Erstellt am: 13. 4. 2015 - 03:39 Uhr
Geld geben für tolle Projekte
"Ich würde mir selbst keinen Kredit geben", mit diesem markanten Satz hat die Musikerin Clara Luzia - die selbst ihr neues Album über eine Crowdfunding-Kampagne finanziert hat - die Situation für viele Kreative auf den Punkt gebracht. Wenn man für ein Projekt - ein neues Album, eine Modekollektion oder eine Ausstellung - nach einer passenden Finanzierungsmethode sucht, fällt der klassische Weg zur Bank oft weg. Freiberufler/innen sind in der Regel kaum kreditwürdig, verfügen sie doch über kein regelmäßiges Einkommen und wenige Sicherheiten.
Schon vor ein paar Jahren hat sich genau für diese Fälle das sogenannte reward-based Crowdfunding etabliert. Jede/r, die und der Geld (meist Kleinbeträge zwischen 5 und 50 Euro) für das jeweilige Projekt gibt, macht es aus Enthusiasmus heraus, weil man etwas toll findet und unterstützen möchte. Als Dankeschön bekommt man dann die namensgebenden Rewards - T-Shirts, Buttons, signierte Poster, usw. -, die umso wertvoller sind, je mehr Geld man vorher gegeben hat. Ist am Schluss (in vielen Fällen erst ein paar Jahre später) das Projekt umgesetzt, bekommen die Unterstützer/innen - in der Fachsprache "Backer" genannt" - meist auch das jeweilige Produkt geliefert. Dennoch ist diese klassische Form des Crowdfunding seitens der Geldgebenden mehr oder weniger ein Goodwill - man gibt nicht, damit man am Schluss mehr Geld herausbekommt, sondern weil man etwas unterstützen möchte oder einfach will, dass eine bestimmte Sache in die Tat umgesetzt wird.
New in town: Crowdinvesting
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Anders verhält sich die Sache, wenn die Kreativen zu Einzelunternehmer/innen und die Backer zu Investoren werden. Dann spricht man nämlich nicht mehr von Crowdfunding, sondern von Crowdinvestment. Das funktioniert für die Anleger ähnlich, wie wenn jemand bei einer Bank in Wertpapiere investiert und hofft, ein paar Jahre später mehr Geld rauszubekommen als man reingesteckt hat. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007 und 2008 ist das Vertrauen vieler Anleger/innen in derlei Investments naturgemäß erschüttert worden. Dementsprechend schwer haben es nun Klein- und Mittelunternehmen (KMU), für ihre Firmen Geld von Privatpersonen zu lukrieren. Doch nicht nur Clara Luzia, sondern auch diese Unternehmer/innen bekommen von Banken oft keine Kredite und sind auf alternative Finanzierungsmodelle angewiesen. Es steht also das Geld auf den Sparbüchern der Bürger/innen vielen jungen Unternehmen gegenüber, die nach Krediten suchen. Es wäre ein perfekte Paarung, und doch ist es noch weitgehend eine Pattstellung.
Crowdfunding-Infos:
Auf Seite der Unternehmen legt die Finanzmarktaufsicht den Firmen derzeit noch Hürden in den Weg. Man will dubiose Spekulationen und Schneeballsysteme vermeiden und verlangt deshalb ab gewissen Beträgen nach sorgfältiger Dokumentation, die offenlegen soll, wie das Geld in welcher Form genutzt und ob es tatsächlich entsprechend investiert wird. Zentral ist in Österreich die sogenannte Prospektpflicht, die derzeit noch ab 250.000 Euro, die eine Firma als Investment bekommt, verpflichtend ist. Doch demnächst wird im Zuge des Alternativfinanzierungsgesetzes dieser Betrag maßgeblich erhöht werden. Das Lobbying von Wirtschaftsverbänden in Österreich und Deutschland zeigt also Wirkung - kein Wunder, werden dabei doch wichtige Schlagworte wie "Innovation" und "Arbeitsplätze" prominent ins Rennen geführt.
