Erstellt am: 24. 5. 2015 - 16:10 Uhr
Was ist geblieben, in den Straßen von Aleppo?
FM4 Doppelzimmer
Mit dem Arzt und Autor Ibrahim Amir, am Sonntag, den 25. Mai, 13 bis 15 Uhr und im Anschluss für 7 Tage on Demand
"Meine Eltern haben mein Theaterstück gelesen. Meine Mutter hat sofort verstanden, worum es mir geht. Sie lehnt ebenfalls jede Form der Rache an Frauen ab, die sich sexuell emanzipieren. Mein Vater hat zum Thema 'Ehrenmord' nicht so eine eindeutige Haltung. Man müsse auch immer das Umfeld der betroffenen Familie mitbedenken", meint Ibrahim Amir.
Dieses Element ist nicht mehr verfügbar
Wie kann ein Bruder oder ein Vater die eigene Tochter ermorden, weil sie mit einem Mann, der nicht ihr Ehemann ist, im Bett war? Ibrahim Amir hat darüber eine schwarze Komödie geschrieben - "Habe die Ehre". Das Publikum in Wien hat das Stück geliebt, und auch bei KritikerInnen war das Stück ein Erfolg. 2013 hat "Habe die Ehre" den Nestroypreis für die beste Off-Produktion erhalten.
Clemens Fantur
Ibrahim wollte Schauspieler werden, damals als er noch in Syrien gelebt und studiert hat. Es sind dann doch die Theaterwissenschaften geworden; seine Liebe zur Bühne hat sich im Schreiben für SchauspielerInnen ausgedrückt. Seit der Autor in Österreich lebt, schreibt er auf Deutsch.
Ibrahim erzählt mir über seine Kindheit in Aleppo. Als kurdischer Syrer kennt er die Repressionen, die man erlebt, wenn man eine Minderheit in einem Land ist, deren Sprache offiziell nicht erlaubt ist. Zu Hause war alles politisch. Sein Vater, ein Politikwissenschaftler, der sich für die Unabhängigkeit der Kurden in Syrien stark gemacht hat und dafür im Gefängnis saß, hatte auf Ibrahims Haltung einen großen Einfluss. Nach der Teilnahme an einer Kundgebung in Aleppo durfte Ibrahim nicht mehr studieren: "Ich wurde exmatrikuliert, nachdem wir an der Uni eine Schweigeminute für die Opfer des Giftgasangriffs der irakischen Luftwaffe auf die hauptsächlich von Kurden bewohnte irakische Stadt Halabdscha 1988 gegen Ende des Ersten Golfkriegs abgehalten hatten." Sein Onkel hat ihm geholfen, sich in Österreich für ein Stipendium zu bewerben. 2002 ist er aus Syrien weg. Sein Medizinstudium hat er in der Zwischenzeit fast abgeschlossen, er macht gerade sein letztes Jahr als Turnusarzt.
Clemens Fantur
Zur Zeit arbeitet Ibrahim an einem neuen Theaterstück gemeinsam mit Theater- und Filmemacherin Tina Leisch und Mitgliedern der Refugee-Bewegung, die rund um die Votivkirchenbesetzung entstanden ist.
FM4 Doppelzimmer
Am Pfingstmontag von 13 bis 15 Uhr erzählt Ibrahim Amir über seine Einsamkeit, als er in Österreich angekommen ist, und über die Depression der Österreicher. Wir diskutieren über den Weg von Diktaturen in eine Demokratie und er lädt uns ein auf einen Spaziergang durch die syrische Stadt Aleppo, in der er aufgewachsen ist.
Die Sendung gibt es im Anschluss für 7 Tage on Demand.