Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Das Fleisch ist billig und der Geist ist schwach."

Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

26. 4. 2015 - 13:58

Das Fleisch ist billig und der Geist ist schwach.

Verwischte Unterscheidungslinien zwischen Mensch und Maschine oder Mensch und Tier. Flimmern - der assoziative Wochenrückblick

Jenny Holzer "Truisms," 1977–79

Jenny Holzer

Wir haben uns zwischen 1788 und 1799 entschieden, vorzugeben, unser Handeln als gesellschaftliche Kollektive beruhe auf Allgemeingültigkeit, Gleichheit und Unteilbarkeit. Dass wir so handeln sollten, dass die Maxime des eigenen Willens jederzeit als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.

Diese Regeln und Rechte galten und gelten für menschliche Wesen. Nicht-weiße Menschen und Frauen zählten damals an vielen Orten der Welt noch nicht in diese Kategorie, Heute tun sie es theoretisch schon - praktisch immer noch nicht. Die Vereinigten Staaten schafften die Sklaverei am 18. Dezember 1865 ab, Brasilien als letztes Land der Welt am 13. Mai 1888. Dass Menschenrechte allgemeingültig sind, das werden heutzutage nicht einmal die widerlichsten Schurk_innen leugnen. OK, einige, die sich auf fiktive Entitäten berufen, in Kenntnis deren Willens sich die Schurkinnen glauben, vielleicht schon.

Erklärung der Menschenrechte

Gemeinfrei

Erklärung der Menschenrechte

Was geschieht aber mit uns, diese angeblich die Rechte und Regeln achtenden Gesellschaften, wenn nicht-menschliche Wesen oder Erkenntnisse auftauchen, die die Unterscheidungslinien zwischen Mensch und Maschine oder Mensch und Tier derart verwischen, dass wir eigentlich auch nicht-menschlichen Kreaturen Freiheit, eigenen Willen, körperliche Unversehrtheit und Besitz zugestehen müssten.

In tausenden Science Fiction-Werken, wurde und wird dieses Thema verhandelt. In Philip K. Dicks Roman "Do Androids Dream of Electric Sheep" aus dem Jahr 1968, der als Vorlage für Blade Runner diente, war das Unterscheidungsmerkmal zwischen Mensch und Maschine nicht Intelligenz, sondern Empathie. Tiere wiederum sind zu Empathie fähig und auch andere für das Menschsein postulierte Kriterien erfüllen sie.

2013 zog das Non Human Rights-Project im Namen von zwei Schimpansen - Leo und Hercules - in New York vor Gericht und argumentierte mit einem aus der Zeit der Sklaverei stammenden Rechtsgrundsatz, dem Habeas-Corpus. Das Habeas-Corpus-Recht schützt Personen und definiert diese nicht notwendigerweise als Menschen.

Auch die moderne Persönlichkeitsforschung findet keine kategorische Unterscheidung zwischen Mensch und Menschenaffe: Beide sind autonome Wesen mit Selbstwahrnehmung, Selbstbestimmung und Zeitgefühl.
Wie viele andere nicht menschliche Lebewesen haben sie laut Forschung Gefühle und komplexe soziale Beziehungen. Sie verwenden Sprache und Werkzeuge und geben solches Wissen über Generationen weiter.

Deshalb gilt laut der Entscheidung des obersten Gerichts bei der Freiheitberaubung der Schimpansen Leo und Hercules dasselbe Prinzip, wie bei menschlichen Häftlingen. Sie dürfen nicht ohne Angabe von Gründen inhaftiert werden. Bereits Ende letzten Jahres hat ein Gericht in Buenos Aires Sandra, einer Orang Utan-Dame, diese Rechte, also Recht auf Freiheit zu gesprochen.

Orang Utan

CC BY-SA 2.5, Kabir Bakie

Das ist nicht Sandra sondern ein Orang Utan aus Cincinatti - CC BY-SA 2.5, Kabir Bakie

Vielleicht darf ich es noch erleben, dass Zoos als barbarische Relikte für immer ihre Pforten schließen, was so warscheinlich ist wie ein Sex-Shop in Mekka.

Halal ist ein arabisches Wort, bedeutet "erlaubt" und bezeichnet alle Dinge und Handlungen, die nach islamischem Recht zulässig sind. Auf jedem großen Nachrichtenportal der Welt war letzte Woche zu lesen, dass der Geschäftsmann Abdelaziz Aouragh mit geistlichem Segen einen Halal Sex-Shop in der heiligen Stadt eröffnen werde. Was beim Abschreiben von der marokkanischen Seite Alyaoum24 verloren ging, ist der Konjunktiv, er **würde** gerne eröffnen. Abdelaziz Aouragh betreibt momentan von Amsterdam aus einen Webshop, in dem zur Paarung anregende Düfte verkauft werden (wo wir wieder bei der Frage der Mensch-Tier-Unterscheidung wären).

Mit den Düften der Toten will Katia Apalategui reich werden. Sie behauptet, aus Kleidungsstücken den Geruch der Verstorbenen destilieren und in Flaschen abfüllen zu können - mit Hilfe einer Universität. Für nur 560 Euro das Fläschchen.

Tote - besonders wenn sie in feuchter Umgebung liegen - produzieren Fett, das sogenannte Leichenlipid. Auch dafür hat man bereits Verwendung gefunden. Letzte Woche stieß ich auf das Abstract eines Meetings des 49. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC), 42. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen e. V. (DGPRÄC), 16. Jahrestagung der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen e. V. (VDÄPC):
Leichenfett - Ein Irrweg in der Brustchirurgie. Also Vorsicht bei all zu günstigen Implantatangeboten, die könnten aus Leichenfett sein.