Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Bald mehr Studien mit Zugangsbeschränkungen?"

Claus Pirschner

Politik im weitesten Sinne, Queer/Gender/Diversity, Sport und Sonstiges.

29. 5. 2015 - 18:12

Bald mehr Studien mit Zugangsbeschränkungen?

Kontroverse um Mitterlehner Vorschlag.

Seit 2013 sind Zugangsbeschränkungen in 40 Studienrichtungen in Österreich gesetzlich möglich. Ende dieses Jahres läuft diese Regelung aus, daher hat Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner angekündigt, dies nun verlängern und auch gleich auf andere Fächer wie Jus und Chemie ausdehnen zu wollen. Dies führe bei den Unis zu einer "besseren Planbarkeit ihrer Ressourcen".

"Die Absolventen werden dann nicht weniger werden, weil man dann konsequenter in dem gewählten Studienbereich bleibt", argumentiert Mitterlehner und stützt sich dabei auf eine IHS Studie, die die Auswirkungen der Aufnahmebeschränkungen untersucht hat. Nach Einführung der Zugangsbeschränkungen hat es bei den betroffenen Studien weniger Studienabbrüche und -wechsel gegeben. Die Gesamtzahl und die soziale Durchmischung sozialer Studierender hat sich durch die Einführung der Beschränkungen nicht verschlechtert. Allerdings hat es zu einem Fünftel weniger Studierender in den Fächern mit Zugangsbeschränkungen geführt. StudentInnen sind also auf andere Fächer ausgewichen.

Minister Reinhold Mitterlehner stößt mit ÖH-VertreterInnen an

APA/HERBERT NEUBAUER

Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner bei der ÖH-Wahl-Party.

ÖH dagegen

Und hier kontert auch die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) - etwa Camila Garfias vom ÖH Vorsitzteam der Uni Wien:"Die Studierendenzahl ist eingebrochen. Es ist auch höchstbefremdlich, wenn man sich anschaut, dass das Wissenschaftsministerium eine Kampagne gestartet hatte, um MINT Fächer zu studieren, die damals circa 463.000 Euro gekostet hat. Genau diese Fächer werden jetzt beschränkt. Informatik, Biologie, Pharmazie und Ernährungswissenschaften sind etwa schon beschränkt und Chemie soll jetzt hinzukommen." Garfias fordert eine Ausfinanzierung der Hochschulen anstatt "Zugangsbeschränkungen als Abschreckung".

Camila Garfias vor der FM4 Studiotür

Simon Welebil / FM4

Camila Garfias vom ÖH Vorsitzteam der Uni WIen

Für die ÖH Vorsitzende ist das Jus-Studium an der Johannes-Kepler-Uni in Linz ein Vorzeigebeispiel, wie man das Problem überfüllter Hörsäle lösen kann. Multimedia ist die Antwort: "Man muss zu den Prüfungen hingehen, aber man kann das ganze Studium beinahe über Multimedia abschließen. Man kann sich via Livestream oder Podcast Vorlesungen anhören und kann das also wie ein Fernstudium absolvieren", so Garcia.

UnirektorInnen mehrheitlich dafür, Studierende unterschiedlicher Meinung

"Alle Unis halten Zugangsregelungen für nötig - in welchem Ausmaß und in welchen Fächern ist aber je nach Standort unterschiedlich", so uniko-Präsident Heinrich Schmidinger. FM4 Interviews unter Studierenden zeigen unterschiedliche Meinungen - etwa bei MedizinstudentInnen, wo es Zugangsbeschränkungen bereits gibt. "Nachdem ein Studium ja doch etwas kostet, finde ich Zugangsbeschränkungen sinnvoll. Die Aufnahmetests erfassen es jedenfalls besser ob jemand geeignet ist oder nicht als die Matura", meint ein Medizinstudent. Das Gegenargument einer Medizinstudentin lautet:"Der Test kann nicht beurteilen, ob du in der Lage bist, Medizin zu studieren oder nicht. Im Laufe des Studiums entwickelt man sich weiter, das kann vorher nicht erhoben werden."

Auch die Studieneingangs- und Orientierungsphase (STEOP) will der Wissenschaftsminister reformieren. Eine ebenfalls vom IHS durchgeführte Evaluierung empfiehlt die Trennung der bisherigen Vermischung von Information, Orientierung und Zugangsregelung. Camila Garfias von der ÖH Wien fordert daher eine "tatsächliche Orientierungsphase" für Studierende und eine Berufs- und Studienorientierung schon vor dem Schulabschluss.

Als nächstes wird der Wissenschaftsminister mit dem Koalitionspartner und mit der ÖH verhandeln. Im Herbst wird man sehen, was dabei herauskommt.