vermeint man in jeder seiner Zeilen die Hoffnungslosigkeit seiner Generation zu hören.
Während wir uns hier ein Europa an die Unfassbarkeit der fast wöchentlich von der Polizei getöteten jungen Afroamerikaner/innen fast schon gewöhnt haben (auch, weil sie weit weg sind, und viel näher auch üble Dinge passieren), schlägt das den Betroffenen in den USA natürlich wesentlich stärker aufs Gemüt. Man könnte angesichts der kleinen Chancen auf sozialen Aufstieg (noch immer die Erfolgsversprechensten: HipHop oder Sport) durchaus auch von einer kollektiven Depression sprechen. Mit At.Long.Last.A$AP hat A$AP Rocky einen passenden Soundtrack dazu geschaffen, wenn auch teilweise von sehr persönlichen Trauer angetrieben.
Musikalisch ist das zwar - von einigen wenigen Club-Ausflügen unterbrochen - auf Dauer bedrückend, aber das Album ist in sich geschlossen und trotzdem vielfältig. Somit ist A.L.L.A. eine gelungenes Zeichen der Weiterentwicklung für Rocky, dessen nächste Schritte man auch deshalb weiter verfolgen sollte. Egal ob als Schauspieler (Seine Wunschrolle: Rick James!) oder Streetfashion-Unternehmer - von diesem jungen Mann werden wir noch einiges hören.