Erstellt am: 3. 6. 2015 - 16:08 Uhr
Fremd im eigenen Land
Mit Akzent
Die unaussprechliche Welt des Todor Ovtcharov. Im Radio und auch als Podcast zum Anhören.
"Die Leiden des jungen Todor"
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Dort, wie überall sonst in der Steiermark, erreichte die FPÖ ein glanzvolles Ergebnis bei den vergangenen Landtagswahlen. Mehr als doppelt so viele Menschen, als bei den letzten Landtagswahlen, haben auch aus Angst vor der "Überfremdung" für sie gestimmt. Eigentlich wohnen in Claudias Dorf genau zwei Ausländer. Einer davon ist Bozhko aus Banja Luka, der seit mehr als fünfzehn Jahren die Rasen der Steirer mäht.
Niemand kann einen Rasen besser als Bozhko mähen. Er ist der berühmteste Gärtner in der ganzen Region. Bozhko hatte einmal Bildhauerei in Belgrad studiert. Das erklärt vielleicht am besten seine Liebe zum Detail. Bozhko ist mit einer Steirerin verheiratet, seine Kinder sprechen nicht einmal Serbisch.
Der andere Ausländer im Dorf ist Frau Ribalovska aus Košice in der Slowakei. Seit einigen Jahren kümmert sich Frau Ribalovska um die achtzigjährige Oma von Claudia, die einen Schlaganfall hatte. Frau Ribalovska hat drei Kinder und zwei Enkelkinder und sie fährt jede zweite Woche in die Slowakei, um sie zu besuchen und ein bisschen Geld mitzubringen. Mit ihrem Job als Pflegerin in Österreich zahlt sie das Studium ihres jüngsten Sohnes und unterstützt ihre Enkelkinder. Ich weiß nicht, wie viele Bewohner Claudias Dorf hat, aber die Ausländer dort sind genau zwei. Man kann kaum vom "Fremd im eigenen Land" sprechen. Alle anderen Dorfbewohner sind ganz "echte" Steirer.
Claudia erzähle mir neulich, dass ihre Nachbarn im Dorf vor Kurzem Metallgitter an den Fenstern angebracht haben. Der Grund dafür ist, dass sie gehört haben, dass im Nebendorf jetzt ein Schwarzer wohnt. Der Mann ist ein evangelischer Pastor aus den USA. Claudia hat keine Ahnung, was er in der Steiermark macht. Sicher ist sie, dass er noch nie in ihrem Dorf war. Dort gibt es nur Katholiken. Und falls er doch kommt um alle zu bekehren, wird er wohl kaum versuchen, durch die Fenster reinzukommen.
Ich erfahre im Radio von den Wahlergebnissen der Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland. Ich war gerade als Ordner bei einem Fußballspiel in Niederösterreich. Einige meiner Ordnerkollegen schreien zustimmend als sie von den Ergebnissen erfahren. Ich glaube, keiner von ihnen ist Steirer. Die meisten sind aus Simmering und Floridsdorf. Der, der neben mir im Ordnerbus sitzt gibt mir einen freundlichen Schulterklaps. "Niemand kann uns aufhalten!", sagt er. Die Nachrichten sind aus, im Radio spielt Musik. Der Sommer ist endlich da.