Erstellt am: 17. 4. 2015 - 11:45 Uhr
"Wir können 'Möse' auf den Titel packen!"
Seit 2008 beglückt uns das missy Magazine aus Berlin vier Mal im Jahr mit Popkultur aus feministischer Sicht: von Interviews mit Popstars wie Kate Nash, Kathleen Hannah oder Sleater Kinney über interessante Kunstprojekte und Mode bis zu einem großen (Musik-)Rezensionsteil.
Jetzt hat das Magazin eine Crowdfunding-Kampagne zum Ausbau der Website und der Redaktion gestartet. Im Pledge-Video sieht man die Redakteurinnen „verpeilt“ aber lustig in der Redaktion arbeiten. Sie wünschen sich mehr Politik, mehr Diskurs auch mehr Porno, mehr Pommes oder einfach nur mehr missy.
missy Magazine/Alicia Kassebohm
Debatten vervielfacht
"missy gibt es seit 2008 also seit sieben Jahren", sagt Katrin Gottschalk - head of missy-Internet und Koordinatorin der Crowdfunding-Kampagne. "Und seitdem haben sich gewisse Debatten einfach viel weiter entwickelt. Feministische Themen oder Gender-Themen spielen mittlerweile ja fast täglich eine Rolle in dem einen oder anderen Medium. Dementsprechend gibt es da auch viel Rede- und Diskussionsbedarf."
Weil die missy-Redaktion gerne aktueller als alle drei Monate auf solche Debatten reagieren möchte - beziehungsweise, weil Beiträge zu solchen Debatten immer wieder von Leserinnen eingefordert werden, soll nun mit der Crowdfunding-Kampagne die Website und die Online-Redaktion ausgebaut werden. Auch, um sich mit manchen Themen fundierter auseinander zu setzen. "Wir wollen da nicht bei diesem PingPong-Spiel in den Medien mitmachen: Ist der Feminismus jetzt sexy oder nicht? Wir wollen tiefer gehen und fragen: Wie könnte eine gerechtere Gesellschaft aussehen?"
Finanzierungsziele
Derzeit arbeiten drei Frauen fix für die missy, die aber alle noch weitere Jobs haben. Das Magazin ist 2008 mit 25.000 Euro gestartet, das die Gründerinnen in einem Contest gewonnen hatten. Seitdem finanziert sich das Magazin selbst und erscheint im Eigenverlag. Allerdings kommt nicht genug Geld herein, um die Redaktion damit voll zu finanzieren: "Es gibt bei missy keine Trennung zwischen Textredaktion und dem Rest", sagt Katrin Gottschalk. "Eine Redakteurin macht nebenbei noch die Buchhaltung, eine andere macht dazu noch Facebook und Twitter und obendrauf kommt, dass wir nicht acht Stunden jeden Tag missy machen, sondern eben noch andere Jobs haben."
missy Magazine/Alicia Kassebohm
Mit dem Geld, das durch das Crowdfunding hereinkommt, soll missy weiter ausgebaut werden. Dabei hat sich dir Redaktion drei Finanzierungsziele gesetzt: 35.000 Euro ist das niedrigste Ziel, dass sie auf alle Fälle schaffen wollen: damit kann die Website ausgebaut werden und zwei neue Stellen geschaffen werden. Die Stellen wären dann für Online-Redaktion und für Online-Marketing und Anzeigenverkauf vorgesehen. Wenn 60.000 Euro zusammenkommen, dann könnte das Heft öfter erscheinen, also sechs Mal im Jahr. Und wenn die 90.000 Euro-Grenze geknackt wird, wäre sogar eine missy Veranstaltungsreihe an verschiedenen Orten im deutschsprachigen Raum geplant.
Katrin Gottschalk betont, dass die Beträge jeweils eine Art Startkapital darstellen sollen. Im Gegensatz zum Format "Krautreporter" sollen nicht fixe Stellen geschaffen werden, die dann ein ganzes Jahr mit einem gewissen Gehalt ausgestattet sind. "Sondern dass wir uns mal ein halbes Jahr, oder vielleicht nur vier oder fünf Monate ausschließlich auf missy konzentrieren und eine neues Konzept entwerfen, wie unsere Website aussehen soll. Was wir brauchen, um mit dieser Website auch ein bisschen Geld zu verdienen usw." Mit Online-Finanzierung könne man schon einiges erreichen, meint Gottschalk, denn missy habe ja ganz andere Strukturen als beispielsweise eine Tageszeitung. Trotzdem ist immer noch vorgesehen, dass die Redakteurinnen auch andere Jobs haben - zumindest um sich das "gute" Leben leisten zu können.
Mit der Community
missy Magazine
Die missy-Redaktion wendet sich mit ihrem Anliegen an die Crowd, sagt Katrin Gottschalk, weil sie mit ihren Leserinnen eine aktive und interessierte Community hat. Das Heft als Produkt an einen Verlag zu verkaufen kommt nicht infrage, denn die Leserinnen würden gerade die Unabhängigkeit des Popkulturmagazins schätzen: "Dass wir zum Beispiel Titelzeilen machen können, wie die aktuelle 'Wir scheißen zurück'. Oder dass wir das Wort 'Möse' auf den Titel packen können - solche Freiheiten hat man nicht unbedingt in einem großen Verlag, der profitorientiert arbeitet."
Deswegen ist also jetzt die Crowd gefragt. Wer missy finanziell unterstützt, der oder die darf sich über Goodies wie T-Shirts oder Turnbeutel freuen, aber auch Häkelpenisse oder eine Personal Shopping Tour mit einer missy Redakteurin in Berlin oder Hamburg sind im Programm. Auf die Frage, ob das Magazin da nicht sehr auf die Urbane Hipster-Community schielt, meint Katrin Gottschalk: "So funktioniert halt missy. Wir sind schon ein Hochglanz-Magazin, das auch so eine Coffeetable-Ästhetik bedient. Was dann aber wieder ein Trojanisches Pferd ist, weil wir ja doch mit feministischen Themen um die Ecke kommen."