Erstellt am: 10. 4. 2015 - 17:18 Uhr
Get your butt to Pluto!
Komplexe Simulationen waren nie meine Sache. Als ich Ende der 80er Jahre zum ersten Mal "Elite" sah, war ich in erster Linie vom Donauwalzer tanzenden 3-D-Raumschiff aus der Introsequenz fasziniert. Das eigentliche Spiel mit dem Erobern des Weltraums, den Missionen und den Dogfights war mir egal. Es wirkte zu karg und kompliziert.
25 Jahre später hat sich diesbezüglich wenig verändert. Kollege Burstup hat mich Ende letzten Jahres wie eine gemeine Hexe ausgelacht, als ich verzweifelt versucht habe, mit Oculus Rift in "Elite: Dangerous" das Schiff in einer Raumstation zu landen. Nach ein paar Minuten hilflosem Herumziehen auf dem Spezialcontroller bat ich um Unterstützung und habe kurz danach Burstups Gekudere entnommen, dass ich verkehrt herum und kopfüber versucht habe anzudocken. Schnell wieder zurück zu etwas buntem, das simpel zu bedienen ist, Robert!
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Raumschiffe bauen für alle
Natürlich finde ich Science Fiction und auch Raumschiffe toll - solange ich nicht Stunden damit zubringen muss, irgendwelche Knöpfe und Hebel in der richtigen Reihenfolge drücken oder ziehen zu müssen. Die bunte Arcade-Dogfight-Spiele-Seifenoper "Ace Ferrara" aus dem Vorjahr hat mir hier etwa in die Hände bzw. in meine Space-Game-Vorlieben gespielt. Und jetzt ist ein Indie-Klassiker aus den ausgehenden 2000er Jahren zurück: "Captain Forever"!
"Captain Forever" ist ein fantastisches Flash-Game, das 2009 eines der ältesten Videospielmechaniken - das Raumschiffchen-im-Weltraum-Abschießen à la "Asteroids" - auf ein neues Level gehoben hat. Unser Schiff ist eigentlich nur ein winziges, quadratisches Element, kann aber mit unterschiedlichen Modulen zu beliebiger Größe erweitert und dementsprechend mächtig werden.
Das originale "Captain Forever" war ein in Retro-Optik und Computer-Terminal-Ästhetik präsentiertes Spiel. Das Team von der sich derzeit in der Entwicklung befindlichen Neuauflage "Captain Forever Remix" setzt hingegen eher auf ein farbenfroh gezeichnetes, verspieltes Drumherum. Das schlägt sich auch in der Story nieder: Ein kleines Mädchen und ihr gleichaltriger Bruder langweilen sich ein wenig. Das Abendessen ist noch nicht fertig und im Fernsehen läuft nichts Vernünftiges. Warum also kein Spiel spielen? Gesagt, getan. So wird aus ihm King Kevin, der böse Herrscher des Sonnensystems und aus ihr Captain Forever - die Retterin der Galaxis.
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Pew, pew
Wie im Original ist auch beim "Remix" unser Schiff zunächst nur ein kleines, quadratisches Ding, doch wir können an allen vier Seiten weitere Module dranstecken. Es gibt zunächst die Standardelemente, die das Schiff einfach größer machen. An denen können wir dann etwa diverse Waffen oder Antriebsmotoren montieren. Das funktioniert mit einfachem Drag-and-Drop. Je nachdem, wie wir unser Schiff konstruieren, wird es wahlweise kompakt und wendig oder groß und langsam.
King Kevin schickt von Anfang an seine tierischen Soldaten aus. Zuerst sind es nur kleine Schiffchen, die recht einfach abzuschießen sind, doch je näher wir von der Sonne in Richtung Pluto vordringen, desto größer und tödlicher werden unsere Gegner. Das Interessante ist das System, wie wir selbst stärker werden - nämlich nicht, in dem wir uns neue Schiffe oder Gegenstände kaufen. Sondern wir sammeln die Wrackteile jener Space Ships ein, die wir abgeschossen haben und machen damit unser eigenes Schiff größer und gefährlicher. Je länger wir spielen, desto wertvoller und standfester werden auch die Module. Irgendwann ist unser Schiff aber so riesig und träge, dass uns die Feinde von unserer Schlachtschiff-Größe bald wieder zu dem kleinen Quadrat runterschießen, das wir eigentlich sind.
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Der Geduldigen gehört das All
"Captain Forever Remix" ist derzeit in der Early-Access-Phase um rund 15 Euro für Windows, Mac und Linux auf Steam erhältlich.
"Captain Forever Remix" ist kinderleicht zu lernen und doch gehört viel Geschick, Geduld und natürlich auch ein bisschen Ingenieurswesen dazu, wenn man gegen so manch riesige Weltraumkolosse mit ihren dicken Raketen und Monsterlasern bestehen will. Das Spiel spielt sich schnell und flüssig, nur die Lernkurve ist nach den ersten paar Levels etwas steil - oft muss man minutenlang umherkreisen, bis man den richtigen Schusswinkel hat. Weil die gegnerischen Schiffe in unterschiedlichen Größenordnungen zufällig generiert werden, ist manchmal auch Glück im Spiel. Doch lieber hin und wieder aus ein paar verblüffenden Situationen lernen und sich dann und wann ein bisschen ärgern anstatt tagelang ein Flughandbuch studieren zu müssen. Also los: Get your butt to Pluto!