Erstellt am: 13. 5. 2015 - 12:37 Uhr
30 Jahre Faith No More
Wer hätte es gedacht, Faith No More machen nach 18 Jahren wieder Ernst und kommen mit einem neuen Album daher. "Sol Invictus" heißt es und kurz gesagt reiht es sich trotz der langen Pause nahtlos in den Reigen der großartigen sechs Faith-No-More-Alben ein. Da 18 Jahre nun doch ein wenig lange her sind und die Kinder der damaligen Fans in absehbarer Zeit die Zentralmatura über sich ergehen lassen müssen, erlaube ich mir hier einen kurzen Querschnitt über das Schaffen dieser Ausnahmeband, der der Begriff Crossover nicht gerecht wird.
We Care A Lot
(We Care A Lot, 1985 / Introduce Yourself, 1987)
Quasi der erste große Hit von Faith No More, als sie noch ohne Mike Patton unterwegs waren und sich noch nicht ganz so elegant kleideten wie später. Chuck Mosley hieß der Mann, der nur für zwei Alben bei der Band bleiben durfte. Die (was auch sonst?) musikalischen Differenzen sollen ein Grund gewesen sein, Drogen ein anderer. Warum Vorgängerin Courtney Love (richtig, Frau Cobain) die Band vor der ersten Albumaufnahme verlassen musste, ist nicht überliefert. "We Care A Lot" wurde übrigens für das zweite Album "Introduce Yourself" noch einmal aufgenommen und handelt von der Heuchelei reicher Musiker, die auf Benefizveranstaltungen wie "Live Aid" zum Spenden auffordern.
Epic (The Real Thing, 1989)
Das erste Album mit Mike Patton und für viele wohl das erste "richtige" Album von Faith No More. Song- und Albumtitel könnten nicht richtiger gewählt sein und "Epic" vermochte die Tanzflächen der zu dieser Zeit wie Schwammerl aus dem Boden schießenden Metal-Tempel binnen Sekunden mit headbangenden Damen und Herren zu füllen. Karierte Hemden kamen bereits in Mode und eigentlich erstaunlich, dass es diesen Song bereits 2 Jahre vor der Gründung von Rage Against The Machine gab.
Midlife Crisis (Angel Dust, 1992)
Auch wenn mir zu der Zeit Faith No More wegen "Epic" ein Begriff waren, mit diesem Album wurde ich zum fanatischen Anhänger. Genauer gesagt auf einem Konzert in Stuttgart, als sie zusammen mit Soundgarden als Support für Guns 'N Roses auftraten. Soundgarden funktionierten da überhaupt nicht und das Set von Guns 'N Roses schien zum größten Teil aus Balladen inklusive einer gefühlt 40 Minuten dauernden Version von "November Rain" zu bestehen. Faith No More wussten allerdings so sehr zu begeistern, dass es Axl Rose, Slash & Co. die neidische Zornesröte ins Gesicht getrieben haben muss.
Easy (Single)
Die Commodores und Lionel Richie stehen an sich nicht oft auf meiner persönlichen Playlist und diese Coverversion wurde erst nachträglich dem Album "Angel Dust" hinzugefügt. "Easy" ist aber ein Beispiel dafür, wie respektvoll Faith No More mit Coverversionen umgehen, und man merkt, wie Mike Patton sein Stimmspektrum inzwischen erweitert hat.
Digging The Grave
(King For A Day... Fool For A Lifetime, 1995)
Was wurde dieses Album bereits im Vorfeld verrissen. Zu Unrecht, wie sich später herausstellte, und viele revidierten ihre zu Anfang schlechte Meinung später. Bis heute ist "King For A Day... Fool For A Lifetime" das wohl meistunterschätzte Album von Faith No More. Der langjährige Gitarrist Jim Martin war bereits nicht mehr dabei, die Rap- und Hip-Hop-Parts wurden extrem reduziert. Dafür huldigten sie dem Punk und mit Songs wie "Evidence" dem Funk. Vielleicht das unzugänglichste Album der Band, das man erst ein wenig sickern lassen muss. Der Lohn ist lang anhaltende Wiederhörensfreude.
Das Schützenfest (B-Seite, 1995)
Man singt deutsch und was Mike Patton da zu sich genommen hat, als er diesen Text geschrieben hat, will man gar nicht wissen. Die Untertitelung für dieses Video muss Jahre gedauert haben und ohne diese versteht man außer "Hund weg", "Dodelchwanz" und "Super" so ziemlich nichts. In jeder Hinsicht ist das der absurdeste Song, den Faith No More jemals fabriziert haben.
Ashes To Ashes (Album Of The Year, 1997)
Dürfte ich nur einen einzigen Song von Faith No More auf eine einsame Insel mitnehmen, meine Wahl fiele am Ende immer auf "Ashes To Ashes". Ausnahmslos jedes Mal ist man beim Refrain den Tränen nahe und die Zeile "Smiling with the mouth of the ocean" tut ihr Übriges. Große Gesten, großes Kino und im Auto ist man dabei beim Singen lieber allein. "Album Of The Year" mag vielleicht als Titel etwas unbescheiden anmuten, dieses Selbstbewusstsein darf man aber, ohne rot zu werden, haben, wenn solche Songperlen darauf enthalten sind. Bereits 1992 meinte Mike Patton übrigens in einem Interview, dass Frank Sinatra eines seiner Vorbilder sei, und spätesten dann war klar, dass er das nicht ironisch meinte. 1998 lösten sich Faith No More leider auf, viele meinten, endgültig.
Superhero (Sol Invictus, 2015)
Live!
Faith No More spielen live beim Rock in Vienna 2015 am 4. Juni.
Man will kaum glauben, dass ganze 18 Jahre zwischen den letzten beiden Faith-No-More-Alben liegen. "Sol Invictus" wird sich ohne Zweifel in die zu Klassikern gewordenen Alben von Faith No More einreihen. Erstaunlich reduziert klingen sie und die lange Pause ist der Band nicht anzumerken. Die Musiker mögen in die Jahre gekommen sein, ihre Musik ist immer noch am Puls der Zeit. Genauer und öfter hinhören zahlt sich aus, denn "Sol Invictus" ist ein Album, bei dem es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt.
Noch genauer hinhören kann man im House of Pain vom Mittwoch, 13. Mai 2015, wo sich die Kollegen Christian Fuchs und Paul Kraker ausführlich dem neuen Werk gewidmet haben.