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Claus Pirschner

Politik im weitesten Sinne, Queer/Gender/Diversity, Sport und Sonstiges.

26. 3. 2015 - 16:50

Er - sie - hen

Ab April wird das geschlechtsneutrale Pronomen "hen" neben 13.000 anderen neuen Begriffen ins schwedische Wörterbuch aufgenommen.

Während in Österreich vom volkstümlichen Sänger Andreas Gabalier und seinen Fans die Bundeshymne nach wie vor falsch gesungen wird, ist man in Schweden schon ein paar Schritte weiter: Da gibt es nun nicht nur "hon" - das bedeutet "sie" und "han" das bedeutet "er", sondern es gibt nun auch "hen", das ist ein geschlechtsneutrales Pronomen.

Männer und Frauenzeichen mit den Pronomen hon - han - hen

Gemeinfrei

"Wenn sich eine Person nicht einem Geschlecht zuordnen möchte, für die gibt es mit 'hen' eben eine geschlechtsneutrale Form. Aber man braucht es auch in Fällen, wo das Geschlecht unwichtig ist, wo es vielleicht unbekannt ist oder wo es anonym bleiben soll", erklärt Hannah Tischmann, Assistentin am Institut für Skandinavistik der Uni Wien.

Alle zehn Jahre aktualisiert die schwedische Akademie das "Svenska Akademiens ordlista" (SAOL), das Standardwörterbuch der schwedischen Sprache. In der Neuausgabe ist das geschlechtsneutrale "hen" eines von 13.000 neuen Wörtern, die aufgrund ihrer Häufigkeit und gesellschaftlichen Bedeutung aufgenommen wurden.

"Erste Vorstöße, das geschlechtsneutrale 'hen' darin aufzunehmen, gab es schon in den Sechziger Jahren", sagt Hannah Tischmann. "Es hat sich nicht wirklich durchgesetzt, es gab aber immer wieder Persönlichkeiten aus der Kultur, die darauf verwiesen haben." Anfang der Nuller Jahre wurde "hen" dann immer häufiger verwendet, vor allem auch in Transgender-Kreisen.

Buchcover "Kivi und der Monsterhund"

Olika Förlag

2009 wurde "hen" in die schwedische Enzyklopädie aufgenommen und 2012 kam der Durchbruch: Da erschien das Kinderbuch "Kivi und der Monsterhund" von Jesper Lundquist. Der Autor setzt darin durchgehend auf das geschlechtsneutrale Fürwort bei der Beschreibung der Figuren. Daraufhin folgte eine breite öffentliche Debatte darüber.
Die Bandbreichte reichte von Schwedens Gleichstellungsministerin, die von einer "neuen Methode, Gleichstellung zu erreichen", sprach, bis zu einer Oppositionspolitikerin, die befürchtete, dass Kindern die Geborgenheit geraubt werde.

Umgangssprachlich hört man das geschlechtsneutrale "hen" allerdings noch kaum, sagt Hannah Tischmann. "Es wird vor allem in den Medien verwendet, vor allem wenn der Autor deutlich hervortritt - zum Beispiel bei Kommentaren oder Rezensionen. Es gibt auch viele Blogger, die es verwenden. Wer es nie verwendet, sind die Schwedendemokraten, das ist die rechtspopulistische Partei in Schweden. Wenn man dieses Wort verwendet, dann richtet man sich gleichzeitig gegen diese Rechtspopulisten."

Mittlerweile ist die Debatte um das geschlechtsneutrale Pronomen auch nach Norwegen übergeschwappt. Jedenfalls bietet "hen" in der Sprache die Möglichkeit, sich einer eindeutigen Mann-Frau-Einteilung zu entziehen. Mal sehen, ob hierzulande in Zukunft wenigstens die Bundeshymne korrekt gesunden wird. Nämlich: Heimat großer Töchter und Söhne.