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Anna Mayumi Kerber Nairobi

Reportagen und Geschichten aus Ostafrika.

14. 5. 2015 - 16:12

Militärcoup in Burundi?

Der Präsident darf nicht einreisen. Zehntausende sind geflohen. In der Hauptstadt Bujumbura wird in den frühen Morgenstunden geschossen. Gerade weiß keiner, was wirklich los ist.

Granaten und schwere Gefechte. Vor dem Frühstück wird geschossen. Der Coup wurde Mittwochnachmittag angekündigt. Jetzt ist der Flughafen in der Hauptstadt Bujumbura geschlossen und auch die meisten Landgrenzübergänge.

Godefroid Niyombare führt den Putsch in Burundi an. Er ist ein alter Freund von Präsident Pierre Nkurunziza. Seite an Seite haben sie in dem 13-jährigen Bürgerkrieg gekämpft. Später repräsentierte er das Land als Botschafter in Kenia. Dann wurde er gefeuert.

gabriel joselow

Februar 2015. Präsident Nkurunziza kündigt seine Kandidatur für die Wahlen im Juni an. Eigentlich darf er nicht. Weil er schon seit zwei Amtsperioden an der Macht ist. Eine dritte ist verfassungsrechtlich nicht erlaubt.

Niyombare war dagegen. Ebenso wie die Tausenden, die auf den Straßen gegen den Entscheid protestierten. Die Streitkräfte unterdrückten sie mit Waffen. Der Präsident ging vor das Gericht. Er gewann. Er darf nun offiziell kandidieren.

Das fanden nicht nur seine Landsleute inakzeptabel, sondern auch die regionalen politischen Leader. Nkurunziza flog vergangene Woche zu einem Gipfeltreffen im benachbarten Tansania, um die Wogen zu glätten.

Zehntausende sind aus dem Land geflüchtet. Die meisten sind im benachbarten Ruanda oder Tansania. Sie ahnten, dass etwas schief laufen würde.

Gestern nahm Niyombare das Mikrofon einer privaten Radiostation in die Hand und verkündete, dass die Regierung nun aufgelöst ist und der Präsident von seinem Amt enthoben. Dann bat er noch die Bevölkerung das Leben und Eigentum anderer zu achten.

Burundi

Obwohl einer der kleinsten Staaten der Welt ist Burundi doch dicht besiedelt. Über zehn Millionen Einwohner leben auf einer Fläche von knapp 28.000 Quadratmeter - kleiner, als Nieder- und Oberösterreich zusammengerechnet.

Am Ende des 19. Jahrhundert wurde es der Kolonie Deutsch-Ostafrika unterstellt. Dann herrschten die Belgier. Die Unabhängigkeit wurde 1959 bewilligt - damals noch an Ruanda-Urundi. Ein halbes Jahr später teilten sich die Staaten. Und damit auch die Geschichte der Kämpfe zwischen Hutus und Tutsis - wie im benachbarten Ruanda.

Es folgte eine Reihe von Putschen und eine unübersichtliche Liste von Generälen, Parteien, Gegenbewegungen und Friedensabkommen, für die sich die Weltöffentlichkeit in Form von UN-Mandaten sowie Mandela und Clinton engagierten, die aber nicht hielten. Die meisten Burundis haben einen guten Teil ihres Lebens im Exil verbracht.

Burundi ist heute eines der ärmsten Länder der Welt. Etwa ein Drittel des Bruttosozialprodukts stammt aus der Landwirtschaft. Es sind überwiegend Kleinbauern. Über 90 Prozent der Exporte bestehen aus Kaffee.

Seit über einer Woche sind die meisten Läden in der Hauptstadt Bujumbura geschlossen. Auf der Straße scharen sich Menschengruppen um Radiogeräte, um den aktuellen Stand der Dinge mitzuverfolgen. Die Auswahl der Sender ist begrenzt. Zahlreiche Radiostationen und andere Nachrichtendienste wurden - teils unter Gewaltanwendung - geschlossen.

Für einige Tage waren es nationale Sicherheitskräfte gegen die Bevölkerung. Jetzt bekämpfen sich Polizei und Militär. Gerüchten zufolge, soll seit Donnerstagfrüh auch das Militär gespalten sein.

Die Polizeibeamten in Burundi gehören ethnisch hauptsächlich der Volksgruppe der Hutus an. Die Soldaten des Militär sind teils Hutus und Tutsis - in einem Verhältnis von etwa 60 zu 40.

UPDATE 15. Mai: Militärputsch offenbar gescheitert (ORF.at)

Generell hat die Bevölkerung die Nase voll von Bürgerkriegen. Und im alltäglichen Leben haben sich Beziehungen zwischen verschiedenen Volksgruppen weitgehend normalisiert.