Erstellt am: 30. 5. 2015 - 17:04 Uhr
Spione wie wir
Klei Entertainment
Es ist ganz schön schwierig, ein guter Agent zu sein - und das besonders, wenn man es auf ultrageheime Hochsicherheitstrakte der nahen Zukunft abgesehen hat. Man muss vorausschauend planen, im richtigen Moment schnell handeln, kaltblütig und besonders effizient sein. Die Eleganz und der Style, wie man ihn von diversen Agententhrillern kennt und liebt, kommen in der Ausführung dafür fast von selbst - zumindest in "Invisible, Inc."
Als Mitglied einer geheimen Spionage-Agentur sind wir nach einem Überfall auf unser Hauptquartier auf der Flucht und haben nur 72 Stunden Zeit, um unser Überleben zu sichern. In der Cyberpunk-Zukunft beherrschen riesige Firmen die Welt, und es ist unsere Aufgabe, in einer Reihe geheimer Missionen in streng bewachte Zentralen und Labors einzubrechen - und das möglichst unbemerkt. Die direkte Konfrontation mit all den Securities und Wachrobotern dort geht nämlich schnell tödlich für uns aus.
Rundenweise infiltrieren
"Invisible, Inc." lässt seine Spielerinnen und Spieler nicht die Rolle eines einzelnen Agenten einnehmen, sondern legt das Schicksal gleich mehrerer Spione in ihre Hände. Von schräg oben steuern wir in diesem "turn-based tactical espionage game" rundenbasiert zu Beginn zwei, später mehrere Agenten mit unterschiedlichen Fähigkeiten durch die Gänge. Dass die Verknüpfung der Konzepte des Schleichspiels, bei dem wir möglichst unbemerkt bleiben müssen, mit der rundenbasierten Strategie so gut funktioniert, ist die große Leistung des kanadischen Indie-Entwicklerstudios Klei Entertainment, das schon für seine Spiele "Mark of the Ninja" und das Sandbox-Survivalspiel "Don't Starve" Kritiker- und Spielerlob erfahren durfte.
Nach einer längeren Early-Access-Phase, die dem Feintuning gewidmet war, ist "Invisible, Inc." ein minimalistisches, aber elegant ausbalanciertes Strategiespiel geworden, das auf den zweiten Blick überraschend herausfordernd ist. Denn obwohl wir dank rundenweiser Abfolge der Spielzüge eigentlich viel Zeit für die genaue Planung unserer nächsten Schritte haben, lebt "Invisible, Inc." dennoch von seiner Spannung und dem Zeitdruck, der uns dazu zwingt, schnell zu sein: Nicht nur, wenn wir entdeckt werden, sondern auch mit jeder gespielten Runde steigt der Alarm-Level automatisch an - und stärkere Bewacher machen uns das Leben und die Flucht schwerer.
Klei Entertainment
Agenten sterben einsam. Und schnell. Und häufig.
"Invisible, Inc." ist ein ziemlich schweres Spiel geworden, und das ist Teil des Konzepts: Zwar lassen sich pro Einsatz fünf Fehltritte rückgängig machen, doch wird ein Agent überwältigt, müssen wir so lange ohne ihn auskommen, bis wir ihn vielleicht später befreien. Nach etwa acht zufallsgenerierten Missionen - und dem Ablauf jener 72 Stunden, die uns zur Verfügung stehen, bevor es an den kniffligen Schlusskampf geht - stehen wir allerdings schon am Ende der Kampagne, doch bis wir so weit kommen, ist einiges an Übung nötig. Auch in Bezug auf unsere strategischen Entscheidungen zwischen den Missionen ist Erbarmungslosigkeit Programm: Es braucht planmäßiges Vorgehen und strategisch kluge Auswahl der jeweiligen Ziele, um tatsächlich bis zum Schluss zu überleben - gerade zu Beginn ist auch auf der einfachsten Schwierigkeitsstufe regelmäßiger Neustart Teil des Konzepts.
Jawohl, richtig geraten: Auch "Invisible, Inc." bedient sich am Erbe der Rogue-likes, das Spiele wie FTL oder "Spelunky" so knifflig, aber auch fast endlos wiederspielbar werden lässt. Denn aus den eigentlich wenigen spielerischen Elementen und Situationen ergeben sich immer neue Herausforderungen.
"Invisible, Inc." ist für Windows, Mac und Linux erschienen; eine PS4-Version soll folgen.
Der elegante Cartoon-Stil, die tolle Präsentation und vor allem die Herausforderung, seine Agenten heil durch die immer wieder neu zusammengewürfelten Levels zu lotsen, machen "Invisible, Inc." zu einer stylischen Aufgabe für Freunde rundenbasierter Strategiespiele. Ein hochspannendes Katz-und-Mausspiel mit dem richtigen Agentenfeeling.