Erstellt am: 3. 5. 2015 - 16:00 Uhr
Wir sind Babys
Einmal mehr Hot Chip. Kann es selten zu viel geben. Ihr demnächst erscheinendes Album "Why Make Sense?" ist ihr schönstes seit Langem, der Non-Album-Track "Burning Up", der auf einer Bonus-EP enthalten ist, zeigt wieder einmal, wie man die ganz großen Gefühle, das ganz prächtige Glühen in einen kleinen, intimen Song packt.
Bei allem farbenfrohen, superversatilen Stilpluralismus und den geschickten Genre-Aneignungen zwischen 2-Step, Dubstep und House ist den englischen Alleskönnern bisweilen das Händchen für das gute, alte, konservative Lieder-Schreiben ein bisschen zittrig geworden.
"Burning Up" ist jetzt aber so ein feines Liedchen geworden, das vor allem von seinem Inhalt lebt, vom Text und Gesang, von echten, nachvollziehbaren Emotionen kündet, von Erinnerungen, von kuscheliger Nostalgie; den ganzen Authentizitätsquatsch dann aber wiederum mit einem höchstmöglichen Verfremdungseffekt unterwandert: Zärtliche Androiden singen hier wieder einmal vom Ältergewordensein, vielleicht ein bisschen vernünftig, gar erwachsen. Die Stimmen, zunächst von Alexis Taylor, am Ende von Joe Goddard, sind während des gesamten Stücks von bis zum Anschlag gedrehten Autotune gesteuert. Cher ist neidisch.
Früher waren wir jünger. Gestern waren wir besser. "Burning Up" erzählt also vom langsamen Verglühen und vom guten wilden Leben im jugendlichen Überschwang, von der Energie und der Inbrunst: "Let's fuck shit up / Let's go for a roller coaster ride / Even a shit roller coaster ride". Auch wenn es schlecht war, war es gut. Und zwar gemeinsam, mit einem Partner-in-Crime oder einer geliebten Person: "Let's pretend, let's go all night / Maybe split the difference".
Die Zeit vergeht, die Tage werden ruhiger, die Nächte kürzer. Die Funken fliegen nicht mehr stündlich, es lodert jedoch ein konstantes, die Brust wärmendes Feuer im Leben, in der Beziehung. "I haven't seen you for ten days or so / And I've been counting / Like a child with a fever / You know I'm burning up", heißt es in der letzten Strophe.
Gegen Ende singt Joe Goddard, hier und heute, in einem wunderbaren, speziell nachfühlbaren Bild von einem Moment großen Glücks: "Hearing teenage symphonies / Dancing through my head". Ein kurzer Augenblick, in dem wir mit geschlossenen Augen in die Kindlichkeit und Naivität zurückkehren, alles war neu und die ganze Welt lag uns zu Füßen. Wie sind wir im Heute angekommen? Wir schauen zum Fenster hinaus und sehen auch heute Sonne oder Regenbogen. Wir leben gern.