Beispiel für eine Crowdinvesting-Plattform aus Österreich: Green Rocket
Dennoch steht Crowdinvesting erst am Start seiner Karriere, denn nur ein Bruchteil der Finanzierung von KMUs wird darüber erzielt. Die Banken haben ihre Funktion auch bei Privatinvestoren und kleineren Firmen bei weitem nicht verloren. Sie werden wohl schon bald auch diesem neuen, persönlicheren Geben und Nehmen entsprechende Angebote liefern. Es scheint für alle Beteiligten eine erfreuliche Annäherung zu sein: Die Unternehmen wissen, wer an ihnen interessiert ist und machen mit ihren Crowdfunding-Kampagnen nebenher auch Marketingarbeit. Und die Geldgeber/innen investieren ihr Erspartes nicht in irgendwelche abstrakten Wertpapiere, sondern in Projekte, die sie begeistern.
Crowdfunding-Tag auf FM4
Es gibt auf Crowdfunding-Plattformen viel zu entdecken, ein regelmäßiges Vorbeischauen lohnt sich.
Ein paar Beispiele von gerade laufenden österreichischen Kampagnen:
FM4 widmet sich heute (Montag, 13. April) dem Thema Crowdfunding in unterschiedlichen Aspekten.
- Infos aus der Praxis (Morning Show)
Alexander, Maren und das Team vom Verein Freiluft Kultur in Wien sammeln für die Veranstaltungsreihe "Tanz durch den Tag" via einer Crowdfunding-Kampagne Geld. Alexander ist im FM4-Morning-Show-Studio zu Gast und berichtet über die bisherigen Erfahrungen.
- Was hältst du von Crowdfunding? (Morning Show, Connected)
Geld durch die Crowd oder von der Bank? Hast du schon selbst Geld für ein Projekt gegeben, und falls ja, wieviel? Barbara Köppel hat Menschen auf der Straße zur alternativen Finanzierungsform Crowdfunding befragt.
- Crowd-what? (Connected)
Vor ein paar Jahren gab es nur Kickstarter, diese seltsam populäre Plattform aus den USA, über die Privatpersonen mit Kleinbeträgen unterschiedlichste Projekte aus den Kategorien Technologie, Design, Games usw. finanzierten. Das Prinzip Crowdfunding war bald danach auch im deutschsprachigen Raum bekannt, und seit kurzem gibt es auch Crowdinvesting. Was die Unterschiede sind, was künftig verbessert werden wird und wie sehr Crowdfunding schon in unseren Alltag integriert ist, fasst Robert Glashüttner zusammen.
- Crowdfunding im Selbstversuch (Homebase)
Kreative Köpfe mit einer Geschäftsidee haben es seit einigen Jahren leichter: Über Crowdfundig-Plattformen wie Kickstarter oder Indiegogo können sie schnell und unkompliziert das für die Umsetzung notwendige Kapital aufstellen – wenn die Kampagne genug Menschen überzeugt. Michael Fiedler hat den Selbstversuch gewagt und drei konkrete Projekte unterstützt. Eineinhalb Jahre später zieht er Bilanz über seine Investitionen.
- Crowdfunding: Spende, Investment oder Kauf? (Web)
Crowdfunding ist nicht gleich Crowdfunding. Manchmal spendet man Geld, manchmal ist es ein Investment. Hin und wieder bekommt man Rewards. Oder er ist ein Vorabkauf. Diese vielfältigen Möglichkeiten erzeugen manchmal Unklarheiten und Unmut bei den Beteiligten. Was passiert, wenn ein Projekt scheitert? Sind Schwarmfinanzierungen nicht manchmal mehr Hindernis als Chance? Robert Glashüttner bringt einen Kommentar zu den Wirren von Crowdfunding auf fm4.ORF.at.
- Crowdfunding: Games-Finanzierung in Österreich (Homebase)
Im Sommer 2012 hat die österreichische Computerspielentwicklerfirma Cliffhanger Productions für ihr Projekt "Shadowrun Online" eine Crowdfunding-Kampagne im großen Stil auf Kickstarter durchgeführt. Über eine halbe Million US-Dollar wurde eingenommen, am 28. April dieses Jahres erscheint das Spiel nun. Cliffhanger-Chef Michael Paeck spricht mit Robert Glashüttner über die gesammelten Erfahrungen.