Erstellt am: 5. 6. 2015 - 14:03 Uhr
Vegan Oriental
Eine freie Köchin sein bedeutet für Parvin Razavi, dass man sie als Firma, Restaurant oder Privatperson buchen kann und raffiniert zubereitetes Essen mit ausgewählten Bioprodukten zu einem Preis bekommt, bei dem kein Restaurant mithalten kann. Ende 2013 hat sie den Preis der Wiener Vielfalt bekommen. Manchmal ist Parvin im Video zu sehen, wenn sie Österreich die Vorzüge von hausgemachter Hafermilch erklärt, oder man kann ihre Rezepte im Biorama nachlesen. Mich interessiert ihr Buch in dreifacher Weise:
henriette artz
Erstens: Ich bin seit der Kindheit Vegetarierin. Vor fünf Jahren habe ich versucht, mich zum ersten Mal vegan zu ernähren, bin aber an meinem Lebenswandel und fehlender Lebensmittelkennzeichnung gescheitert. Jetzt lebe ich wieder seit zwei Jahren vegan, weil die Lebensmittelindustrie einen Vegan-Trend ausgerufen hat, und uns als Zielgruppe entdeckte. Soll mir recht sein, wenn es mein Leben leichter macht und vielleicht ein Promille an Lebewesen weniger ermordet werden. Die Frage, was ich eigentlich esse, und das Stirnrunzeln werden weniger, hin und wieder muss ich mir aber noch Anfeindungen anhören, ob ich jetzt glaube, ich sei ein besserer Mensch, weil ich keine Tiere esse und dabei nur ein willenloses Opfer der Marketing-Industrie sei. Für jedes Kochbuch, das mir neue tierproduktlose Esswelten zeigt, bin ich dankbar, und wie die Autorin und Köchin Parvin Razavi bei der Buchpräsentation in Klagenfurt erzählte, ist die Küche des mittleren Ostens und der Levante in vielen Fällen vegan, da nicht mit Butter gekocht wird und im Ramadan auf Fleisch verzichtet wird.
"Oriental Vegan" ist also kein Buch, das mir sagt, mit welchen sumatrischen Kräutern ich mein Seitan-Steak am besten paniere, sondern es sind einfache und doch raffinierte Gerichte, gänzlich ohne Soja und Fleischersatzprodukte.
parvin razavi
Zweitens: Ich bin für jedes Artefakt, jedes Dokument dankbar, das uns im Westen ein anderes Bild des Iran, Syriens, Libanon zeigt, als die todtraurigen Abendnachrichten. Eine Horde von ungebildeten selbstgerechten Terroristen, die unter "Gott ist mächtig"-Geschrei Menschen ermorden und Kulturen und Traditionen zerstören. Kulturelle Schätze, die in der Diaspora weiterleben und sich weiterentwickeln oder im schlimmsten Fall gänzlich verschwinden. Ich habe große Freude an einem Buch, das die Schönheit und Vielfalt des Orients, diesmal in kulinarischer Hinsicht, zeigt. Parvin Razavi ist als Kind mit ihren Eltern aus dem Iran geflüchtet und wohnt seitdem in Wien. Sie ist Wienerin mit persischen Wurzeln. Das Kochen und die Rezepte hat sie von ihrer Mama gelernt. Der für mich schönste Moment bei der Buchpräsentation ist, als Parvin erzählt, wie sie über das Kochen zum ersten Mal erlebt hat, dass ihre migrantische Identität als etwas Positives erlebt wird, was viele Jahre auch für sie selbst nicht so war.
arno pöschel
Drittens: Ich bin eine verfressene Veganerin und kann nicht kochen, bin ungeduldig und ungenau. Backblechbrandflecken auf meinen Unterarmen, eine fast abgeschnittene Fingerkuppe und mehrere Narben am Handrücken zeugen davon. Parvins Rezepte sind raffiniert, lustvoll und dennoch schnell und einfach nachzukochen, mit Zutaten, die ihr, wie das Publikum bei der Präsentation in Klagenfurt bestätigt, überall finden könnt. Ich hatte mehrere Epiphanien, insbesondere was den Umgang mit Reis und Melanzani betrifft. "Vegan Oriental" zeigt uns einen Teil der Schönheit und des Reichtums der Kulturen der Länder, die wir im Moment nicht besuchen können oder sollten, und wenn deren geflüchtete BewohnerInnen bei uns kein zu Hause finden, in dem ihre Traditionen überleben können, dann haben die menschenverachtenden bärtigen Idioten tatsächlich gewonnen.
Die Autorin des Buchs "Vegan Oriental" Parvin Razavi kocht das nächste Mal öffentlich am 19. Juni beim Foodie Day auf der Terrasse der Grellen Forelle. Im Juli organisiert sie Picknicks in der City Farm Schönbrunn.