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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

12. 5. 2015 - 13:38

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 12-05-15.

Über die Journalistenfreunde-Bande gespielt.

#fußballjournal15 #medienverhaberung

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Die angesprochene U17-EM läuft für den ÖFB nicht ganz so gut: gegen Spanien verliess Zsak coachingtechnisch der im nämlichen Interview angesprochene Vollgas/Stolz/keine Sekunde Angst-Mut, gegen Kroatien verlor man dann als gleichwertige Mannschaft. Die Chance heute gegen den Host Bulgarien den Aufstieg zu schaffen, sind gering.

Beispiel 1

Wahrheitsgetreue Informationen über interne Abläufe eines geschlossenen Systems sind schwer zu bekommen; oder besser gesagt: schwer offiziell und bestätigt zu bekommen (nur ihre Andeutung hat in Österreich, dieser Hochburg des off-the-records-Gehabes, immer Konjunktur).

Weshalb inhaltliche Versprecher von intellektuell Unterkalkulierenden dann umso wertvoller sind. In einem laola1.at-Interview vor dem Start der U17-EM äußerte Coach Manfred Zsak auf die Frage, ob es ihn reizen würde, noch einmal einen Ligaverein zu coachen, folgendes: "Ja. Ich habe ja auch noch ein paar Journalistenfreunde bei diversen Tageszeitungen. Für mich wäre es das Leichteste, Annoncen aufzugeben, wenn irgendwo ein Trainer gesucht wird. Ich mache das aber nicht."

Zsak, der bislang als ÖFB-Nachwuchs- bzw Co-Trainer und (höchst erfolglos) als ORF-Experte gearbeitet hatte, offenbart im Versuch, sich selber als eh lässig ("des hob i ned notwendig ...") hinzustellen, eine breite Lücke in der Verhaberung Sportler/Medien, im Speziellen des abgekarteten Spiels, dass die Seilschaft der Fußball-Exinternationalen mit den wichtigsten Medienpartnern spielt. Denn unbedachterweise hat er sich ja nur selber als unbestechlich hingestellt - die Journalistenfreunde bleiben in seinem Narrativ ja korrupt.

Auch wenn sie selber das womöglich gar nicht so sehen, ist die strukturelle Korruption der Medien, wie sie Armin Thurnher hier in einer grundbrechenden Rede analysiert, nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen, in praktisch jedem Ressort, vor allem aber im verhaberungsträchtig-nationalistisch aufgestellten Sportbereich seit langen Jahren wichtiges Bindemittel der Branche, eben weil sie das System, den Kreislauf Unterstützung-Information-Geheimwissen-Macht, als wesentlichster Stützpfeiler trägt.

Mit Journalismus, der analytischen Auseinandersetzung, der erhellenden Verknüpfung und dem kritischen Hinterfragen von Zuständen hat das alles genau gar nichts mehr zu tun. Der heimische Sportjournalismus (das erkennt man auch in der ausgestellten Harmlosig- und Betulichkeit des aktuellen Sportjournalisten-Preises) versteht sich - zumindest seit ich denken und lesen kann, in allererster und vordringlichster Linie als Steigbügelhalter, eifriger Caddy und kratzbuckeliger Schönfärber im Dienste einer höheren Sache. Egal, ob sich die in chauvinistischen Grunzern, nationalistischem Selbstvertrauensgewinn oder dem Kampf um die tägliche Turnstunde äußert oder sich an der Rolle als Putzerfisch am Tischlein der Mächtigen aufgeilt. Die Ausnahmen werden in den letzten Jahren zwar zahlreicher, bleiben aber in einer - vor allem machtpolitischen - Minderheit.

Jemand wie Manfed Zsak (der laut Herbert Prohaska auch für die BBC Expertenkommentare abliefern könnte; hab' ich gehört, unbestätigt ...), der inmitten dieses Systems ein warmes Plätzchen gefunden hat, offenbart also nur unfreiwillig tiefe Einblicke.

Beispiel 2

Ebenso wie Manfred Zsak gehören Franz Wohlfahrt und Andreas Ogris zur Generation 90/98, der Nachfolge-Partie der Cordoba-Generation. Die beiden sind aktuell Sportdirektor und Chef-Coach der Wiener Austria, eines Traditionsvereins und Millionenunternehmens. Und sie haben keine Scheu, sich öffentlich ganz offen zu präsentieren. Wie etwa in diesem Clip wo die beiden ihren ehemaligen Kollegen Peter Stöger (und überraschenderweise nicht nur dessen Gesicht, sondern auch sein Gemächt) beschreiben.

