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Susi Ondrušová

Preview / Review

9. 5. 2015 - 14:00

Wohin mit dem Hass?

Amira Ben Saoud, Manfred Gram und ihre Haikus zum Thema Hass.

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Wenn man mich fragen würde, was ich hasse, was würde ich antworten? Vieles. Alles was braun ist mag ich nicht so.

Wenn man mich detailliert fragen würde, welche literarische Form ich hasse, ich würde schreien: HAIKUS!

Milena Verlag

"Wie Man Hassen Soll" ist im Milena Verlag erschienen.

Dreizeilige Gedichte, die kürzesten, die es im Gedichte-Genre gibt und wenn man es streng nimmt, dann ist ein Haiku, wenn auch noch die korrekte Silbenanzahl vorhanden ist. 5-7-5. Vergleichbar mit Kleidung, ist ein Haiku wie ein enggeschnürtes Korsettkleid. Ich hasse das. Das Thema vom Buch „Wie man hassen soll“ hat mich mitten in mein hasserfülltes Herz getroffen. Reduktion und strenge Form können natürlich auch ihren Reiz haben, aber: würg. Ich krieg keine Luft.

Die beiden Autoren Amira Ben Saoud und Manfred Gram haben nicht ein, nicht zwei, nicht drei, sondern 555 Haikus „gegen alles“ geschrieben. Ihr Buch „Wie man hassen soll“ versammelt schön in Kapiteln aufgeteilt dreizeilige Gedichte über das Dagegensein. Sie schreiben über kleine und grosse „alltägliche Ärgernisse“.

Es gibt das Kapitel „Liebe, Sex und Zärtlichkeit“ darin findet sich dieser Haiku:

STINKLANGWEILIG
Selbst deine Fürze
Haben keine Würze mehr.
Du bist Fadgas pur.

Im Kapitel „Hip, in und hin“ finden wir dieses vor:

Prioritäten I
Work-Life-Balance beim
Jobeinstieg ist mir wichtig:
Generation Y.

Auch Sternzeichen kriegen was ab!

LÖWE
Nützt eh nix, wenn ich
sag, dass du eitel bist, weil:
Kritikunfähig!

Im Kapitel „Schwer vermittelbar“ folgt:

SAHNEHÄUBCHEN
Barista, dein Schaum
ist perfekt! Wo lernt man das?
Auf der Kunstuni

Amira Ben Saoud und Manfred Gram lesen heute am 9.Mai beim Wiener Welle Festival in der Ottakringer Brauerei.

Bei all der umfangreichen poetischen Auseinandersetzung mit „Verachtung, Hohn und Groll“ empfiehlt es sich, das Buch vielleicht nicht in einem aufzusaugen. Während manche Haikus ziemlich humorvoll und abgehoben absurd sind, bauen andere auf Klischees auf, die man – bei aller Liebe zum Thema Hass – eher nicht schwarz auf weiß braucht. Was das Buch mit einem macht, muss man selber ausprobieren. Das schwierige am Gefühl Hass ist ja, dass man sich meistens besser fühlt, weil es jemandem anderen schlechter geht als einem selber. Es ist eine destruktive Macht, wenn man es übertreibt.

Deswegen: mit Vorsicht zu genießen. Oder vielleicht auch mit mehr Witz als ich selbst an die Sache rangehen. Smiley.

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