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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

1. 4. 2015 - 13:36

Männerthemen und (Folter-)Instrumente

FM4 präsentiert die Österreichpremiere von "Drei Eier im Glas", dem neuen Film mit Dirk Stermann, Christoph Grissemann und Heinz Strunk.

Man muss es ganz offen sagen: Zu den schlimmsten Erfindungen der Menschheit gehört zweifellos das Saxophon. In seinem ureigenem Terrain, dem Jazz, mag man über die Verwendung dieses Instruments noch diskutieren. Aber quietschende, entfesselte oder auch nur Pseudocoolness vorgaukelnde Saxophone im Pop oder Rock verwandelten auch ansonsten okaye Songs in akustische Folter.

Eine besonders fatale Erfindung der Filmproduzenten im deutschen Sprachraum ist dagegen der sogenannte Männerfilm. Ein wirklich furchterregendes Subgenre der Komödie, in dem unterschiedlichste, wandelnde Männerklischees aufeinandertreffen, ebendiese Männerklischees erbärmlich bestätigen und am Schluss dürfen sich die Protagonisten sogar geläutert aus der Affäre ziehen und werden von tollen Frauen gerettet.

„Drei Eier im Glas“ vereint nun den doppelten Horror. Es ist ein deutschsprachiger Männerfilm, also ohne Will Ferrell oder Jason Segel, denen man stundenlang bei der Selbstfindung zuschauen könnte. Und Saxophone stehen im Mittelpunkt der Geschichte. Bevor sich jetzt helle Panik breitmacht: Es ist der große Hamburger Autor, Komödiant und Musiker Heinz Strunk, der in diesem Film in die Tröte bläst. Gesellschaft leisten ihm dabei die einschlägig bekannten Dirk Stermann und Christoph Grissemann, von Matthias Schweiger oder Til Schweighöfer also glücklicherweise keine Spur.

Dirk Sterman, Christoph Grissemann und Heinz Strunk

Filmladen

„Sax Up Your Life“ nennt Michael Kiesel alias Heinz Strunk seinen Anfänger-Saxophonkurs für Singles, den er im Hinterzimmer eines abgesandelten Wiener Musikalienladens veranstaltet. Zur kleinen Runde schrulliger Sonderlinge gesellen sich eines Tages zwei unterschiedlich schwierige Charaktere. Dirk Stermann spielt Barney Schweinheimer, ein Ex-Model aus den föhngewellten Achtzigern, mittlerweile auf dem sozialen Abstellgleis gelandet. Christoph Grissemann gibt den neurotischen Schnösel Dragan Kuhl, einen Mann mit reichem Erbe und dunkler Kindheit.

Mit Regisseur Antonin Svoboda drehten die drei Herren bereits die lakonische Tragikomödie „Immer nie am Meer“, vor mittlerweile auch schon wieder acht Jahren. Zielte dieser wunderbare Film, in dem die Figuren in einem Unfallauto im Wald gefangen sind, noch auf eine Mischung aus Realismus und Blödelei ab, schlägt „Drei Eier im Glas“ einen anderen Tonfall an. Svoboda inszeniert die Irrwege und Stolpereien des saxophonspielenden Trio Infernal als bizarres Märchen voller lustiger Frisuren und knalliger Klamotten.

Fast zu sehr ins angestrengt Skurille und grellbunt Überzeichnete wagt sich der Regisseur stellenweise vor, nicht selten verliert die Verlierer-Saga dabei an notwendiger Bodenhaftung. Dabei ist „Drei Eier im Glas“ am besten, wenn sich die Protagonisten einfach zu dritt ihren windschiefen Witzen hingeben, sich in Lachkrämpfen oder haltloser Verbitterung winden, wie einem neurotischen Improvisationstheater entsprungen.

Wie gesagt: Männerthemen und (Folter-)Instrumente, aber auch morbide, unerfüllte Sexualität, Duschszenen in Fitnessstudios und vor allem ganz bewusstes Chaos und zuckerlfarbene Anarchie: Man muss durch einiges durch in diesem Film. Belohnt wird man aber mit Momenten der echten Entäußerung und Selbstentblößung, in denen Stermann, Grissemann und Strunk ein tragikomischer Blick in die klaffenden Abgründe der Midlife-Krise gelingt. Ein weiterer Pluspunkt neben der Chemie der herrlich kaputten „Drei Eier im Glas“: Schauspielgrößen wie Ingrid Burkhard, Wolfgang Hübsch und Ursula Strauss, die in Nebenrollen outrieren dürfen.

Gewinnspiel beendet

FM4 präsentiert die Österreichpremiere von "Drei Eier im Glas", am 7. April um 20 Uhr im Wiener Gartenbaukino. Wir haben 20x2 Tickets verlost unter all denjenigen, die uns ein Foto von ihrem besten Ostereiversteck geschickt haben.

Der Einsendeschluss ist vorbei, die GewinnerInnen wurden per Email verständigt. Vielen Dank für´s Mitmachen!