Bitte anschauen:



Wie gesagt: das ist die sportliche Führungs-Crew eines heimischen Spitzenvereins, und nicht der Sparverein-Stammtisch beim Branntweiner ums Eck. Den Friseursalon leitet glücklicherweise Ogris' Frau.

Und da der Kontext, in dem der Clip gesendet wurde, ein positiv-bekräftend-bestärkender war, ist die Aussagekraft über die Distanzlosigkeit mit der der heimische Fußball-Journalismus ans Objekt seiner Berichterstattung herangeht, umso frappanter.

Beispiel 3

Heute berät das Austria-Präsidium über den Trainer, der zur nächsten Saison kommen und Ogris (der danach wieder ins zweite Glied zurücksteigen wird) ablösen soll.

Franz Wohlfahrt hat alle seine ehemaligen Auslandsstationen (also Stuttgart) angefahren und sich über die alten Kumpel (Bobic, Balakov, Soldo) und einschlägige Kontakten (Veh, Magath) bis hin zu immerhin einem einzelnen Nicht-Stuttgart-Kandidaten (Mirko Slomka, den allerdings der ÖFB schon einmal wollte) vorgewühlt, also umfangreiche Pionierarbeit geleistet. Zumindest vom Maulwurfshügel der Austria Wien aus gesehen.

Heute bekommt ein Kandidat (Slomka hat sich schon verabschiedet, er wird nach Hannover gehen) den Zuschlag, mit dem dann weiterverhandelt wird. Jeder auf dieser Liste wurde vom neuen Sportchef vorgeschlagen - trotzdem sichert er sich ab. Über einen "Journalistenfreund bei einer Tageszeitung" lässt Wohlfahrt gestern in der Kronen-Zeitung etwas ausrichten, und zwar nicht in Interview-Form, sondern als die von Zsak angesprochene klassische Annonce.
Zitat: "Wohlfahrt scheut sich nicht, große Namen anzusprechen, mit ihnen konkret Verhandlungen zu führen. Wer es letztendlich wird, ist aufgrund der violetten Vereinsstruktur nicht seine alleinige Entscheidung, auch wenn sein Wort natürlich Gewicht hat."

So putzt man sich schon im Vorfeld geschickt ab: es war ja nicht seine Entscheidung; schließlich ist er ja auch nicht Sportvorstand wie der die gesamte Zeit in diesem Job überforderte Thomas Parits, sondern nur Sportdirektor. Und wenn es wegen der (hohen finanziellen) Forderungen der ganz großen Stars dann eben nicht Magath, sondern nur eine kleinere Nummer werden wird, dann kann Wohlfahrt in jedem Statement mitschwingen lassen, dass es, wäre es nach ihm gegangen, sicher anders (besser) gelaufen wäre. Diese Vorgangsweise klingt sehr schlau, vor allem wenn man sie so betrachtet, wie das im Friseursalon-Milieu üblich ist.

Andreas Ogris wird in Wohlfahrts Plan (und letztlich war das die einzige von vornherein feststehende und zentrale Konstante) auch bedacht: er soll Co-Trainer bei whoever werden, um so (offizielle Begründung) wenigstens die Entourage-Kosten gering zu halten.

Sollte mit einem echten Vollprofi wie Slomka, Veh oder Magath verhandelt werden, kann es eine solche Lösung nicht geben: selbstverständlich bringen große, international denkende Coaches ihren Stab mit, Ogris würde in einer solchen Konstellation als dritter Co-Trainer von links nicht mehr Befugnisse als der Super-Leo bekommen.

Also.

Wirklich durchdacht ist der "internationale Coup", den die Austria vor hat, also nicht: ein Altinternationaler fragt bei seinen Buddies durch, schlägt dann alle verfügbaren Haberer aus dem Stuttgarter Umfeld vor, ohne einen realistischen Blick aufs Gehaltsgefälle zwischen Deutschland und Österreich zu richten, kümmert sich vorrangig um die Versorgung seines Frisiersalon-Haberers und putzt sich prophylaktisch schon vor der Entscheidung, mit wem aus seiner eigenen Liste er jetzt konkret verhandeln soll, ab. Ob das der stabile Boden sein kann, auf dem eine neue Ära Platz finden muss, sei dahingestellt.

Was wirklich gut und fest hält, ist jedenfalls die immerwährende Koalition mit den Journalistenfreunden, die man im Gegenzug mit exklusiven Informationshappen füttert.