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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

1. 6. 2015 - 15:35

The Beat Goes On

Ein Festival, wie es sein soll: Das Lighthouse Festival in Kroatien besticht durch optische Reize, Musik, Freundlichkeit.

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Alles zu den besten Festivals des Sommes

Den Klassikersong des dumpfen Technopop bezüglich tagelanger Durchmach-Feierei ohne Unterlass muss man angesichts des Lighthouse Festivals nun wirklich nicht zum hundertsten Mal ins Spiel bringen. Was aber wahr ist: Drei Tage Festival – das meint beim von den Machern der Pratersauna veranstalteten Lighthouse Festival tatsächlich drei Tage Musik und Party. Und drei Nächte.

Irgendwo wummst es immer. Wenn man den wollte, konnte man sich da vergangenes Wochenende nonstop zu elektronischer Tanzmusik bestens den Schlaf rauben. Und zwar nicht zu stumpfgeilem Ballermannbeat, sondern zu liebevoll zusammengestelltem Programm, vornehmlich aus den Abteilungen House und Techno. War man dann jedoch irgendwann müde, musste man nur kurz umfallen und durfte sogleich in seinem Bett landen oder eine Dusche unter menschenwürdigen Bedingungen nehmen: Der Standortvorteil des Lighthouse Festivals, das Montagvormittag zu Ende gegangen ist, ist sein großer Trumpf.

Lighthouse festival

Christian Stipkovits

Christian Stipkovits

Christian Stipkovits

Die Venue ist Alleinstellungsmerkmal. Das Lighthouse Festival findet Nahe des kroatischen Porec in einer Feriensiedlung direkt am Meer statt. Man wohnt in Appartments und Bungalows, alles ist in rund zehn Minuten Spaziergang erreichbar, gleichzeitig hat das Areal nicht die Aura von Kunststoffhaftigkeit und Einkerkerung, wie man das von üblichen Ferienclubs kennt – man scheint vielmehr in einem Dörfchen gelandet zu sein. Felsenstrand, weites, weites Meer, dazwischen kleine Wälder, zwei eher urige Restaurants, in denen üppige mediterrane Fleisch- und Fischplatten mit Pommes gereicht werden.

Auch was das Publikumsaufkommen anbelangt ist das Festival familiär angelegt, bislang ist es freiwillig und selbstlimitierend auf rund 2000 Besucher beschränkt. Wie man so hört, soll jedoch langsam und in behutsamen Schritten an einem dezenten und organischen Ausbau gearbeitet werden, das Lighthouse Festival nutzt bisher nur Teile des Areals: Da ist noch einiges möglich.

Lighthouse Festvial

Christian Stipkovits

Lighthouse

Christian Stipkovits

Man konnte sich also ins Meer werfen, drei Tage lang war das Wetter, ja, blendend, Aussicht und friedliche Feierlaune genießen und das selige Postkartenaroma aus der Luft saugen - es geht beim Lighthouse Festival aber eben schon auch um Musik. Gut 100 DJs und Live-Acts waren zu hören; wenn die zwei Open-Air-Floors, direkt am Strand gelegen, schließen, geht es auf diversen Floors einer schön oldschooligen Disco – Disco im Wortsinne – weiter.

Zwischendurch gibt es Bootpartys samt DJs oder es werden ganze Appartment-Blocks oder einzelne Bungalows zu temporären – vielleicht sagt man heute "Pop Up" – Block- oder Mini-Poolpartys umfunktioniert. Vornehmlich gab es wieder österreichische DJs und Crews zu erleben, Teil der Idee des Lighthouse Festivals ist eine Art vergrößerter Familienausflug: Wuschelboy Wolfram, Etepetete, die Waxolutionists, die Leute von Leap Records, eine Gesandtschaft der Grellen Forelle, die Gang von Rhinoplasty, Austrian Apparel und viele, viele mehr.

Etepetete

Christian Stipkovits

Auch genügend größere und internationale Acts waren am Start: Das enigmatische Neo-Disco-Duo Tiger & Woods, die House-Legende Lil Louis, Acid Pauli. Der niederländische Produzent Legowelt bezirzte mit einem Live-Set aus in Säure gebadetem Schleifpapier-Techno, das bei aller Garstigkeit immer auch eine Funkyness versprühte, das deutsche Duo Die Vögel zauberte am Sonntagnachmittag toll leiernden und eiernden Blasmusikhouse in die prallste Sonne. Der Hamburger Alleskönner DJ Koze zeigte danach, dass auch ein geschmeidiges Set ohne große Knaller und Banger bestens betören kann. In der Ruhe, in der Zurückhaltung, in der langen, langen Herauszögerung liegt die Energie.

Ein Höhepunkt war die Live-Performance der österreichischen Band HVOB, die mit einem Konzert um 7 Uhr Morgen den Sonnenaufgang begrüßte. Ebenfalls super: Ein Showcase des Wiener Labels Affine, bei dem Wandl und Cid Rim mit Live-Sets und salute. an den Abspielgeräten mit ihrer angejazzten Elektronik, stolpernden Beats und Dekonstruktions-HipHop für willkommene Abwechslung zur ständigen Macht des 4/4-Takts sorgten. Vieles mehr geschah. Menschen waren glücklich. Seifenblasen standen in der Luft. So kann es gehen.