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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

26. 3. 2015 - 17:11

"Games are made by outcasts and weirdos"

Die neue Spiele-Website Offworld stellt persönliche und politische Games in die Auslage. Gründerin Leigh Alexander will Interesse außerhalb der Spielewelt wecken.

Geeks können genial und produktiv, aber auch komplett durchgeknallt sein. Das Fixieren auf eine Sache kann Virtuosität hervorbringen, aber auch ein Hort von Engstirnigkeit und Wahnsinn werden. Bestes Beispiel dafür sind die Hasstiraden und konzertierten öffentlichen verbalen Erniedrigungen, die einige männliche Computerspielfans im Vorjahr abgelassen haben, als sie bemerkt haben, dass auch Frauen Games mögen, sie selbst gestalten und darüber schreiben. Nun gibt es auch immer mehr Spiele, bei denen es nicht um große Waffen, tolle Grafik und stundenlange Unterhaltung geht, sondern um persönliche, politische Geschichten und Anliegen.

Leigh Alexander

Leigh Alexander

Vor gut drei Wochen ist Offworld gestartet, eine Website, die sich gezielt diesen Spielen widmet, die sich nicht dem Entertainment-Duktus unterordnen. Gründerin von Offworld ist Leigh Alexander, eine renommierte und bekannte Games-Journalistin, die seit Jahren mit unglaublichem Output in verschiedensten Publikationen für Vielseitigkeit und gegen Scheuklappen bei digitalen Spielen anschreibt. Sie sieht Offworld nicht als Reaktion auf das "Gamergate"-Debakel, sondern umgekehrt: Die wild um sich schlagenden, verunsicherten Bewahrer des "echten Computerspielens" seien ja nur deswegen in Rage, weil die Bewegung der Vielseitigkeit, Inklusion und Diversität nicht mehr aufzuhalten ist.

Dazu passend:

Extraleben: "Mein Spiel und ich"

Conny Lee, Rainer Sigl und Robert Glashüttner sprechen in FM4 Extraleben über persönliche Spiele und ihre große Zukunft.

Am Donnerstag, den 26. März, von 21 bis 22 Uhr und danach sieben Tage on Demand.

Die Idee, Besitzansprüche auf ein ganzes Medium einzufordern, ist abstrus. Sich davon zu Schritt für Schritt zu lösen, ist Teil des Erwachsenwerdens von digitaler Spielkultur. Doch hier ist der Prozess möglicherweise schmerzhafter als anderswo. Der Grund dafür liegt unter anderem darin begründet, dass Computerspielfans sich oft aufgrund des immens hohen Zeitaufwandes, den Spiele einfordern, selten anderen Kulturbereichen und gesellschaftlichen Diskursen widmen.

Mühsamer Weg zur Vielfalt

Computerspiele sind als kommerzielles Medium geboren worden – eine Bewegung an künstlerischen, persönlichen, kritischen Games zu etablieren, die sich nicht an Verkaufszahlen messen, war ein langer Prozess. Doch es gab sie bereits früher in einer anderen Form, nämlich in den 80er und frühen 90er Jahren, bevor die Industrie explodiert ist. Experimente und gegen den Strich gebürstete Spielideen sind damals oft ohne viel Zweifel der Verlage am Markt erschienen, weil sich eben vorrangig kreative Geeks mit hoher Imaginationskraft Spielen gewidmet haben - outcasts and weirdos, wie Leigh Alexander sie im FM4-Interview nennt. Aufgrund der technischen Limitierungen sind oft Einzelpersonen oder eine kleine Gruppe an einem Game gesessen, und so war das Ergebnis oft persönlicher, als wenn ein 100-köpfiges Team jahrelang an einem First-Person-Shooter werkt.

Offworld-Website

offworld.com

Nun kommt diese Bewegung zurück. Die technischen Möglichkeiten sind so zugänglich geworden, dass nun jeder und jede ein eigenes Spiel machen kann – auch Menschen ohne gezielte Spielentwicklerausbildung. Offworld sammelt diese kleinen, meist politischen, oft feministischen Games und bringt dazu Texte, Einschätzungen, Kontexte. Die Redaktion besteht ausschließlich aus Frauen – weil Offworld aber noch am Anfang steht, schreiben derzeit hauptsächlich die Autorinnen Laura Hudson und Leigh Alexander selbst.

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Offworld schreibt über Punk Games, Vermischungen von Comic und Computerspiel oder warum es im Grunde keine nicht-politischen Spiele geben kann. Hauptsächlich gibt es aber jede Menge teils kurze, manchmal längere Texte zu ungewöhnlichen Titeln, über die man sonst nur wenig oder gar nichts liest. Offworld ist eine Unterseite der klugen Netzkultur-Website Boing Boing. Wenn das Interesse für diese persönlichen Games weiterhin wächst, wird das Experiment Offworld wohl hoffentlich schon in ein paar Monaten von einer vollbesetzten Redaktion bespielt werden.