Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Mauer Rollentausch"

Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

16. 5. 2015 - 15:39

Mauer Rollentausch

Der zweite Akt des prominenten Adventure-Game "Broken Age" führt die Geschichte zweier Teenager fort, fällt dabei aber in verloren geglaubte Designprobleme zurück.

Es war eine hochkreative und amüsante Coming-of-Age-Geschichte, die Anfang letzten Jahres für unsere Computer und später auch für Smartphones und Tablets erschienen ist. Der erste Akt von "Broken Age" hat die Geschichte der zwei Teenager Shay und Vella erzählt, deren Wege sich irgendwann mal kreuzen sollten (FM4 hat berichtet).

"Broken Age" ist ein Adventure-Game der alten Schule, für das auf Kickstarter über 3,3 Millionen US-Dollar gesammelt werden konnten. Allerdings ist erst jetzt, fast eineinhalb Jahre später, der zweite Akt veröffentlicht worden. Nun stellt sich die Frage, wie gut die interaktive Geschichte fortgesetzt werden konnte, die so vielversprechend begonnen hat.



Vella lebte in einem altertümlichen Dorf und sollte im ersten Akt dem Monster Mog Chothra geopfert werden. Doch sie hat sich gewehrt, ist geflüchtet und hat das Biest tatsächlich erlegt. Ohne viel von der weiteren Geschichte zu verraten: Das war das Ende von Akt 1 und der Moment, als sich die Wege von Vella und Shay, dem von Computern verhätschelten Burschen auf einem Raumschiff, erstmals überschnitten haben.

Wir können in "Broken Age" zu jeder Zeit zwischen Vellas und Shays Geschichte wechseln. Vella hat unterschiedliche Dörfer erforscht, Shay das über die Maßen bequeme Raumschiff erkundet. Jetzt dreht sich das um, die Teenager wechseln Plätze, und das ist schon einer der Hauptkritikpunkte an Akt 2: Wir haben alles schon mal gesehen und laufen nun an den selben Orten herum, die wir vom ersten Akt bereits kennen. Auch die Figuren sind weitgehend gleich, etwa der Hipster-Holzfäller, gesprochen von Geek-Superstar Wil Wheaton:



Zurück zum "Hängenbleiben"

Das Problem bei klassisch designten Adventure-Games ist, dass die Rätsel, die man lösen muss, um die Story voranzutreiben, oft vertrackt sind. Im ersten Akt von "Broken Age" war dieses Gefühl weitgehend verschwunden, doch jetzt ist es leider – ganz oldschool – wieder da. Sowohl Shay als auch Vella müssen eine Checklist an Dingen erfüllen, bis es weitergeht. Manche Rätsel sind dabei etwas mühselig, oder schlichtweg unlogisch. Oder wer (Achtung, kleiner Spoiler) würde wahllos einer Figur einen Cupcake geben, damit dieser nur den Zuckerguss davon isst, wir daraufhin zu Opa gehen, damit er mit seinem Stock neuen Zuckerguss drauf sprüht um uns nachher kurzerhand seinen Stock zu schenken?

"Broken Age" ist für Windows, Mac, Linux, Playstation 4 und Vita sowie Android und mobile Apple-Geräte erschienen.

Der Humor von "Broken Age", erdacht unter der Leitung von Adventure-Game-Veteranen Tim Schafer, funktioniert weiterhin gut, steht manchmal aber der Charakterentwicklung der Figuren im Weg. Vella und Shay machen zu Beginn des zweiten Aktes traumatische Erlebnisse durch, stecken das aber mit ein paar Witzchen ziemlich schnell – zu schnell – weg und gehen zur Tagesordnung über.

"Broken Age" ist vor allem wegen des großartigen Artworks, des gelungenen Orchester-Soundtracks und des aufwendigen Voice-Acting unterhaltsam. Wer sich aber nach dem ersten Teil gefreut hat, dass das Spiel zu einem der besten Adventures überhaupt aufblühen wird, wird mit Akt 2 auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.