Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "FM4 Extraleben: Mein Spiel und ich"

Rainer Sigl

Spiel, Kultur, Pop im Assoziationsblaster.

26. 3. 2015 - 06:03

FM4 Extraleben: Mein Spiel und ich

Selber Spiele zu machen ist einfacher als je zuvor. Das FM4-Games-Kränzchen über "Autorenspiele", persönliche Erfahrungen umgesetzt als Game und Tools für alle.

Persönlicher Ausdruck kann sich in vielen Dingen niederschlagen: In Gesprächen, in Texten, als Song, als Film oder auch als Theaterstück. Computerspiele aber galten lange Zeit als ungeeignet, um persönliche Anliegen, Erlebnisse und Konflikte zu thematisieren - immerhin lassen sich solche Erfahrungen im Gegensatz zu Monster- oder Gangsterjagd schwer vermarkten.

Extraleben: Mein Spiel und ich

Conny Lee, Robert Glashüttner und Rainer Sigl sprechen in FM4 Extraleben über persönliche Spiele und ihre große Zukunft.

Am Donnerstag, den 26. März, von 21 bis 22 Uhr und danach sieben Tage on Demand.

Dass Marktkonformität nicht alles ist, beweist aber ein Games-Underground, der nicht nur tatsächlich sehr persönlich, sondern auch quicklebendig und global ist: In zahllosen Game-Jams versuchen sich abertausende Spieler weltweit daran, ihr ganz eigenes Spiel zu basteln. Der seit 2009 abgehaltene Global Game Jam zum Beispiel brachte in seiner heurigen Auflage unglaubliche 28.000 Teilnehmer an über 500 Locations in 78 Ländern zusammen, die insgesamt 5.438 Spiele einreichten. Auch das dreimal jährlich stattfindende Ludum Dare bringt regelmäßig über 2.000 neue Spiele von begeisterten Hobby-Entwicklern hervor - einige dieser kostenlosen Prototypen werden später übrigens erfolgreich weiterentwickelt und schaffen es so doch noch auf den Markt.

Do it yourself

Seven Stories Press

Das Entwickeln eines Computerspiels ist mit vielen technischen Hürden verbunden, doch diese sind in den letzten Jahren kleiner geworden. Kostenlose Editoren wie GameMaker, Scratch, Twine oder Unity erlauben auch Anfängern, sich an der Spieleproduktion zu versuchen. Und für Fortgeschrittene gibt es bessereTools als je zuvor, fast zum Nulltarif: Die professionellen Umgebungen "Unreal Engine", "CryEngine" sowie Valves "Source 2" werden seit einiger Zeit ohne die zuvor üblichen Lizenzgebühren für kleine und kleinste Entwickler angeboten.

Die US-amerikanische Spielemacherin und Autorin Anna Anthropy hat diesem Trend bereits 2012 ein Buch gewidmet: In "Rise of the Videogame Zinesters: How Freaks, Normals, Amateurs, Artists, Dreamers, Dropouts, Queers, Housewives, and People Like You Are Taking Back an Art Form" zieht sie nicht nur den Vergleich zur jahrzehntelang blühenden "Fanzine"-Szene, sondern führt ihre Leser auch gleich in einige der einfachsten Entwicklungstools ein.

Le jeu, c'est moi

Analog zum "Autorenfilm" - eine Gattungsbezeichnung für Filme, in denen der Regisseur sämtliche künstlerischen Aspekte des Films wie Drehbuch oder Schnitt wesentlich mitbestimmt - ist in den letzten Jahren auch der Begriff "Autorenspiel" entstanden.

Das 2012 erschienenene Spiel "Papo & Yo" des kanadischen Entwicklers Vander Caballero erzählt zum Beispiel metaphorisch vom Leben mit einem alkoholkranken Vater und ist autobiografisch geprägt. Andere Spiele wie "Dys4ia" der obengenannten Anna Anthropy oder der "Coming Out Simulator" geben Einblicke in persönliche Lebensrealitäten.

Gegen die Tyrannei des Spaßes

Diese Spiele können unterhalten, aber "Spaß" ist nicht unbedingt die Hauptmotivation, sich mit ihnen zu beschäftigen - was, nebenbei bemerkt, auch in anderen Medien ganz selbstverständlich ist. Das Experiment "Autisim" zum Beispiel simuliert die Wahrnehmung eines autistischen Kindes. "Depression Quest" zeigt uns das Leben mit Depression und das 2015 erscheinende "That Dragon, Cancer" erzählt sehr intim von der Krebserkrankung des Sohnes des Entwicklers.

Persönliche Geschichten sind die Essenz so gut wie aller Medienformen - seien das Bücher, Filme oder Musikstücke. Computerspiele haben gegenüber diesen Formen den großen Vorteil, dass sie interaktiv sind und die Geschichten deshalb von jeder und jedem aktiv durchlebt werden können - das Spiel ermöglicht somit in gewissem Ausmaß, manche Erfahrungen selbst nachzuvollziehen. Beste Voraussetzungen dafür, zukünftig mit persönlichen Spielen noch viele interessante und berührende Erfahrungen sammeln zu können.

Extraleben: Mein Spiel und ich

Mehr Games auf FM4

Conny Lee, Robert Glashüttner und Rainer Sigl sprechen in der aktuellen Ausgabe des Computerspielkränzchens FM4 Extraleben über persönliche Spiele und ihre große Zukunft. Am Donnerstag, den 26. März, von 21 bis 22 Uhr und danach sieben Tage online.