Erstellt am: 7. 5. 2015 - 18:28 Uhr
The Nul-Pointers
In der Geschichte von Verlierern findet man vorwiegend zwei Verhaltensmuster: Man bemitleidet, tröstet und ermuntert die Armen oder aber man übergießt sie mit Spott und Hohn. "Das ist die österreichische Methode", resümiert Tex Rubinowitz knapp und verweist auf Thomas Forstner - mehr dazu später.
Besonders schön ist es jedoch, wenn man Verlierer (teilweise spät, aber doch) würdigt und ihre Porträts in einem Museum ausstellt. Diese Idee von Kurator Stefan Kutzenberger hat Tex Rubinowitz ebenso einfach wie witzig umgesetzt.
FM4 / Zita Bereuter
The Nul-Pointers läuft von 8. Mai bis 8. Juni im Leopold Museum.
Bei der Eröffnung am 7. Mai spielt Philipp Quehenberger live und Tex Rubinowitz legt Platten auf. Der Eintritt ist frei.
"Ich könnte mich auch für die Sieger interessieren," erklärt Tex Rubinowitz. "Ich finde Siegen einfach uninteressanter. Das hat irgendwas mit Ehrgeiz zu tun. Natürlich sind diese Verlierer auch ehrgeizig gewesen. Aber sie mussten nehmen, was übrig bleibt."
Und übrig blieb in diesen Fällen nichts. Kein Punkt. Zero points.
34 SängerInnen erlitten im Laufe des Eurovision Song Contest (ESC) dieses Schicksal. In den 1960er Jahren war das häufiger der Fall, weil damals jede Nation nur drei Lieder auszeichnen konnte. 1975 folgte die Änderung der Punktevergabe.
FM4 / Zita Bereuter
In Öl auf Holz erinnern die naiven Porträts der VerliererInnen an die Reklamebilder von afrikanischen Friseuren. Tex Rubinowitz sieht sie aber mehr als Votivbilder. Er wollte niemanden exakt abbilden, sondern möglichst viele Stile, Farben und Ausdrücke verbinden. Die Kostüme habe er weggelassen, zu kompliziert sei der Faltenwurf. Stattdessen hat er sich auf die Gesichter konzentriert.
Tex Rubinowitz
Pyrotechnik statt Emotionen
Am liebsten hat er die frühen Dekaden in den 1960er Jahren gemalt. Die Menschen seien damals nicht nur besser gestylt gewesen und hätten bessere Frisuren gehabt. Ihr Geichtsausdruck war intensiver, erklärt Tex. "Weil man in der Schwarz-Weiß-Phase Emotionen im Gesicht darstellen musste. Nicht wie heute über Pyrotechnik, Lichter oder Effekte."
Tex Rubinowitz
Leopold Museum, Vienna
Österreich ist drei mal vertreten: Eleonore Schwarz, eine Operettensängerin, ging 1962 für "Nur in der Wiener Luft" leer aus. Ebenso Wilfried 1988 mit "Lisa, Mona Lisa" und 1991 Thomas Forstner. Dessen Schicksal hat Tex Rubinowitz am meisten bewegt.
Thomas Forstner vs. Chonchita Wurst
"Wenn man das jetzt vergleicht, Conchita Wurst oder Thomas Forstner, dann interessiert mich Thomas Forstners Schicksal weit mehr als das von Conchita Wurst. Wie Conchita Wurst das ausschlachtet, das sieht man eh alles. Aber man sieht nicht das Leid, das Thomas Forstner dadurch hatte."
Zur Erinnerung: Thomas Forstner, ehemaliger Sängerknabe, ersang beim ESC 1989 als Teenager mit "Nur ein Lied" den für österreichische Verhältnisse hervorragenden 5. Platz. Nur Udo Jürgens war seinerzeit besser.
Tex Rubinowitz
Also drängte man den jungen Sänger, es doch nochmal zu versuchen. Das tat Thomas Forstner 1991. Ausgerechnet in Rom sang er von "Venedig im Regen".
"Für mich ein guter Song - man muss einfach den Text weghören", erklärt Tex Rubinowitz und beschreibt fast entschuldigend die "Bühnenshow": "Er sah leider nicht gut aus. Er hatte ein albernes kleines Torrerojäckchen mit Pailletten an und eine Art Rollkragenpullover, der direkt in die Hose überging - ein Pulloveranzug. Hüftig gebauscht in Flieder. Dazu einen mörderischen Vokuhila. Und er hat sich sehr ungünstig bewegt. Seinen Kopf so wie ein Huhn, das festgehalten wird und dem grad der Kopf abgeschlagen wird. So sah der aus in seiner Not. Bzw. so könnte man das hineininterpretieren - vielleicht ging es ihm eh gut."
Wie auch immer - Thomas Forstner bekam für die Darbietung keinen einzigen Punkt.
Da hätte man ihn auch einfach trösten können, meint Tex Rubinowitz. Nach dem Motto "Ok, du hast es versucht und jetzt lassen wir das." Aber nein, er wurde zum Spott der Nation. "Er ist dann zurück gekommen, ihm sind alle Haare ausgefallen, er hat sich total versteckt und ist unsichtbar geworden. Das ist das Schicksal, das mich am meisten interessiert."
FM4 / Zita Bereuter
"Venedig im Regen" ist auch der Song, den die Band Mäuse am Montag, 18. Mai, im Haupthof im MQ live spielen wird. Eine Stunde lang wird die Nummer interpretiert.
FM4 / Zita Bereuter
Spät aber doch werden die "Ikonen des Scheiterns" porträtiert. Das ist sehr schön.