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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

26. 4. 2015 - 13:36

Misanthropen für immer

Isabella Straubs neuer Roman "Das Fest des Windrads" führt schnurstracks in die Provinz. Schön ist es dort nicht.

Der erste Satz ist ausschlaggebend, weiß Greta Kaminsky. Blöd nur, dass die Managerin nie dazu kommen wird, ihren wohl bedachten Satz auszusprechen. Mit dem Wissen um die Bedeutungshoheit erster Sätze eröffnet die in Klagenfurt lebende Isabella Straub ihren zweiten und neuen Roman "Das Fest des Windrads".

Als ob sich die Autorin zugleich über die Tipps des Creative Writings amüsiert. Treffender Humor ist ein zentrales Element dieses Romans - treffend durchaus im Sinne von Sticheleien. Straub geht mit ihren Hauptfiguren so schonungslos um wie diese mit ihren Mitmenschen.

Technische und andere Gebrechen

Das Cover zu "Das Fest des Windrads" zeigt eine Hand, die mit einer Schere Gras stutzt

Aufbau Verlag

"Das Fest des Windrads" von Isabella Straub ist bei Blumenbar erschienen

Durch ein technisches Gebrechen hält ein Zug ungeplant im österreichischen Nirgendwo, zwischen den Feldern. Managerin Greta Kaminsky muss jedoch dringend zu einer Messe nach Italien. Dort erwartet sie ihre Beförderung. Ohne Rücksicht auf mögliche Hochspannung türmt sie aus dem Intercity. Ausgerechnet in jenem Augenblick, als der alleinstehende Taxifahrer Jurek endlich die Brüste einer Bekannten in der Dunkelheit erfühlen darf, taucht Kaminsky auf und verlangt eine Taxifahrt zum nächsten Bahnhof. Doch Jurek hat anderes im Sinn.

Einmal angekommen im vielsagenden Ort Oed am Tiefen Graben gibt es so schnell kein Entkommen. Die Attraktionen der Ortschaft sind eine Klinik für Burnout-Betroffene und ein riesiges Windrad. Letzteres soll einem Kunstwerk weichen, der Bürgermeister glaubt noch immer an Aufschwung und das alte Windrad soll brennen.

Eine Seifenopfer der Midlife-Crisis

Isabella Straub steht im Grünen und freut sich

Stefan Schweiger

Bis einem die Landlust vergeht: Isabella Straub erzählt von der Ödnis der Provinz

Genügend Gelegenheiten werden sich bieten, um Greta Kaminsky Stoff für ihre abfällige Weltsicht zu liefern. Mit ihr lernt man das ganze Dorf kennen, Oed und Niederoed dazu. Keiner wird verschont. Sympathie ist ein Fremdwort für die weibliche Haupfigur, die immer die Rolle der Geliebten einnimmt, nie aber Freundin oder gar Frau wird.

Jurek hat auch nicht mehr für seine Mitmenschen über, seit ihn seine Frau verlassen hat und in die Stadt gezogen ist. Botendienste sind ihm deutlich lieber als Fahrgäste. Doch wie Greta kreisen seine Gedanken allzuoft um erhofften Sex. Diese zwei Mitvierziger wollen weder seltene Hühnerrassen züchten noch Marmelade einkochen. Sie stecken fest in der Provinz und in ihren Krisen. Beim Lesen muss man unweigerlich an die Figuren in David Schalkos "Braunschlag" denken. Schließlich holt Greta eine Nachricht ein.

"Die Pflanzen schlingen sich um Gretas Waden, reißen sie zu Boden. Und dann liegt sie da, keuchend, mit verdrehten Gliedern, als hätte sie einer abgestochen. Die zerklüftete Erde ist noch warm von der Nachmittagssonne, eine stachelige Hand, die sie hält, und Greta ist zu ihrer Überraschung ganz ruhig."

Übrigens: Es ist wieder Wortlaut-Zeit!

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2011 hat Isabella Straub den FM4-Kurzgeschichtenwettbewerb "Wortlaut" gewonnen. Ja, mit Kurzgeschichten fing Isabella Straubs Autorenschaft an. Sieht man von ihrem Beruf als Werbetexterin ab.
Jetzt sind noch wenige Tage Zeit: Bis 5. Mai läuft der diesjährige FM4 Kurzgeschichten-Wettbewerb Wortlaut. Du könntest dich also noch ans Schreiben machen. Das Thema ist WILD - und zwar großgeschrieben. So, dass entweder das Wild im Sinne der jagbaren, wild lebenden Tiere vorkommen kann oder das Adjektiv wild.