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Markus Keuschnigg

Aus der Welt der Filmfestivals: Von Kino-Buffets und dunklen Sälen.

10. 4. 2015 - 16:17

Das lange Warten auf den Krieg

Die fünfte Staffel "Game of Thrones" steht an: Was in der ersten Episode der "besten Serie der Welt" so passiert.

In Österreich ist die fünfte Staffel "Game of Thrones" vorerst nur über Sky zu sehen, dort allerdings immer zeitgleich zur US-Ausstrahlung und in OV.

Ich weiß immer noch nicht genau, wie ich damit umgehen soll. Plötzlich ist etwas, für das ich mein halbes Leben lang mitleidig belächelt worden bin, der heißeste Scheiß unter der Sonne. Dabei weiß ich ziemlich genau wieso. "Game of Thrones" ist Fantasy für Leute, die Fantasy eigentlich peinlich finden. Und das ist nicht einmal etwas Schlechtes. George R.R. Martins Meisterleistung im Entwurf dieses ausladenden Universums war es schließlich, die Grenzen des literarischen Fantasy-Genres zu flexibilisieren und – genauso wie die "Wildlings" die "Wall" hoch im Norden bezwingen und die zivilisierten Lande infiltrieren – Gattungsfremdes einzuschleusen.

Die spärlich dosierten Auftritte von Drachen, Riesen und White Walkers sind eingebettet in einen royalen Historienroman.

Königin

HBO

Macht und Misstrauen

Die Serie, entwickelt von D.B. Weiss und David Benioff, hat sich die vergangenen vier Jahre über zu einem kulturellen Phänomen entwickelt. Und das kommt nicht von ungefähr: Die Drehbuchautoren haben Martins barock überschwängliche Erzählung verdichtet, ohne dabei ihr dramaturgisches Gewicht zu kompromittieren. Perfekt besetzt, mutig und innovativ inszeniert und gestützt von Abermillionen von HBO-Dollars, ist "Game of Thrones" zum Nonplusultra der Dramaserienwelt geworden.

Jon Snow

HBO

Etwas darin trifft den Zeitgeist: Würde man die Befindlichkeit der Westerosi über die letzten vier Jahre in einem Kurvendiagramm ausdrücken, so müsste diese Kurve unaufhaltsam nach unten führen. Sämtliche Sicherheiten erodieren, kaum eine der Figuren bleibt ausschließlich positiv besetzt, überall stinkt es nach Verrat. Der Gegenwartsmensch hat gelernt allem und jedem zu misstrauen. Jedenfalls den Mächtigen und genau die sind es, die diesen mittelalterlichen Kontinent genüsslich entvölkern und in Richtung Untergang peitschen.

Hexe

HBO/Helen Sloan

The Wars to Come (minor Spoilers ahead!)

Die düstere Gemengelage bestimmt jetzt auch den Start der fünften Staffel. Tyrion (Peter Dinklage) und Lord Varys befinden sich, nachdem sie den Lannister-Patriarchen Tywin gemeuchelt haben, im Exil in Pentos. Jon Snow (Kit Harington) versucht den „King-beyond-the-Wall“ Mance Rayder (Ciaran Hinds) davon zu überzeugen, sich dem geschassten Stannis Baratheon zu unterwerfen. Und Daenerys (Emilia Clarke) lässt die bronzene Harpyie, Symbol der Ghiscari, von der Pyramide in Meereen stürzen, während sie ihre Drachen Viserion und Rhaegal nur mehr mit Müh und Not kontrollieren kann.

Junge Frau

HBO/Helen Sloan

In King’s Landing steht das Begräbnis von Tywin an, gleichzeitig erhalten zwei Nebenfiguren erstaunlich viel Aufmerksamkeit: Loras Tyrell (Finn Jones), der Knight of Flowers, darf sich nicht nur nackt im Bett mit einem seiner Lustknaben räkeln, der hochmütige Schönling unterschätzt auch die Lannisters, im Besonderen Königsmutter Cersei. Das wird sich – wie Leser der Bücher wissen – noch bitter rächen. Und auch Lancel Lannister, Betthäschen der Inzest-geübten Cersei, hat einen bemerkenswerten Auftritt: die blonde Mähne abrasiert, den vormals drahtigen Körper aufgepumpt, gibt er zu verstehen, dass er ein "Sparrow" ist, und damit Mitglied in einem streng gläubigen Orden.

HBO

"The Wars to Come" ist der Titel der ersten Episode der fünften Staffel und auch wenn man die Bücher nicht gelesen hat, kann man erkennen, wer sich mit wem wo gegen wen in Stellung bringt. Michael Slovis, der sein "Game of Thrones"-Regiedebüt gibt, ringt dem Gewusel etliche bemerkenswerte Sequenzen ab, etwa wie die Harpyie über eine Pyramidenseite gen Boden saust. Vor allem amüsiert aber sein Erfindungsreichtum beim Verbergen männlicher Geschlechtsteile. Also ja, auch in der fünften Staffel gibt es wieder viele Nackerte. Alles beim Alten. Sehr schön.